Die zentrale Bedeutung der Unterscheidung von Finanz- und Verwaltungsvermögen
Die Einteilung von Vermögensgegenständen in die bei Verwaltungsrechnungen vorgesehenen Kategorien «Finanzvermögen» oder «Verwaltungsvermögen» hat weitreichende Konsequenzen.
* Nach welchen Kriterien soll die öffentliche Hand Vermögenswerte in der Jahresrechnung dem Finanz- oder dem Verwaltungsvermögen zuschlagen?
Öffentliche Institutionen stehen regelmässig vor der Frage, nach welchen Überlegungen sie Vermögenswerte den Kategorien Finanzvermögen (FV) oder Verwaltungsvermögen (VV) in der Jahresrechnung zuteilen sollen. Dem Grundsatz entsprechend sind Vermögensgegenstände, die unmittelbar der öffentlichen Leistungserfüllung dienen, dem VV zuzuordnen (z.B. Schulhäuser oder Altersheime). Vermögensgegenstände, die für die öffentliche Leistungserbringung nicht zwingend notwendig sind und mit denen «kaufmännisch gearbeitet werden kann», sind dem FV zuzuschlagen. Beispiele hierfür sind Bauland ohne strategische Bedeutung oder aber Wohnbauten. Diese auf den ersten Blick einleuchtende Zuteilungsregel hat es jedoch in sich. Oftmals werden Altersheime als Beispiele für VV genannt. Es kann jedoch hinterfragt werden, inwieweit die Führung eines Altersheims unter allen Umständen eine zwingend öffentliche Aufgabe darstellt. Im Falle von Wohnliegenschaften (gemäss Definition in der Regel FV) stellt sich hingegen die Frage, ob die Zurverfügungstellung von günstigem Wohnraum heute nicht bereits eine öffentliche Aufgabe darstellt, so im Rahmen der Unterbringung von sozial schwachen Personen oder Flüchtlingen. Diese Beispiele zeigen auf, dass eine generelle Zuordnung von Vermögensgegenständen in eine Kategorie nicht einfach möglich und sinnvoll ist. Die öffentlichen Institutionen tun gut daran, ihr Vermögensportfolio einzeln und aufgrund des geplanten Verwendungszwecks dem FV oder dem VV zuzuteilen. Nach einer erstmaligen Zuteilung sind durchaus Wechsel der Kategorisierung im Laufe der Zeit denkbar (oder zu erwarten).
Bewertung der beiden Anlagekategorien. Die Bewertung der Anlagen im FV erfolgt bei Erstzugang zum Anschaffungswert, Folgebewertungen erfolgen zum Verkehrswert. Die Bewertung der Anlagen im VV erfolgt beim Erstzugang ebenfalls zum Anschaffungswert; danach werden die Anlagen aber planmässig abgeschrieben. Bereits hier ist zu erkennen, dass die Zuteilungsentscheidung weitreichende Konsequenzen für die Folgebewertung der Vermögensgegenstände hat. Ebenso ergeben sich daraus Auswirkungen auf die laufende Rechnung. Diese Aspekte beeinflussen oftmals die Zuteilung der Vermögensgegenstände zu einer der beiden Kategorien; dies ist jedoch sachlich abzulehnen.
Probleme bei der Folgebewertung von Vermögensgegenständen. Während beim VV im Rahmen der Folgebewertung in der Regel klassisch über die Nutzungsdauer abgeschrieben wird, erfolgt die Folgebewertung beim FV zu Markt- oder Verkehrswerten. Beide Folgebewertungsmethoden müssen bei der öffentlichen Hand kritisch hinterfragt werden. Oftmals werden im Bereich des VV harmonisierte Nutzungsdauern über eine (oder mehrere) Anlagekategorie(n) hinweg verwendet. Diese einfache Form der Festlegung von Abschreibungen blendet sämtliche Eigenschaften der einzelnen Anlage aus.
Dies führt in manchen Fällen zu ungewöhnlich langen, in anderen Fällen wiederum zu unsachlich kurzen Nutzungsdauern. Investiert eine Gemeinde z. B. in ein neues Altersheim, so muss dieses Projekt innert relativ kurzer Zeit wieder abgeschrieben werden, was zu einer ungewöhnlich hohen Belastung der laufenden Rechnung führt. Auch die Marktbewertung als Folgebewertung für das FV kann zur Herausforderung werden. Oftmals sind Sachanlagegüter im FV der öffentlichen Hand nicht einfach mit Objekten der Privatwirtschaft zu vergleichen. Als Beispiel dienen hier nicht mehr benötigte Armeeanlagen des Bundes. In diesen Fällen wird eine Marktbewertung nicht einfach sein.
Umklassierungen. Zusammenfassend ist zu bemerken, dass eine Unterteilung von Gütern im Besitz der öffentlichen Hand in die dafür vorgesehenen Kategorien Finanz und Verwaltungsvermögen den inanzverantwortlichen einiges abverlangt. Neben dem aktuellen Verwendungszweck muss auch die zukünftige Nutzung in Betracht gezogen werden. Wird die Zuteilung unüberlegt vorgenommen, drohen Umklassierungen in nachfolgenden Verwaltungsrechnungen, welche die Vergleichbarkeit vor allem im Bereich der Abschreibungen einschränken. Dies gilt es zu verhindern.
Text erschienen im EXPERT FOCUS 9/2015