Korrekte Verbuchung und Bilanzierung von Gutscheinen
Teil 2: Rechtliche, buchhalterische und mehrwertsteuerlichen Behandlung von Gutscheinen
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Gerade in der Vorweihnachtszeit werden viele Gutscheine ausgestellt, sei es in der Hotellerie, der Gastronomie, bei Bergbahnen oder in den Bereichen Freizeit, Sport und Wellness. Unternehmen, die regelmässig Gutscheine anbieten, sollten über die korrekte buchhalterische und mehrwertsteuerliche Behandlung, aber auch über die rechtliche Gültigkeit bzw. den Verfall von Gutscheinen Bescheid wissen.
In unserem zweiteiligen Blog nehmen wir uns genau diesen Themen an. Unsere Experten informieren über die korrekte Handhabung und den Umgang mit Gutscheinen. Dabei wird insbesondere auch auf neue und wegweisende Gerichtsentscheide eingegangen. Teil 1 ist am 17. November 2021 erschienen.
Grundsätzlich wird zwischen Wertgutscheinen und Leistungsgutscheinen unterschieden. Leistungsgutscheine beziehen sich auf eine konkrete Leistung (Ballonfahrt, Skiticket etc.). Wertgutscheine hingegen sind Gutscheine (aufladbare Karten, Schlüssel etc.) über einen bestimmten Nennwert, die gegen eine beliebige Leistung (Lieferung oder Dienstleistung) eingetauscht werden können.
Da die Unterscheidung in Wert- oder Leistungsgutscheine für die mehrwertsteuerliche Behandlung entscheidend ist, muss auch die Verbuchung entsprechend unterschiedlich erfolgen. Schliesslich ist auch der korrekte Ausweis von Gutscheinen im Jahresabschluss von dieser Qualifikation abhängig.
Buchhalterische Erfassung
Bei einem Wertgutschein findet der mehrwertsteuerlich relevante Leistungsaustausch erst beim Verwenden bzw. Einlösen des Gutscheins statt. Daher ist die Mehrwertsteuer erst zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs bzw. Einlösens des Gutscheins abzurechnen.
Verbuchungsbeispiel Wertgutschein:
1. Das steuerpflichtige Restaurant DA PINO verkauft im Dezember 2021 einen Gutschein über CHF 200.00:
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Kasse / Gutschein (Passivkonto) |
CHF 200.00 |
2. Im Februar 2022 wird der Gutschein eingelöst:
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Gutschein (Passivkonto) / Ertrag Gastro |
CHF 185.70 |
Gutschein (Passivkonto) / Kreditor MWST |
CHF 14.30 |
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3. Alternativ zu 2.: Der Gutschein wird nicht eingelöst und verfällt im 2026:
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Gutschein (Passivkonto) / ausserordentlicher Ertrag |
CHF 200.00 |
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Verbuchungsbeispiel Leistungsgutschein:
1. Das steuerpflichtige Restaurant DA PINO verkauft im Dezember 2021 einen Gutschein für ein Candle Light Dinner für zwei Personen (Wert CHF 200.00):
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Kasse / Anzahlungen (Passivkonto) |
CHF 185.70 |
Kasse / Kreditor MWST |
CHF 14.30 |
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2. Im Februar 2022 wird der Gutschein eingelöst: |
Anzahlungen (Passivkonto) / Ertrag Gastro |
CHF 185.70 |
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3. Alternativ zu 2.: Der Gutschein wird nicht eingelöst und verfällt im 2026: |
Anzahlungen (Passivkonto) / ausserordentlicher Ertrag |
CHF 185.70 |
Ausweis in der Jahresrechnung
Aus der Verbuchung wird ersichtlich, dass noch nicht eingelöste bzw. nicht verfallene Wertgutscheine in der Bilanz unter den Gutscheinen auszuweisen sind. Bei den Leistungsgutscheinen erfolgt der Ausweis auf der Passivseite unter den Anzahlungen.
Für beide Arten von Gutscheinen gilt in jedem Fall, dass die Ertragsverbuchung erst bei Einlösung bzw. beim Verfall erfolgen darf. Ein Ertrag darf immer erst dann als realisiert betrachtet und erfasst werden, wenn das zugrundeliegende Geschäft (Warenlieferung oder Leistungserbringung) so weit abgewickelt ist, dass das erbringende Unternehmen einen Entschädigungsanspruch rechtlich durchsetzen kann. Wann ein Gutschein eingelöst wird ist klar, beim Zeitpunkt des Verfalls hingegen scheiden sich die Geister.
Verfall von Gutscheinen
Nach Gesetz ist ein Gutschein je nach Art der Leistung fünf oder zehn Jahre gültig. Dabei sind Gutscheine für kleinere Leistungen bzw. Waren wie Bücher, Lebensmittel, Kleider- oder Restaurantgutscheine fünf Jahren gültig. Gutscheine für grössere Dienstleistungen wie etwa ein Wochenende in einem Hotel oder eine Reise verjähren hingegen erst nach zehn Jahren.
In der Praxis sieht es meistens anders aus und auf Gutscheinen ist eine Gültigkeitsdauer von ein oder zwei Jahren aufgedruckt.
In der Rechtlehre, bei Juristinnen und Juristen ist wiederum umstritten, ob eine vom Gesetz abweichende Gültigkeitsdauer bei Gutscheinen zulässig ist.
Im Jahr 2020 gab es einen wegweisenden Gerichtsentscheid in Solothurn, bei welchem ein Gutschein für eine Ballonfahrt mit zwei Jahren Gültigkeit ausgestellt worden war. Das Gericht entschied, dass der Gutschein trotzdem über diese Frist gültig bleibt und dass die im Gesetz vorgesehenen Fristen von fünf und zehn Jahren grundsätzlich nicht zuungunsten des Kunden verkürzt werden dürfen. Für die Ballonfahrt nahm das Gericht eine Verjährungsfrist von zehn Jahren an.
Da es sich um ein erstinstanzliches Urteil handelt ist die Diskussion jedoch noch nicht abgeschlossen und eine gewisse Rechtsunsicherheit bleibt bestehen.
Fazit
Die korrekte Qualifikation und die darauf basierende, handelsrechtskonforme Verbuchung von Gutscheinen bilden die Grundlage für eine richtige und vollständige Jahresrechnung sowie eine gesetzeskonforme Mehrwertsteuerdeklaration und -abrechnung.
Aufgrund des jüngsten Gerichtsentscheides im Kanton Solothurn, aber insbesondere auch aus Reputationsgründen empfehlen wir den Unternehmen grundsätzlich, sich bei der Gültigkeitsdauer von Gutschienen an die gesetzlichen Vorgaben von fünf bzw. zehn Jahren zu halten.
Unserer Experten stehen Ihnen für weitere Fragen gerne zur Verfügung.