Organisation des Rechnungswesens
Sowohl im Privatrecht (bspw. Gesellschaftsrecht im OR) als auch im öffentlichen Recht (bspw. Steuerrecht) existieren gesetzliche Normen zur Ausgestaltung des Rechnungswesens (RW). Dennoch richtet sich die Ausgestaltung des RW in erster Linie nach den Bedürfnissen der einzelnen Unternehmen und deren Leitung.

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Frage
Was muss bei der Ausgestaltung des RW beachtet werden?
Antwort
Art und Umfang müssen so gestaltet werden, dass die zuständigen Organe (bspw. Geschäftsleitung) ihre Finanzverantwortung wahrnehmen können. Dabei müssen im Vorfeld und beim Aufbau verschiedene Kriterien beachtet werden, die eine Ordnungsmässigkeit des RW sowie eine quantitativ und qualitativ angemessene Organisation des RW sicherstellen.
Zweck des RW
Das RW dient der zahlenmässigen Erfassung und Verarbeitung der erheblichen internen und externen Vorgänge und der Darstellung der jeweiligen wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Unternehmens (Rechnungslegung). Es umfasst je nach Grösse und Komplexität des Unternehmens verschiedene Bereiche:
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FIBU
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Rechnungslegung
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Betriebsabrechnung und Kalkulation
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Planungsrechnungen (Budgets)
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Statistiken (Betriebsvergleiche, Kennziffern, Trends etc.)
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Investitionsrechnungen, Wertanalysen etc.
Das RW ist somit ein Dokumentations-und Informationssystem, in welchem die Vermögensänderungen, die wirtschaftliche Lage und der Erfolg erfasst und zu rasch verfügbaren, wahren und möglichst klaren internen und externen Informationen verdichtet werden. Es muss in jeder Hinsicht verlässlich sein, da innerhalb und ausserhalb des Unternehmens vielfältige Interessen bestehen.
Die Organisation
Jedes Unternehmen muss sich zwangsläufig mit der Frage auseinandersetzen, wie das RW organisiert und ausgestaltet werden muss. Von der Buchführungs-, Rechnungslegungs- oder Aufzeichnungspflicht ist nämlich niemand ausgenommen. Buchführungs- und rechnungslegungspflichtig sind Einzelunternehmen und Personengesellschaften (mit Umsatzerlös ≥ TCHF 500) sowie juristische Personen (Art. 957 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 OR). Einzelunternehmen und Personengesellschaften, deren Umsatz TCHF 500 nicht erreicht, müssen lediglich über Einnahmen und Ausgaben sowie über die Vermögenslage Buch führen. Gleiches gilt für Vereine und Stiftungen, die nicht im Handelsregister eintragungspflichtig sind (Art. 957 Abs. 2 Ziff. 1 und 2).
Die bekannten Grundsätze der Rechnungslegung (Verrechnungsverbot, Unternehmensfortführung, Vollständigkeit, Niederstwertprinzip, Stetigkeit) gelten für alle Rechnungslegungspflichtigen, unabhängig von ihrer Rechtsform. Abhängig von der Unternehmensgrösse und Rechtsform können aber unterschiedliche Problemstellungen bei der Organisation des RW anfallen.
Kriterien für den Aufbau
Die Rechtsform und die zu erwartete Umsatzgrösse geben eine erste Antwort, wie das RW gestaltet werden muss. Zusätzlich müssen noch verschiedene Kriterien und Fragestellungen berücksichtigt werden, in denen im Nachgang (Auflistung nicht vollständig) kurz eingegangen wird.
Auswahl der Software
Heute gibt es eine Vielzahl von ERP Systemen und/oder Finanzapplikationen und es ist nicht einfach, sich einen Überblick zu verschaffen. Doch welches ist das richtige Programm oder System? Hier muss eine Gesamtbetrachtung gemacht und darf nicht nur aus Sicht des RW beurteilt werden. Wichtig ist, dass sämtliche Aspekte des Betriebsprozesses resp. der Wertschöpfung im System möglichst effizient und wirtschaftlich berücksichtigt und die Daten aus den einzelnen Bereichen (bspw. Auftragsbearbeitung) im betrieblichen RW abgebildet werden. Das Stichwort «Schnittstelle» ist zentral bei der Anwendung von verschiedenen Applikationen.
Finanzdaten
Umfang der gewünschten Finanzdaten (Fibu, Deb, Kre, Lohn, Anlagen, Kostenrechnung, Budget, Kundendaten etc.)
Datenaustausch
Die Daten können heute auf verschiedene Weise zwischen den einzelnen Stellen (bspw. Unternehmen an Treuhänder) ausgetauscht werden. Der Belegordner für den Treuhänder ist ein Auslaufmodell. So bietet bspw. Abacus verschiedene Zugriffsrechte, die es entweder dem Treuhänder oder dem Unternehmen erlauben, direkt auf die Buchhaltung zu gelangen.
Fachliche Ausbildung der Mitarbeiter im RW
Das Führen einer Buchhaltung und das Erstellen einer Jahresrechnung erfordert – wie in anderen Berufen auch – entsprechende Fachkenntnisse. Mit steigender Komplexität des RW müssen Stelleninhaber höheren fachlichen Anforderungen genügen.
Kontoplan
Das Einrichten des Kontoplans sollte auf Basis des Standard-KMU-Kontoplans erfolgen, sofern keine anderen Restriktionen (bspw. in einem Konzern) gegeben sind. Der Kontoplan muss den betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten Rechnung tragen, da er die Grundlage für eine möglichst sichere Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens bildet.
Eröffnungsbilanz
Es muss sichergestellt werden, dass die Eröffnungssaldi der Aktiven und Passiven den Schlussbeständen des letzten Abschlusses entsprechen. Oft stellt sich dieses Problem beim Insourcing (Buchhaltung erfolgt nun Inhouse – vorher durch einen Dritten) resp. bei der Implementierung eines Updates einer Finanzapplikation dar. Die Eröffnungswerte müssen entsprechend dokumentiert werden.
Digitalisierung
Das Thema Digitalisierung hat unmittelbare Auswirkungen auf das RW. Der Automatisierungsgrad im RW wird noch stärker werden. Es gibt schon heute verschiedene Tools, die für das RW genutzt werden können und wesentliche Zeit- und Effizienzgewinne ermöglichen. Zu erwähnen sind bspw. die Abacus-Tools AbaScan oder AbaNinja (mattig.swiss/abacus). Die Entwicklung muss laufend beachtet und die neuen Tools sollten genutzt werden.
Kosten
Mit einem qualitativ und quantitativ optimalen Ausbaugrad des RW kann das Unternehmen viel Geld sparen resp. Kosten senken und Ärger vermeiden. Auf den ersten Blick ist der Aufbau des RW immer mit relativ hohen Kosten verbunden, die aber über die nachfolgenden Jahre mehr als amortisiert werden. Eine mangelhafte Organisation des RW verursacht in der Regel gesamthaft höhere Kosten, weil dann falsche, fehlerhafte oder verspätete Finanzzahlen vorliegen oder bspw. basierend auf unwahren Daten falsche Investitionsentscheide getätigt werden.
Stammdaten / Setzen von Parametern
Dem Aufsetzen der Stammdaten und der entsprechenden Parametrisierung im RW muss höchste Aufmerksamkeit geschenkt werden. Das Aufsetzen der Stammdaten und das Setzen von Parametern ist komplex und bedingt eine vertiefte Auseinandersetzung mit den verschiedenen Programmfunktionen sowie Verständnis für die einzelnen Geschäftsprozesse. Im Vorfeld müssen die notwendigen resp. gewünschten Finanzinformationen (bspw. Auswertungen, Kennzahlen, Vergleiche etc.) definiert werden. Eine fehlerhafte Einstellung von Parametern kann zu falschen Aussagen führen und die Software wird ineffizient genutzt.
Stellen- und Aufgabenbeschreibungen
Wenn detaillierte Stellen- und Aufgabenbeschreibungen vorhanden sind, kann das Risiko bei einem Personalwechsel im RW reduziert werden.
Ausarbeiten von Checklisten
Checklisten (bspw. für den Jahresabschluss) sind probate Hilfsmittel. Mit ihnen lässt sich kontrollieren, ob die Unterlagen und Dokumentation vollständig vorliegen und die entsprechenden Kontroll- und Abschlussarbeiten durchgeführt werden.
Dokumentation der relevanten Prozesse
Keine Buchung ohne Beleg. Somit ist sicherzustellen, dass sämtliche Buchungen entsprechend dokumentiert sind und der Nachvollzug der Prozesse in der Buchführung von Dritten (bspw. Revisionsstelle) jederzeit möglich ist. Die einzelnen Prozesse im RW sollten schriftlich festgehalten werden.
MwSt
Nicht jeder Geschäftsfall ist hinsichtlich der MwSt-Problematik einfach zu beantworten. Bei komplexen Transaktionen (bspw. Immobiliengeschäften) oder Sachverhalten (bspw. steuerbefreit / ausgenommener Umsatz oder Import / Export) sollten im Vorfeld Fachexperten kontaktiert werden, weil eine nachträgliche Korrektur oft nicht mehr möglich ist und/oder hohe Kosten verursachen kann.
Änderungen
Auch wenn die Organisation des RW einmal steht, ist dieser Prozess nicht abgeschlossen. Periodisch müssen der Ausbaugrad, die Organisation und die Prozesse des RW hinterfragt werden, da sich im Laufe der Zeit die Rahmenbedingungen ändern können. Vor allem bei den folgenden Sachverhalten drängt sich eine Überprüfung auf:
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Unternehmenswachstum / Rückgang des Geschäftsvolumens
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Personalmutationen
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Neue Software (ERP / Finanzsoftware)
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Technologischer Wandel
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Wechsel externer Berater
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Steigende Nachfrage nach relevanten Finanzinformationen
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Neuorganisation
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Besitzerwechsel
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Gesetzesänderungen
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Fachliche Ausbildung der Mitarbeiter
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In- oder Outsourcing des RW
Fazit
Art und Umfang des RW müssen so gestaltet sein, dass die zuständigen Organe ihre Finanzverantwortung wahrnehmen können. Dabei muss das RW nicht nur vergangenheitsorientiert, sondern auch zukunftsgerichtet aufgebaut werden. Es muss dem Informationsbedarf des Unternehmens genügen und Entscheidungsgrundlagen für die finanzielle Führung sach- und zeitgerecht zur Verfügung stellen. Denn der richtige Ausbaugrad des RW kann sehr viel zu einer erfolgreichen Unternehmenstätigkeit beitragen.