Gewerbsmässiger Wertschriftenhandel kommt teuer zu stehen
Die Eidgenössischen Räte haben bereits mehrfach versucht, den gewerbsmässigen Wertschriftenhandel explizit im Gesetz zu verankern. Diese Vorhaben scheiterten jedoch immer wieder am hohen Komplexitätsgrad der Materie. Daher wurde beschlossen, es beim bisherigen Recht zu belassen und so die bundesgerichtliche Rechtsprechung sowie die Anwendungspraxen der Steuerbehörden weiterzuführen. Das Bundesgericht hat in der Zwischenzeit die Rechtsprechung weiterentwickelt, was die Eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) zu einer Neuauflage des einschlägigen Kreisschreibens veranlasste (KS-Nr. 36 vom 27.7.2012).
Frage
Wann laufe ich Gefahr, von den Fiskalbehörden als «gewerbsmässiger Wertschriftenhändler» taxiert und darum mit zusätzlichen bzw. hohen Steuern und Sozialabgaben belastet zu werden?
Antwort
Gemäss dem erwähnten ESTV-Kreisschreiben erzielt eine steuerpflichtige Person dann steuerbares Einkommen aus gewerbsmässigem Wertschriftenhandel, wenn sie An- und Verkäufe von Wertschriften in einer Art tätigt, die über die schlichte Vermögensverwaltung von Privatvermögen hinausgehen. Eine nach aussen sichtbare Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr oder ein eigentlicher Betrieb sind keine Voraussetzungen.
Einzelfall ist entscheidend
Ob in einem konkreten Einzelfall eine selbstständige Erwerbstätigkeit, d.h. ein gewerbsmässiger Wertschriftenhandel oder privater Kapitalgewinn vorliegt, ist auf Grund sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Die ESTV hat Kriterien ausgearbeitet, mit deren Hilfe im Rahmen einer Vorprüfung gewerbsmässiger Wertschriftenhandel ausgeschlossen werden kann. Sofern die folgenden Kriterien kumulativ (!) erfüllt sind, gehen die Steuerbehörden von privater Vermögensverwaltung aus (so genannte «Save haven-rule»):
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Die Haltedauer der veräusserten Wertschriften beträgt mindestens sechs Monate.
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Das Transaktionsvolumen pro Jahr beträgt nicht mehr als das Fünffache des Bestands zu Beginn des Jahres.
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Das Erzielen von Kapitalgewinnen bildet keine Notwendigkeit, um Einkünfte zur Lebenshaltung zu ersetzen. Dies ist dann der Fall, wenn die Kapitalgewinne weniger als 50% des jährlichen Reineinkommens betragen.
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Die Anlagen sind nicht fremdfinanziert, oder die steuerbaren Vermögenserträge aus den Wertschriften sind grösser als die anteiligen Schuldzinsen.
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Der Kauf und Verkauf von Derivaten (z.B. Optionen) beschränkt sich auf die Absicherung eigener Wertschriftenpositionen.
Wird eines dieser Kriterien nicht eingehalten, kann gewerbsmässiger Wertschriftenhandel nicht mehr ausgeschlossen werden. Der Einzelfall und seine Umstände werden näher geprüft.
Weiterentwicklung der Bundesgerichtspraxis
Das Bundesgericht hat in einem neueren Entscheid die Gewichtung der massgebenden Indizien verändert. Es hält fest, dass das «systematische und planmässige Vorgehen» (z.B. das Wiederanlegen der Gewinne in Wertschriften oder eine aktive Wertvermehrungstätigkeit) sowie der «Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit des Pflichtigen oder der Einsatz spezieller Fachkenntnisse» nur noch untergeordnete Bedeutung haben. Hingegen treten nun das «Transaktionsvolumen» (Häufigkeit der Geschäfte und kurze Besitzdauer) und die «Fremdfinanzierung» in den Vordergrund. Für sich allein reichen beide erstgenannten Indizien nicht für eine selbstständige Erwerbstätigkeit aus. Sie dienen aber der Bestärkung, wenn eines der im Vordergrund stehenden Kriterien erfüllt ist. Weiterhin ist unerheblich, ob die steuerpflichtige Person die Wertschriftengeschäfte selbst oder über einen bevollmächtigen Dritten (z.B. eine Bank) abwickelt.
Schwyzer Praxis
Schon unter dem Regime des alten Kreisschreibens haben mehrere Kantone eigene, teilweise restriktivere Kriterien entwickelt (so genannte «Sekundärkriterien»), darunter auch der Kanton Schwyz. Nun hat die Steuerverwaltung Schwyz erfreulicherweise entschieden, das bisherige Merkblatt vom Januar 2007 aufzuheben. Unser Kanton verzichtet somit auf eigene Sekundärkriterien und wendet ebenfalls das ESTV-Merkblatt an. Dieser Schritt ist aus rechtsstaatlicher und standortpolitischer Sicht sehr zu begrüssen.
Steuerfolgen und Planungsvarianten
Wer als gewerbsmässiger Wertschriftenhändler qualifiziert, hat im Grundsatz zwei wesentliche Nachteile gegenüber privaten Wertschriftenbesitzern zu gewärtigen:
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Die Kapitalgewinne sind beim Bund, Kanton sowie bei der AHV steuer- und abgabepflichtig. Dies bedeutet eine Abgabebelastung im Kanton Schwyz zwischen 27% und 33% (je nach Wohnsitzgemeinde).
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Die auch beim privaten Anleger steuerbaren Wertschriftenerträge (Zinsen und Dividenden) unterliegen zusätzlich der AHV-Abgabepflicht von rund 10%.
«Unser Kanton verzichtet auf eigene Sekundärkriterien und wendet das ESTV-Merkblatt an.»
Der Gewinn aus der Veräusserung von Wertschriften wird als Differenz zwischen Veräusserungserlös und Gestehungskosten ermittelt. Reine Kursschwankungen werden demnach nicht besteuert. Verluste sind konsequenterweise abziehbar, wenn sie nachgewiesen werden.
Kapitalgesellschaft als Alternative
Bei grösseren Verhältnissen könnte der Wertschriftenhandel über eine Kapitalgesellschaft abgewickelt werden, was die Belastung gegenüber dem persönlichen gewerbsmässigen Wertschriftenhandel spürbar mindert. Zwar sind dabei die Kapitalgewinne nicht steuerfrei, doch immerhin kann die Gesamtbelastung im Kanton Schwyz auf max. rund 24.5% gesenkt werden. Bei grösseren Vermögenswerten könnte die Reduktion noch deutlicher ausfallen (Stichwort: Beteiligungsabzug). Bei aktivem Wertschriftenhandel im grösseren Stil empfiehlt sich dringend eine vorausschauende Steuerplanung.