Rechtliche und steuerliche Stolpersteine bei Gesellschafterdarlehen
Bei der Gewährung von Darlehen zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihren Gesellschaftern lauern verschiedene (steuer-)rechtliche Stolpersteine. Werden diese nicht beachtet, drohen erhebliche finanzielle Konsequenzen.

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Unproblematische Darlehensverträge zu Drittbedingungen
Eine Kapitalgesellschaft (Aktiengesellschaft oder GmbH) kann mit ihren Gesellschaftern oder den ihr nahestehenden Personen Darlehensverträge wie mit Drittpersonen abschliessen. Sie kann ihnen Darlehen gewähren oder von ihnen Darlehen erhalten. Erfolgen die Darlehensgewährungen zu Bedingungen, wie sie unter unabhängigen Dritten üblich sind, sind diese aus (steuer-)rechtlicher Sicht unproblematisch und werden von den Steuerverwaltungen und Revisionsstellen der Gesellschaften akzeptiert.
Ob und in welchem Umfang ein Darlehen einem Drittvergleich standhält, muss in jedem Einzelfall aufgrund aller konkreten Umstände beurteilt werden. Folgende Aspekte werden dabei von den Steuerverwaltungen besonders kritisch untersucht:
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Handelt es sich um ein echtes oder um ein simuliertes Darlehen?
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Wird die steuerlich zulässige Verzinsung eingehalten?
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Werden die Regeln für das verdeckte Eigenkapital respektiert?
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Wird gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstossen?
Simuliertes Darlehen an Gesellschafter
Ein sogenanntes simuliertes Darlehen liegt dann vor, wenn aufgrund der Vertragsgestaltung, der Zahlungsfähigkeit des Darlehensnehmers oder anderer Umstände angenommen werden muss, dass das Darlehen nur deshalb in einer bestimmten Höhe oder Form gewährt wurde, weil der Darlehensnehmer Anteilsinhaber ist In der Rechtsprechung und Praxis wurden verschiedene Kriterien zur Beurteilung des Darlehens entwickelt. Folgende Indizien sprechen für eine Simulation:
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Fehlende Bonität des Darlehensnehmers (d.h. kann der Schuldner die üblichen Abzahlungen leisten und die anfallenden Zinsen begleichen?)
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Fehlende Rückzahlung des Darlehens
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Zinsen werden nicht beglichen, sondern jeweils zur Darlehenssumme dazugeschlagen
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Fehlender schriftlicher Darlehensvertrag mit Angaben zur Höhe, Dauer, Rückzahlung und Verzinsung (obwohl zivilrechtlich keine Formvorschriften bestehen)
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Fehlende marktübliche Sicherheiten
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Statutarischer Zweck der Gesellschaft erlaubt keine Darlehensgewährungen.
Je nach Ausgestaltung ist es auch möglich, dass nur ein Teil des Darlehens als simuliert betrachtet wird.
Die Steuerfolgen eines simulierten Darlehens sind finanziell einschneidend: Das simulierte Darlehen stellt für den Gesellschafter eine der Einkommenssteuer unterliegende geldwerte Leistung (Dividendenertrag) dar. Sobald für die Steuerbehörde die Absicht des Anteilsinhabers ersichtlich wird, dass dieser der Gesellschaft mit einem simulierten Darlehen Mittel entziehen will, erfolgt die Besteuerung.
Auf Stufe der Gesellschaft muss das Darlehen in der Steuerbilanz als Non-Valeur (Negativreserve) aufgeführt werden. Entsprechende Abschreibungen oder Wertberichtigungen werden steuerlich nicht akzeptiert und dem steuerbaren Reingewinn hinzugerechnet. Nebst den Gewinnsteuerfolgen hat die geldwerte Leistung aber auch verrechnungssteuerliche Konsequenzen. Die Gesellschaft muss an den Gesellschafter eine Verrechnungssteuer von 35% überwälzen, andernfalls wird diese als Nettoleistung qualifiziert und ins Hundert hochgerechnet. Die Gesellschaft müsste dann eine Verrechnungssteuer von rund 53% auf der geldwerten Leistung an die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) abführen. Aufgrund der momentan geltenden restriktiven Praxis der ESTV muss damit gerechnet werden, dass dem Gesellschafter bei fehlender Deklaration in der Steuererklärung die Rückerstattung der Verrechnungssteuer verweigert wird und dies zur zusätzlichen Steuerbelastung führt. Zusammen mit der Einkommenssteuer kann dies für ihn zu einer Gesamtbelastung von über 70% führen.
Zulässige Verzinsung
Alljährlich gegen Ende Februar erlässt die ESTV das jeweils für das Kalenderjahr gültige Rundschreiben «Zinssätze für die Berechnung der geldwerten Leistungen». Diese Zinssätze gelten gemäss weitverbreiteter Praxis als sogenannte Safe-Haven, bei deren Anwendung mit keinen steuerlichen Korrekturen zu rechnen ist:
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Darlehen an Anteilsinhaber oder nahestehende Personen: Bei diesen Darlehen muss eine Mindestverzinsung eingehalten werden. Diese beträgt aktuell 0.25%, sofern sich die Gesellschaft aus eigenen Mitteln finanziert. Finanziert sich die Gesellschaft über Fremdmittel, dann muss der Darlehenszins gegenüber dem Anteilsinhaber so hoch sein, dass der Unternehmung eine Gewinnmarge von mindestens 0.25% (Darlehensanteile über CHF 10 Mio.) bis 0.5% (Darlehen bis und mit CHF 10 Mio.) verbleibt.
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Darlehen von Anteilsinhabern oder nahestehenden Personen: Bei diesen Darlehen gibt die ESTV verschiedene Maximalzinssätze vor, zu denen die Darlehen verzinst werden dürfen. Diese betragen zurzeit für Betriebskredite zwischen 0.75% (Kredite ab CHF 1 Mio. an Holding- und Vermögensgesellschaften) bis zu 3% (Kredite an Handels- und Fabrikationsunternehmen bis CHF 1 Mio.). Bei Liegenschaftskrediten liegen die Maximalwerte zwischen 1% (1. Hypothek für Wohnbauten) und 2.25% (2. Hypothek für Industrie und Gewerbebauten).
Wenden die Parteien abweichende Zinssätze an, so werden die Zinszahlungen als geldwerte Leistung (mit entsprechenden Einkommens- und Verrechnungssteuerfolgen) bzw. als verdeckte Kapitaleinlage betrachtet. Vorbehalten bleibt der meist schwierig zu erbringende Nachweis durch den Steuerpflichtigen, dass auch ein unabhängiger Dritter die Zinssätze angewandt hätte.
Verdecktes Eigenkapital
Das Eigenkapital wird in der Schweiz gegenüber dem Fremdkapital höher besteuert. So kann eine Gesellschaft beispielsweise Fremdkapitalzinsen – im Gegensatz zu Dividendenzahlungen – vom steuerbaren Gewinn abziehen und muss bei einer Fremdfinanzierung normalerweise keine Kapitalsteuer entrichten. Ausserdem unterliegen die Darlehenszinsen in der Regel nicht der Verrechnungssteuer. Damit besteht insbesondere für nahestehende Personen der Anreiz, möglichst viel Fremdkapital mit entsprechend hohen Zinssätzen einzusetzen. Diesem Verlangen wird durch die Eigenkapitalvorschriften der ESTV Grenzen gesetzt. Um das maximal zulässige Fremdkapital zu eruieren, wird auf den Verkehrswert der Gesellschaftsaktiven abgestützt. Überschreitet die Finanzierung von nahestehenden Personen das von der ESTV definierte Mass, wird von verdecktem Eigenkapital gesprochen. Die darauf lastenden Schuldzinsen können in Dividendenzahlungen umqualifiziert werden und unterliegen dann der im Normalfall für den Gesellschafter rückforderbaren Verrechnungssteuer.
Verbot der Einlagenrückgewähr
Das Aktienkapital bzw. Stammkapital einer Gesellschaft stellt für deren Gläubiger ein Haftungssubstrat dar. Zum Schutz der Gläubiger dürfen aus dem geschützten Geschäftsvermögen keine Leistungen an die Gesellschafter vorgenommen werden (sogenanntes Verbot der Einlagenrückgewähr). Eine Rückleistung der Einlagen ist ausserhalb der Liquidation nur im formellen Verfahren der Kapitalherabsetzung möglich. Dividenden dürfen nur aus dem Bilanzgewinn und aus hierfür gebildeten Reserven ausgerichtet werden.
Darlehen oder Kontokorrentguthaben, die nicht zu marküblichen Konditionen gewährt werden, werden gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung als faktische Dividendenausschüttungen betrachtet und schmälern das frei verfügbare und ausschüttbare Eigenkapital einer Gesellschaft. Liegt aufgrund von effektiven oder faktischen Dividendenausschüttungen ein Verstoss gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr vor, hat dies die Nichtigkeit des Geschäfts (Dividendenzahlung) zur Folge und führt zum Aufleben der Liberierungspflicht der Gesellschafter.
Fazit
Darlehen zwischen Gesellschaft und Anteilsinhaber müssen zu marktüblichen Konditionen abgeschlossen werden. Dabei sind die seitens der Steuerverwaltungen veröffentlichten Kriterien strikte zu beachten. Ansonsten kann dies für die Anteilsinhaber zu hohen Steuerbelastungen von über 70% und für die Gesellschaft zu Aufrechnungen führen. Schliesslich besteht das Risiko des Verstosses gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr, was die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts und das Aufleben der Liberierungspflicht der Gesellschafter zur Folge hätte.