Starker Franken und schwache Fremdwährungen im Jahresabschluss
Wie allgemein bekannt, hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) am 15. Januar 2015 die Stützung des Euro-Mindestkurses von CHF 1.20 pro Euro aufgegeben. Als Folge dieses Entscheids gewann der Franken gegenüber fast allen wichtigen Währungen massiv an Wert.
* Befinden sich der Schweizer Franken und der Euro auf Augenhöhe, wirkt sich das auf den Jahresabschluss aus.
Frage
Welche Auswirkungen haben diese extremen Währungsentwicklungen auf den Jahresabschluss 2014 bzw. was muss beim Erstellen des Jahresabschlusses berücksichtigt werden?
Antwort
Bewertung von Fremdwährungspositionen zum Bilanzstichtag
Die Fremdwährungspositionen im Jahresabschluss sind zum Stichtagskurs per Abschlussdatum (Bilanz) bzw. zum Durchschnittskurs der relevanten Periode (Erfolgsrechnung) umzurechnen.
Nachfolgend werden die allgemeinen Bewertungsgrundsätze für ausgewählte Bilanzpositionen erläutert:
– Flüssige Mittel, Bankguthaben und -schulden, Aktiven mit Börsenkurs: Umrechnung zum Stichtagskurs, Gewinne und Verluste sind als realisiert zu betrachten (d.h. in der Erfolgsrechnung zu erfassen).
– Kurzfristige Guthaben und Verbindlichkeiten (z.B. Debitoren und Kreditoren, aktive und passive Rechnungsabgrenzungen): Umrechnung zum Stichtagskurs, Gewinne und Verluste sind als realisiert zu betrachten, wenn diese Positionen eine angemessen hohe Umschlagshäufigkeit aufweisen.
– Warenvorräte: Die Bewertung erfolgt zu Anschaffungswerten und es gibt zum Stichtag grundsätzlich keine Neubewertung, da es sich bei den Warenvorräten um eine nicht monetäre Position handelt. Eine Bewertungskorrektur ist jedoch erforderlich, wenn Währungsschwankungen zu niedrigeren Preisen auf dem Einkaufsmarkt führen und/oder wenn der realisierbare Verkaufspreis in Folge der Wechselkursentwicklung tiefer ausfällt.
– Langfristige Guthaben und Verpflichtungen: Die Bewertung erfolgt nach dem Niederstwertprinzip, d.h. zum niedrigeren Wert aus historischem Anschaffungswert und aktuellem Stichtagswert.
– Anlagevermögen: Die Ersterfassung erfolgt höchstens zu den Anschaffungskosten und ist daher zu historischen Fremdwährungskursen zu bewerten. Für das Beurteilen der Werthaltigkeit am Bilanzstichtag ist der Buchwert mit dem Nutzwert zum Kurs am Bilanzstichtag zu vergleichen.
Kein Ereignis nach dem Bilanzstichtag
Das massive Ansteigen des Schweizer Frankens stellt kein Ereignis nach dem Bilanzstichtag dar, da es sich um eine reine Marktentwicklung handelt, die keine Ursache im abgelaufenen Geschäftsjahr hatte. In diesem Sinn sind Informationen im Zusammenhang mit dieser Tatsache nicht unter dem entsprechenden Titel «Ereignis nach dem Bilanzstichtag» im Anhang auszuweisen. Hier stellen Erläuterungen mit Blick auf den Wechselkursentscheid vielmehr freiwillige (in vielen Fällen aber wertvolle) Informationen dar.
Imparitätsprinzip
Das Imparitätsprinzip ist ein Anwendungsfall des Vorsichtsprinzips im Schweizerischen Handelsrecht (OR). Es verlangt, dass Gewinne erst ausgewiesen werden dürfen, wenn sie zweifelsfrei feststehen und realisiert sind, Verluste dagegen bereits dann, wenn sie sich für die Rechnungsperiode abzeichnen.
Die Abwertung der meisten Währungen gegenüber dem Schweizer Franken bedeutet, dass die Bewertungskorrekturen der Aktiv-Positionen in Fremdwährung fürs Jahr 2015 erfolgswirksam vollzogen werden müssen, wenn sich daraus ein Verlust ergibt. Hingegen darf 2015 kein Währungsgewinn aufgrund der tieferen Kurse bei den Passiven (z.B. Darlehen in Euro) erfolgen, solange dieses Passivum noch existiert und der Währungsgewinn somit nicht realisiert worden ist.
Bilanzen mit wesentlichen AktivPositionen in fremder Währung
Muss ich bereits per Bilanzstichtag die tieferen Wechselkurse in meiner Jahresrechnung berücksichtigen?
Nein. Für Unternehmen mit wesentlichen Aktiv-Positionen in Fremdwährung sind die Auswirkungen der gesunkenen Wechselkurse (d.h. der Umfang des Währungsverlusts) zu ermitteln. Bei heutiger Kenntnis muss davon ausgegangen werden, dass zumindest der Wechselkurs für den Euro dauerhaft gesunken ist. Dies führt für Unternehmen, welche diese Aktiv-Positionen per 15. Januar 2015 immer noch in ihren Büchern hatten, zu einem entsprechenden Währungsverlust. Dieser ist jedoch erst im Geschäftsjahr 2015 zu erfassen.
Zusätzliche Wertberichtigungen wegen stark gesunkener Wechselkurse sind steuerlich nicht zulässig, da die WAWR (Weisung betreffend Abschreibungen, Wertberichtigungen, Rückstellungen und Rücklagen im Schwyzer Steuerbuch) festhält, dass die pauschalen Wertberichtigungen von 15% auf den Bestand der Auslandforderungen das Fremdwährungsrisiko bereits abdecken. Zulässig sind jedoch Einzelwertberichtigungen nach dem Grad der Verlustwahrscheinlichkeit auf besonders gefährdete Forderungen. Es ist aber zu beachten, dass diese Positionen beim Berechnen der pauschalen Wertberichtigung nicht mehr berücksichtigt werden dürfen.
Unternehmen mit knapper Eigenkapitaldeckung und/oder Liquiditätsproblemen
Welche Folgen hat der SNB-Entscheid für Unternehmen mit wesentlichen Aktiv-Positionen in Fremdwährung und knapper Eigenkapitaldeckung und/oder Liquiditätsproblemen?
Unternehmen, die bereits am Jahresende 2014 unter Berücksichtigung der Stichtagskurse per 31. Dezember 2014 eine knappe oder ungenügende Eigenkapitaldeckung ausweisen und zusätzlich noch wesentliche Aktiv-Positionen in Fremdwährung in ihren Büchern halten, müssen die drohenden Wechselkursverluste beim Beurteilen der Gesamtsituation einbeziehen. Heute muss davon ausgegangen werden, dass Aktiv-Positionen in Fremdwährung bleibend an Wert verloren haben. Für das Abschätzen der Fortführungsfähigkeit eines Unternehmens wird in der Regel ein künftiger Zeitraum von 12 Monaten angenommen. Die seit dem 15. Januar 2015 bekannten Wechselkurseffekte fallen somit in diese Periode und sind beim Prüfen der Fortführungsfähigkeit eines Unternehmens einzubeziehen. Ist die Zukunft unter diesen Umständen nicht mehr gegeben, darf der Jahresabschluss 2014 nicht mehr zu Fortführungswerten, sondern muss zu Liquidationswerten erstellt werden.
Die negativen Währungseffekte sind ebenfalls bei notwendigen Sanierungsbemühungen zu berücksichtigen. So ist etwa der drohende Verlust aus den Währungseffekten beim Berechnen der Höhe von notwendigen Rangrücktritten oder aber notwendigen Kapitalzuschüssen zu berücksichtigen.
Fazit
Grundsätzlich beeinflussen die sinkenden Wechselkurse des Jahres 2015 das Geschäftsjahr 2014 nicht, und es finden keine rückwirkenden Buchungen statt.
– Die Aktiv-Positionen in Fremdwährung verlieren an Wert, während Positionen auf der Passiv-Seite der Bilanz an Wert gewinnen (die Schulden werden kleiner). Die Wertverluste auf den Aktiv-Positionen sind im Jahr 2015 als realisiert zu betrachten, die Gewinne aus der Abnahme der Passiven sind dagegen erst bei Rückzahlung anzurechnen.
– Unternehmen mit finanziellen Schwierigkeiten sind angehalten, den Einfluss der sinkenden Wechselkurse auf ihre Bilanz, ihre Rentabilität und ihr Eigenkapital zu überwachen. Sanierungsmassnahmen müssen auch die aktuellen negativen Entwicklungen der Währungseffekte abdecken können, damit von einer Unternehmensfortführung von mindestens 12 Monaten ausgegangen werden kann.
– Selbst Unternehmen, die keine Fremdwährungspositionen in ihren Büchern führen, können von der aktuellen Wechselkurssituation beeinflusst sein/werden. So kann sich die Entwicklung der Währungskurse beispielsweise sowohl auf die Einkaufs- als auch auf die Verkaufspreise auswirken (z.B. Konkurrenzprodukte aus dem Ausland werden signifikant günstiger).