Steuergesetzrevision 2017 – Flat Rate Tax kommt vors Volk
Der Kantonsrat des Kantons Schwyz hat am 25. Mai 2016 die Steuergesetzrevision 2017 mit 46 zu 40 Stimmen verabschiedet. Damit wird es am 25. September dieses Jahres zu einer obligatorischen Volksabstimmung kommen.
Frage
Welche Änderungen hat der Kantonsrat konkret beschlossen und welche Auswirkungen hat dies für die Steuerzahler?
Antwort
Rückblick auf die Steuergesetzrevision 2015 – Problemanalyse
Erst vor zwei Jahren wurde das Schwyzer Steuergesetz einer Teilrevision unterzogen. Auf den 1. 1. 2015 wurden Mehreinnahmen in der Grössenordnung von CHF 62 Mio. beschlossen. Folgendes wurde unter anderem auf das Steuerjahr 2015 neu eingeführt bzw. geändert:
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Einführung eines Kantonstarifs für Einkommen ab CHF 225’800 Einkommen (alleinstehend)
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Allgemeine Erhöhung der Vermögenssteuer um 20%
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Anpassung der Dividendenbesteuerung (50% Teilbasis anstelle ¼-Satz)
In der Zwischenzeit hat sich jedoch gezeigt, dass diese Mittel nicht ausreichen, um einen ausgeglichenen Staatshaushalt zu finanzieren. Eines der Hauptprobleme stellt der NFA (Nationale Finanzausgleich) dar, der für die Schwyzer Staatskasse eine jährliche Belastung von rund CHF 180 Mio. bewirkt (Basis 2016). Nicht wegzudiskutieren ist aber auch das Problem des überproportionalen Ausgabenwachstums in den letzten 15 Jahren. Deshalb sind der Regierungsrat und der Kantonsrat der Ansicht, dass weitere Massnahmen zur Mittelbeschaffung unumgänglich sind.
Steuergesetzrevision 2017
Eine weitere allgemeine Steuerfusserhöhung für den Kanton wird als problematisch erachtet, weil für die im Rahmen der Steuergesetzrevision 2015 stärker belasteten Gutverdiener eine Belastungsgrenze erreicht würde, die zu Wegzügen führen könnte. Deshalb wurde beschlossen, das Steuergesetz einer erneuten Änderung zu unterziehen. Der Regierungsrat hat dem Kantonsrat Anfang dieses Jahres – nach Durchführung der Vernehmlassung – seinen Vorschlag für die Steuergesetzrevision unterbreitet. Dieser hat noch einige massgebliche Änderungen angebracht und die Vorlage am 25. Mai 2016 verabschiedet. Folgende Massnahmen sollen zu Mehreinnahmen führen:
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in CHF Mio.
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Proportionaler Einkommenssteuertarif
(sogenannte Flat Rate Tax)
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75,2
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Erhöhung des Kantonstarifs bei der Vermögenssteuer
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42,2
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Erhöhung der Grundstückgewinnsteuer bei langen Haltedauern
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10,8
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Erhöhung der Steuer auf Kapitalleistungen
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2,6
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Total Mehreinnahmen
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130,8
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Gegenüber der ursprünglichen Vernehmlassungsvorlage des Regierungsrats wurden die Mehreinnahmen von CHF 170 Mio. auf CHF 130,8 Mio. reduziert. Diese Reduktion wurde durch eine Senkung des Eigenkapitalziels des Kantons erreicht. Damit ist der Kantonsrat einer insbesondere von der SVP geforderten Reduktion des Steuerpakets nachgekommen. Ziel dieser Reduktion war letztlich, die Flat Rate Tax für den Mittelstand verträglicher zu gestalten.
Nachfolgend sehen Sie anhand von zwei Steuerdomizilen (Schwyz und Wollerau) die Auswirkungen der beiden Vorschläge auf die Einkommenssteuerbelastung:
Steuergesetzrevision 2017
Belastungsvergleiche für die Einkommenssteuer (Kantons-, Bezirks-, Gemeinde- und Kirchensteuer r.k.) anhand Bruttoeinkommen (Jahresbruttolohn)
Alleinstehend
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Schwyz
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Wollerau
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Bruttoeinkommen
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60’000
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100’000
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150’000
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500’000
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60’000
|
100’000
|
150’000
|
500’000
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2015
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4’236
|
9’410
|
16’320
|
71’500
|
2’466
|
5’490
|
9’510
|
45’200
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Flat Rate Tax
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5'186
|
10'973
|
18'440
|
71'075
|
3'354
|
7'108
|
11'936
|
46'015
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% – Zunahme Flat Rate
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22%
|
17%
|
13%
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-0,6%
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36%
|
29%
|
26%
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2%
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Verheiratet, mit 2 Kindern
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Schwyz
|
Wollerau
|
Bruttoeinkommen
|
80’000
|
125’000
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175’000
|
500’000
|
80’000
|
125’000
|
175’000
|
500’000
|
2015
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2’872
|
7’300
|
13’825
|
59’050
|
1’672
|
4’262
|
8’050
|
34’400
|
Flat Rate Tax
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2'953
|
8'792
|
16'292
|
65'170
|
1'911
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5’962
|
10'547
|
42'191
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% – Zunahme Tarif und NFA
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3%
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20%
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18%
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10%
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14%
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34%
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31%
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23%
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Die einzelnen Änderungen
Die Flat Rate Tax beinhaltet die Einführung eines proportionalen Steuersatzes. Damit trotzdem eine progressive Wirkung bei tieferen Einkommen zum Tragen kommt, werden die Sozialabzüge auf CHF 13’200 für Alleinstehende bzw. CHF 26’400 für Verheiratete angehoben. Die Vorteile der Flat Rate Tax sind:
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Beseitigung falscher Anreize bei Zusatzerwerb
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einfachere Kalkulation der Steuerlasten
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Abschaffung der Progression für höhere Einkommen
-
höhere Eintrittsschwelle durch Anhebung der Sozialabzüge usw.
Zudem werden die höchsten bzw. sensitivsten Einkommen nicht höher oder sogar leicht tiefer belastet als bisher. Damit ergibt sich ein höherer Spielraum für allenfalls künftig notwendige Steuerfusserhöhungen. Der vielfach ins Feld geführte Nachteil ist, dass der Mittelstand den Hauptteil dieser Massnahme zu tragen hat (s. Tabelle nebenan). Die ganz tiefen Einkommen werden jedoch weitestgehend aus der Steuerpflicht entlassen (Mindeststeuer CHF 100).
Bei der Erhöhung der Vermögenssteuer wurde beschlossen, den kantonalen Vermögenssteuertarif ab einem Vermögen von CHF 1 Mio. für Alleinstehende bzw. CHF 2 Mio. für Verheiratete von heute 0,6 Promille auf 1,2 Promille zu verdoppeln. Dieser kantonale Zweistufentarif bewirkt eine Progression bei der Belastung des steuerbaren Vermögens ab diesen Grenzbeträgen.
Bei der Grundstückgewinnsteuer sollen die Steuersätze bei längeren Haltedauern erhöht werden. Dies bedeutet bei maximaler Haltedauer (ab 25 Jahren) eine Steuerhöhung von heute rund 9% auf neu 13,5% (d.h. eine Steuererhöhung von 50%). Liegenschaften, die über mehrere Generationen gehalten und veräussert werden, sollen deutlich höher als bisher besteuert werden. Zudem steht in diesem Bereich auch noch die Mehrwertabgabe von 20% auf Aufzonungen zur Einführung bereit, die der öffentlichen Hand ebenfalls erhebliche Einnahmen bringen wird. Ein Minderheitsantrag in der Kommission, die Haltedauerzuschläge zu senken, wurde abgelehnt.
Bei der Besteuerung der Kapitalleistungen aus Vorsorge hat die Kommission bzw. der Kantonsrat die Vorlage markant gemildert. So wird neu ein Vierstufentarif mit einem Mindestsatz von 0,75% und einem Maximalsatz von 2,75% auf Kapitalleistungen von über CHF 497’700 (ohne Sozialabzüge, dafür Splittingtarif für Verheiratete) eingeführt. Damit werden auch tiefe und mittlere Kapitalbezüge weiterhin attraktiv besteuert.
Neu ist zudem vorgesehen, dass ausländische Verluste (mit Ausnahme der Betriebsstättenverluste) nicht mehr zu einem Steuersatz von Null führen können. Bislang war ein Steuerpflichtiger, bei dem z.B. Liegenschaftsunterhalt oder ein Geschäftsverlust im Ausland vorlag, von der Steuer befreit, sofern diese Verluste höher waren als seine übrigen Einkommen. Neu werden die Schweizer Einkünfte unbeachtet ausländischer Verluste mit der Flat Rate Tax besteuert.
Beurteilung der Steuergesetzrevision
Die Flat Rate Tax hat schon zu einigen kontroversen Diskussionen geführt und wird auch im Vorfeld der anstehenden Abstimmung noch für Gesprächsstoff sorgen. Grundsätzlich ist es bedauerlich, dass ein grosser Teil des Kantons Schwyz seinen Spitzenplatz im interkantonalen Steuerwettbewerb bereits teilweise verloren hat (Steuergesetzrevision 2015) und weiter verlieren wird. Wenn davon gesprochen wird, dass «der Kanton Schwyz» immer noch auf den Topplätzen zu finden ist, bezieht sich dies auf die Gemeinden Wollerau, Freienbach und Feusisberg (allenfalls noch Altendorf, Lachen und Küssnacht). Da aber gerade diese Gemeinden das meiste Steuersubstrat aufweisen, gilt es, diese Spitzenpositionen unbedingt zu halten. Der Rest des Kantons ist steuerlich mittlerweile vergleichbar mit Gemeinden der benachbarten Kantone Luzern, Nidwalden, Obwalden sowie auch Uri. Weiters stellen wir fest, dass ein kurzfristiges Hin und Her – wie jetzt bei den Steuergesetzrevisionen 2015 und 2017 – der Rechts- und Planungssicherheit nicht dienlich ist.
Letztlich ist es eine politische Frage, ob der vorgesehene Weg der Flat Rate Tax eingeschlagen werden soll, oder ob durch eine Ablehnung der Vorlage ein positiveres Resultat erhofft wird.
Schliesslich müsste aber auch eine alternative Steuergesetzrevision die schwierigen Probleme lösen: Es dürfen keine Wegzüge von guten Steuerzahlern provoziert werden (dies würde alle Steuerzahler besonders treffen!), der Kanton Schwyz soll seine bislang noch einigermassen gute Position im interkantonalen Vergleich möglichst beibehalten, die Lö sung soll langfristig sein und das Steuergefälle innerhalb des Kantons soll nicht noch weiter zunehmen. Niemand behauptet, es sei einfach, all diesen Anforderungen vollumfänglich gerecht zu werden. Auch das Resultat des Urnengangs im Herbst wird dies nicht ändern.