Abschaffung des Eigenmietwertes: Jetzt oder nie!
Im vergangenen Jahr hat sich die Wirtschaftskommission des Ständerates auf die Eckpunkte zur Abschaffung des Eigenmietwertes geeinigt. Die Chancen auf einen baldigen Systemwechsel stehen so gut wie nie.
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Eigenmietwert: eine Schweizer Besonderheit
Der Eigenmietwert wird Wohneigentümern angelastet, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen. Theoretisch entspricht er den Einnahmen, die ein Eigentümer erzielen könnte, wenn er seine Liegenschaft vermieten würde. Dieses «fiktive Einkommen» muss der Eigentümer versteuern. Auf der Gegenseite stehen ihm steuerliche Abzüge für Hypothekarzinsen und Unterhaltskosten zu. Dieses System ist einzigartig auf der ganzen Welt und gibt es nur in der Schweiz.
Politischer Zankapfel
Seit mehreren Jahrzehnten sorgt die Forderung nach der Abschaffung des Eigenmietwertes für politischen Zündstoff. In diversen Vorstössen und auch Volksabstimmungen konnte die Abschaffung jedoch nie eine Mehrheit gewinnen.
In Bern waren sich die Politiker von links bis rechts zwar grundsätzlich stets einig, dass dieses „unsinnige Konstrukt“ abzuschaffen sei, über die Details herrschte jedoch nie Konsens. So forderten die bürgerlichen Parteien beispielsweise die Abschaffung des Eigenmietwertes, ohne jedoch den steuerlichen Abzug der Hypothekarzinsen und der Unterhaltskosten zu streichen. Für die Linken wiederum wäre eine Abschaffung, wenn überhaupt, nur akzeptabel gewesen, sofern auch die entsprechenden Abzüge weggefallen wären (sogenannter „reiner Systemwechsel“).
Im Volk waren und sind die Meinungen genauso vielschichtig wie in Bern. Dazu kommt, dass die Anliegen von Wohneigentümern in einem Volk von Mieterinnen und Mietern grundsätzlich einen schweren Stand haben.
Eine hoffnungsvolle Initiative
Im 2017 stimmten die Wirtschaftskommissionen des National- und des Ständerates einer parlamentarischen Initiative zu, die nun einen „haushaltsneutralen“ Systemwechsel anstrebt.
Mittlerweile hat sich die Wirtschaftskommission des Ständerats auf die Eckpunkte der Reform geeinigt. Demnach soll bei selbstbewohnten Liegenschaften nebst dem Eigenmietwert auch der Steuerabzug für Liegenschaftsunterhalt fallen. Lediglich die kantonalen Steuergesetze können weiterhin Abzüge für Energiespar- und Umweltinvestitionen vorsehen. Der Abzug von Hypothekarzinsen soll weiterhin zugelassen sein, darf jedoch die steuerbaren Vermögenserträge (z.B. Zins-, Dividenden- und Mieterträge) nicht übersteigen. Nach geltendem Recht darf der Schuldzinsenabzug die Vermögenserträge um bis zu CHF 50‘000 übersteigen. Schliesslich ist ein zusätzlicher, jedoch zeitlich und betragsmässig begrenzter Schuldzinsenabzug für Ersterwerbende von selbstgenutztem Wohneigentum vorgesehen. Damit möchte die Kommission dem Verfassungsauftrag zur Wohneigentumsförderung Rechnung tragen und gewährleisten, dass sich auch Junge ein Eigenheim leisten können.
All diese Änderungen sind jedoch nur für selbstbewohntes Wohneigentum am Hauptwohnsitz vorgesehen und gelten nicht für Ferienwohnungen. Hier bleibt das System unverändert.
Jetzt oder nie
Die konkrete Vorlage zur Gesetzesrevision soll bereits im ersten Quartal dieses Jahres für die Vernehmlassung bereit sein. Der Abschaffung des Eigenmietwertes stimmen grundsätzlich alle Parteien und Verbände zu. Mit den definierten Eckpunkten liegt zudem erstmals auch ein ausgeglichener und überaus fairer Kompromiss und somit gangbarer Weg zur Abschaffung des Eigenmietwerts vor. Die Chancen für einen Systemwechsel stehen daher so gut wie nie!