Quellensteuerrevision 2021
Per 1. Januar 2021 tritt das revidierte Quellensteuergesetz mit Verordnung und Kreisschreiben Nr. 45 (KS 45) in Kraft. Damit erfüllt die Schweiz den Gleichbehandlungsgrundsatz des Personenfreizügigkeitsabkommens mit der Europäischen Union und der Europäischen Freihandelsassoziation. Das Kreisschreiben soll der technischen Entwicklung Rechnung tragen und die Rechtssicherheit für Arbeitnehmer*innen und Schuldner*innen der steuerbaren Leistung erhöhen.
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Frage
Was sind die wichtigsten Neuerungen der Quellenbesteuerung ab 2021?
Antwort
Die Umsetzung des revidierten Quellensteuergesetzes wird im KS 45 vom Juni 2019 im Detail erläutert. Es bildet die Grundlage für eine schweizweit einheitliche Berechnung der Quellensteuer. Weiterhin bleiben zwei Berechnungsmodelle bestehen:
• das Monatsmodell (der Tarif wird monatlich ermittelt) und
• das Jahresmodell (der Tarif richtet sich nach dem Jahreseinkommen).
Im Anhang 3 zum Kreisschreiben ist definiert, welcher Kanton welches Abrechnungsmodell anwendet.
Das Jahresmodell wird weiterhin nur in den Kantonen FR, GE, TI, VD und VS angewendet. Das KS 45 enthält Beispiele von Lohnabrechnungen und konkretisiert die Bestimmungen. Es werden Begriffe erklärt und Sachverhalte geregelt. Änderungen wie Tarifcodewechsel oder Wohnsitzwechsel erfolgen neu einheitlich in allen Kantonen immer auf den Folgemonat.
Quellensteuerberechnung
Arbeitgeber*innen müssen die Quellensteuern ab 1. Januar 2021 direkt mit dem anspruchsberechtigten Kanton nach dessen Modell abrechnen.
Die Quellensteuer wird in den wesentlichen Grundsätzen gleich wie bis anhin berechnet. In Einzelfällen kann eine Berechnung des satzbestimmenden Einkommens notwendig sein, beispielsweise bei mehreren Arbeitsverhältnissen oder bei untermonatiger Aufnahme bzw. Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Ab 2021 wird der Tarifcode D für Nebenerwerb sowie der Tarifcode O für Grenzgänger aus Deutschland im Nebenerwerb gestrichen. Für Teilzeit-Mitarbeitende steigt die Komplexität für die Berechnung des satzbestimmenden Einkommens.
Haben Arbeitnehmer*innen gleichzeitig mehrere Arbeitsverhältnisse bei verschiedenen Arbeitgeber*innen, erfolgt eine Umrechnung auf den effektiven Gesamtbeschäftigungsgrad aller Erwerbstätigkeiten der Arbeitnehmer*innen. Werden die Informationen vom Mitarbeitenden nicht bekannt gegeben, wird der Beschäftigungsgrad zur Satzbestimmung auf 100% aufgerechnet.
Beispiel aus dem KS 45 6.4 für zwei Teilzeitanstellungen
Eine Hochrechnung des satzbestimmenden Einkommens erfolgt nur auf regelmässige (periodische) Lohnbestandteile. Daher müssen periodische Leistungen von den aperiodischen Lohnleistungen künftig unterschieden werden. Eine (nicht abschliessende) Liste von aperiodischen Leistungen ist im Kreisschreiben mit Verweis auf die «Wegleitung zum Ausfüllen des Lohnausweises» aufgeführt.
Korrekturmöglichkeiten für Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen im Überblick:
Übersicht über die nachträgliche ordentliche Veranlagung (NOV)
Bezeichnung
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Gesetzliche Grundlagen
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Voraussetzungen
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Antrag
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Folgen
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Zuständigkeit
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Personen mit Ansässigkeit Schweiz
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Obligatorische NOV
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Art. 89 Abs. 1 Bst. a DBG
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Bruttoeinkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit von mind. CHF 120'000 (keine Zusammenrechnung bei Ehegatten)
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Ohne Antrag
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NOV bis zum Ende der Quellensteuerpflicht (für Ehegatten auch nach Trennung oder Scheidung)
Gemeinsame NOV bei Ehegatten
Quellensteuern werden zinslos angerechnet
Antrag erstreckt sich auch auf Ehegatten
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Kanton, in welchem die Person am Ende der Steuerperiode oder Steuerpflicht ansässig ist (Stichtagsprinzip)
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Art. 89 Abs. 1 Bst. b DBG
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Übrige, nicht quellensteuerpflichtige Einkünfte (bzw. steuerpflichtiges Vermögen gemäss kantonalem Recht)
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Steuererklärung verlangen bis 31.3. des Folgejahres
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NOV auf Antrag
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Art. 89a DBG
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keine
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Bis 31.3. des Folgejahres oder bei Abmeldung aus der Schweiz
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Personen mit Ansässigkeit Ausland
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NOV auf Antrag
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Art. 99a DBG
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90% der Einkünfte in der Schweiz steuerbar (Quasi-Ansässigkeit)
Jährliche Ermittlung notwendig
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Antrag bis 31.3. des Folgejahres (muss jährlich eingereicht werden)
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Quellensteuern werden zinslos angerechnet
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Kanton, in welchem die Person am Ende der Steuerperiode oder Steuerpflicht erwerbstätig ist bzw. Wochenaufenthalt hat
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NOV von Amtes wegen
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Art. 99b DBG
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Stossende Verhältnisse
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Ohne Antrag (von Amtes wegen)
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Quellensteuern werden zinslos angerechnet
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Zwei Arbeitsverhältnisse in der Schweiz mit Gesamtpensum 90%
Arbeitgeber*in
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Pensum
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Bruttolohn
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Satzbestimmend (jeweiliges Pensum bekannt)
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Satzbestimmend (jeweiliges Pensum unbekannt)
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A AG
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50%
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4’500
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8’100
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9’000
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B AG
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40%
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4’400
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9’900
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11’000
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Ein satzbestimmendes Monatseinkommen muss ermittelt werden
• wenn der Lohn nicht in Form einer monatlichen Zahlung ausgerichtet wird (z.B. wöchentliche Lohnzahlung, unregelmässige Zahlungen gemäss eingereichten Stundenabrechnungen) und
• bei Erwerbstätigkeiten im Stunden- oder Tageslohn. Bei Anstellungen im Stundenlohn muss auf 180 Stunden oder bei Anstellungen im Tageslohn auf 21,667 Tage umgerechnet werden.
Abrechnungskorrekturen
Unterlaufen Schuldner*innen der steuerbaren Leistung (SSL – in der Regel Arbeitgeber*innen) bei der Festlegung des – der Quellensteuer unterliegenden – Bruttolohns oder bei der Anwendung des Tarifcodes Fehler, können sie die erforderlichen Korrekturen selber vornehmen, sofern sie diese bis spätestens 31. März des folgenden Steuerjahres den Steuerbehörden übermitteln können.
Pflichten von Schuldner*innen der steuerbaren Leistung
Arbeitgeber*innen müssen die persönliche Situation der steuerpflichtigen Person abklären, die erhaltenen Informationen überprüfen und festlegen, ob für diese Person eine Quellenbesteuerung durchgeführt werden muss. Sie haften in vollem Umfang für die Entrichtung der Quellensteuer. Der SSL erhält weiterhin eine Bezugsprovision.
Rechte und Pflichten von quellensteuerpflichtigen Arbeitnehmer*innen
Quellensteuerpflichtige Arbeitnehmer*innen haben Anspruch darauf, dass die ihnen abgezogenen Quellensteuern auf den Lohnabrechnungen und dem Lohnausweis ausgewiesen werden. Sind Arbeitnehmer*innen mit dem Quellensteuerabzug gemäss Bescheinigung nicht einverstanden oder haben sie keine solche Bescheinigung erhalten, können sie bis 31. März des folgenden Steuerjahres von der zuständigen kantonalen Steuerbehörde eine Verfügung über Bestand und Umfang der Quellensteuerpflicht verlangen. Quellensteuerpflichtige Arbeitnehmer*innen sind für die Mitteilung aller für die Erhebung der Quellensteuer relevanten Informationen gegenüber den Schuldner*innen der steuerbaren Leistung verantwortlich.
Nachträgliche ordentliche Veranlagung
Bei einer nachträglichen ordentlichen Veranlagung (NOV) müssen die ordentlichen Verfahrensbestimmungen sowie die Steuerberechnung der anspruchsberechtigten Gemeinde angewendet werden. Die geschuldete Einkommenssteuer und die Vermögenssteuer werden aufgrund der ausgefüllten Steuererklärung ermittelt.
Eine obligatorische nachträgliche ordentliche Veranlagung für eine steuerpflichtige Person mit Ansässigkeit in der Schweiz wird ohne Antrag durchgeführt, wenn das in der Schweiz aus unselbständiger Erwerbstätigkeit erzielte Bruttoeinkommen grösser als CHF 120’000 ist.
Erzielt eine quellensteuerpflichtige Person weitere, nicht der Quellensteuer unterliegende Einkünfte oder hat sie steuerbares Vermögen, muss bis 31. März des Folgejahres schriftlich ein Antrag auf nachträgliche ordentliche Veranlagung gestellt werden. Eine NOV auf Antrag ist auch ohne Voraussetzungen möglich. Ein einmal form- und fristgerecht gestellter Antrag kann nicht zurückgezogen werden. Die nachträgliche ordentliche Veranlagung wird in allen Fällen von Amtes wegen bis zum Ende der Quellensteuerpflicht weitergeführt. Die bisher geltende ergänzende ordentliche Veranlagung wird damit abgeschafft.
Für Personen mit Wohnsitz im Ausland sind Abzugsmöglichkeiten nur noch zugelassen, wenn es sich um Quasi-Ansässige (90% der Einkünfte sind in der Schweiz steuerbar) handelt. Der Antrag muss bis 31. März des Folgejahres eingereicht und jährlich wiederholt werden.
Umsetzung in Lohnprogrammen
Swissdec hat gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Quellensteuern der Schweizerischen Steuerkonferenz die Bestimmungen von ELM 5.0 (Einheitliches Lohnmeldeverfahren) veröffentlicht. Diese enthält neue Bestimmungen zu den Quellensteuern und weitere Anpassungen. ELM 4.0 als Vorgängerversion von ELM 5.0 ermöglichte die einheitliche und standardisierte Ablieferung der Quellensteuerdeklarationen sowie Anmeldungen und Mutationen von Quellensteuerpflichtigen an die zuständigen kantonalen Behörden. In ELM 5.0 hingegen wird auch die Berechnung der Quellensteuern definiert. Die beiden Versionen werden während einer Übergangsfrist parallel laufen.
Die Lohnstandards 5.0 weichen zum Teil von den Weisungen vom KS 45 ab. Unternehmen, die nicht mit einer ELM-zertifizierten Lohnsoftware nach Standard 5.0 arbeiten, müssen die Berechnungen gemäss KS 45 vornehmen.
Die Zertifizierung ELM 5.0 aller Softwaresysteme durch Swissdec wird einige Zeit dauern. Wenden Sie sich frühzeitig an Ihren Lohnsoftware-Hersteller, damit der Zeitplan vereinbart werden kann.
Was müssen Arbeitgeber*innen unternehmen?
Arbeitgeber*innen müssen eine Stammdatenerweiterung bei den quellensteuerpflichtigen Arbeitnehmer*innen vornehmen. Neben Aufnahme oder Aufgabe einer zusätzlichen Erwerbstätigkeit müssen auch Ersatzeinkünfte (wie z.B. Renten, Taggelder) angegeben werden. Zudem braucht es weitere Informationen zum Familienstand (bei Konkubinat und Alleinerziehenden sind weitere Abklärungen nötig), Informationen zu Ehepartner*innen (Erwerbstätigkeit, Arbeitsort), den Kindern und der Konfession.