Neue Regelung für den Steuerabzug von Vorfälligkeitsentschädigungen
Wer bei einer Bank oder Versicherung vorzeitig eine Festhypothek auflöst, muss dieser in der Regel eine Vorfälligkeitsentschädigung (sogenannter «Penalty») bezahlen. In drei Leiturteilen hat das Bundesgericht dieses Jahr die steuerliche Abzugsfähigkeit der Vorfälligkeitsentschädigung neu geregelt.
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Ausgangslage und bisherige steuerliche Behandlung
Gerade in den vergangenen Jahren haben die Festhypotheken stark an Attraktivität gewonnen. Die Möglichkeit, den Zins in einer Tiefzinsphase langfristig anzubinden und damit abzusichern, stiess bei vielen Grundeigentümern auf grosses Interesse. Wird eine Festhypothek jedoch vor zeitig aufgelöst, kommt in der Regel eine so genannte Vorfälligkeitsentschädigung zum Tragen. Diese Vorfälligkeitsentschädigung deckt den Verlust der Zinsmarge der Bank zum Zeitpunkt der Auflösung ab, die diese bis zum Ablauf der Festhypothek noch hätte erwirtschaften können. Diese Entschädigung kann im derzeitigen Tief(st)zinsumfeld sehr hoch ausfallen. Eine Festhypothek wird z. B. vorzeitig aufgelöst, wenn
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eine Liegenschaft verkauft, im Anschluss daran aber keine Hypothek mehr benötigt wird,
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eine Umfinanzierung bei derselben Bank erfolgt, z.B. aufgrund eines Teilverkaufs oder einer neuen Finanzierungsstruktur,
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bei einer anderen Bank neu finanziert wird oder
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eine Festhypothek vorzeitig zurückbezahlt wird, ohne dass es zu einer neuen Anschlussfinanzierung kommt (z.B. bei einer Erbschaft oder einem Lottogewinn).
Die steuerliche Behandlung der Vorfälligkeitsentschädigung war bisher uneinheitlich und von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Fraglich war, in welcher Konstellation die Entschädigung bei welcher Steuer in Abzug gebracht werden kann. Grundsätzlich kommen bei natürlichen Personen die Einkommens oder die Grundstückgewinnsteuer in Betracht. Viele Kantone haben die Abzugsfähigkeit bei der Grundstückgewinnsteuer bislang verneint. Dies entweder gestützt auf einen eigenen kantonalen Gesetzespassus oder mit Verweis auf ihre Praxis oder die bisherige Rechtsprechung. Auch die Behandlung bei der Einkommenssteuer war bisher nicht klar geregelt. Die meisten Kantone gewährten jedoch den Abzug als Schuldzins bei der Einkommenssteuer. Zumindest war bislang festgelegt, dass kein doppelter Abzug sowohl bei der Einkommens als auch bei der Grundstückgewinnsteuer möglich war.
Neue Praxis des Bundesgerichts
Das Bundesgericht nahm am 3. April 2017 drei neu zu beurteilende Fälle zum Anlass, die Praxis – gemäss Formulierung des Bundesgerichts «vom heutigen Tag an» – neu festzulegen. Dazu hat es drei Arbeitshypothesen geschaffen:
Fallkonstellation 1:
Wird eine Liegenschaft verkauft und die damit zusammenhängende Hypothek aufgelöst, kann die zu entrichtende Vorfälligkeitsentschädigung bei der Grundstückgewinnsteuer als Anlagekosten in Abzug gebracht werden. Dies unabhängig davon, was der kantonale Gesetzeswortlaut dazu aussagt. Anderslautende Gesetzespassagen oder Praxen sind harmonisierungswidrig. Ein Abzug bei der Einkommenssteuer ist in solchen Konstellationen jedoch nicht mehr möglich. Dies führt in den meisten Kantonen zu einer Praxisänderung, da diese einen solchen Abzug bei der Grundstückgewinnsteuer bislang nicht vorgesehen hatten. Ob die Begründung des Bundesgerichts und die Qualifikation als «Anlagekosten» korrekt ist, kann hier offengelassen werden. Eher handelt es sich hierbei aber um Verkaufsunkosten, die auch ohne Nachweis einer Werterhöhung abziehbar sein müssen.
Fallkonstellation 2:
Fällt im Rahmen einer Umfinanzierung bei einer Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung an, ist diese bei der Einkommenssteuer abziehbar, sofern mit dem gleichen Gläubiger eine neue Darlehensbeziehung vereinbart wird oder weiterbesteht. In solchen Fällen ist die Gleichsetzung mit einem Schuldzins gerechtfertigt. Das Darlehensverhältnis wird nur verändert, nicht aber beendet. Wie ein Kreditzins ist auch die Vorfälligkeitsentschädigung als Entgelt für das Darlehen und nicht als Schadenersatz oder Konventionalstrafe zu qualifizieren. Sie kann damit vom steuerbaren Einkommen in Abzug gebracht werden.
Fallkonstellation 3:
Wird die neue Hypothek bei einem anderen Kreditgläubiger eingegangen, rechtfertige sich gemäss Bundesgericht eine Gleichstellung mit Schuldzinsen nicht mehr, da der Darlehensgeber nicht mehr derselbe sei. Die Vorfälligkeitsentschädigung qualifiziere in diesem Fall als Schadenersatz bzw. Konventionalstrafe und könne deshalb nicht vom steuerbaren Einkommen in Abzug gebracht werden. Bei dieser Konstellation findet in den meisten Kantonen nun eine klare Verschärfung gegenüber den bisherigen Praxen statt. Meist konnte die Vorfälligkeitsentschädigung vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden, unabhängig davon, ob die neue Hypothek beim gleichen oder bei einem anderen Finanzierungsinstitut abgeschlossen wurde.
Die neuen Leitplanken des Bundesgerichts gelten für alle offenen, pendenten Fälle «vom heutigen Tag» an. So muss nun die geplante steuerliche Behandlung mit den neu getroffenen Grundsätzen abgestimmt werden.
Übernahme der neuen Bundesgerichtsrechtsprechung in die Praxis
Die meisten Steuerverwaltungen werden die neue Praxis des Bundesgerichts ab sofort für alle offenen bzw. noch nicht veranlagten Fälle übernehmen. Einzelne Steuerverwaltungen wenden die neuen Grundsätze erst ab dem Steuerjahr 2017 an. Auf jeden Fall wird sichergestellt, dass es nicht zu einem doppelten Abzug bei der Grundstückgewinnsteuer und der Einkommenssteuer kommt. Einzelne Kantone (z.B. der Kanton Bern) fordern bei der Auflösung einer Festhypothek bis dato nicht, dass bei der gleichen Bank eine Anschlussfinanzierung vorgenommen werden muss. Selbst bei einem Neuabschluss bei einer anderen Bank gewähren die Berner Steuerbehörden weiterhin den Abzug der Vorfälligkeitsentschädigung als Schuldzins vom steuerbaren Einkommen. Andere Kantone (z.B. der Kanton Luzern) wenden die neuen Regeln des Bundesgerichts an, gestatten im Rahmen einer Revision aber noch einen nachträglichen Abzug bei der Grundstückgewinnsteuer. Abzugsberechtigt sind steuerpflichtige Personen, die auf die Geltendmachung des Abzugs der Vorfälligkeitsentschädigung bei der Grundstückgewinnsteuer verzichtet haben, da sie bis zur Bekanntgabe der neuen Praxis damit gerechnet hatten, dass die bisherige Praxis weitergeführt wird (Abzugsprimat bei der Einkommenssteuer). Weitere Kantone (z.B. der Kanton Zug) gewähren in solchen Fällen die ausnahmsweise Anrechnung bei den Einkommenssteuern. Andere Kantone könnten dies weniger grosszügig handhaben. Dort könnte es durchaus Fälle geben, die mangels Abzug bei der bereits rechtskräftigen Grundstückgewinnsteuer «ins Leere» laufen und bei denen ein steuerlicher Abzug gar nicht mehr möglich ist.
Bedauerlicherweise werden die Steuerbehörden die bislang grosszügige Behandlung der Vorfälligkeitsentschädigung bei den Einkommenssteuern (auch bei einem Wechsel des Finanzierungsinstituts) wohl nicht mehr weiter praktizieren. Fraglich ist, inwieweit die bundesgerichtliche Begründung korrekt ist, wonach nur bei einer Fortführung des Schuldverhältnisses bei der gleichen Bank wirtschaftlich von einem Schuldzins ausgegangen werden kann. Denn: Kann nicht auch bei einem Wechsel der Bank wirtschaftlich von einem Schuldzins ausgegangen werden? Schliesslich wird auch bei einem Wechsel des Kreditgebers eine Differenz in der Höhe der geschuldeten zu den aktuellen Marktzinsen geleistet.
Aus Sicht des Schuldners ist diese Ungleichbehandlung nicht wirklich nachvollziehbar.
Durch die neuen bundesgerichtlichen Leitplanken ergeben sich Planungsmöglichkeiten: Soll eine Festhypothek aufgelöst werden, muss man sich bewusst sein, dass die steuerliche Abzugsfähigkeit bei der Einkommenssteuer davon abhängt, ob man bei der bisherigen oder bei einer neuen Bank die neue Finanzierung abschliesst. So könnte es sinnvoll sein, bei der bisherigen Bank eine Anschlussfinanzierung vorzunehmen, jedoch mit stark verkürzter Laufzeit oder sogar als variable Hypothek.