Hausrat oder steuerbare Kapitalanlage?
Wer in seinem Hausrat einzelne „wertvolle“ Gegenstände hat, muss diese deklarieren. Andernfalls begeht er möglicherweise Steuerhinterziehung und wird belangt.
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Bis vor einigen Jahren durfte davon ausgegangen werden, dass Kunstgegenstände und Schmuck aller Art – als Bestandteil der Wohnungseinrichtung – zum steuerfreien Hausrat gehören, wenn sie in der privaten Wohnung genutzt werden und es sich nicht um eine Sammlung oder zwecks Kapitalanlage erworbene Gegenstände handelt. Diese meist erkennbare Grenze zwischen steuerfrei und steuerbar wurde im Jahre 2014 durch das Zürcher Verwaltungsgericht im viel diskutierten «Giacometti-Entscheid» verwischt, wonach auch Einzelobjekte des Hausrats als steuerbare Kapitalanlage qualifiziert werden können.
Der «Giacometti-Entscheid»
Die Geschichte beginnt in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts, als der Vater der Steuerpflichtigen ein Ölgemälde des damals noch unbekannten Malers Giovanni Giacometti erstand. Vor etwa dreissig Jahren erbte die Tochter das Bild zum damaligen Wert von ca. CHF 45‘000 und weil es ihr gefiel, hängte sie es an die Küchenwand ihrer Wohnung. Die Besitzerin hat das Bild entsprechend der Wegleitung zur Steuererklärung nicht deklariert, denn darin wird bloss eine Deklarationspflicht für Gemäldesammlungen verlangt. Da es sich bei einem einzigen Bild kaum um eine Gemäldesammlung handeln kann, sah die Steuerpflichtige in ihrem nicht ganz wertlosen Gemälde einen nicht deklarationspflichtigen Hausratsgegenstand. Mehrere Jahrzehnte später und im Zuge einer allgemein gewachsenen Nachfrage hatte das Bild erheblich an Wert zugelegt. Die Besitzerin erwog den Verkauf, liess das Gemälde 2007 schätzen und gab es in eine Auktion. Zur grossen Überraschung aller erzielte es dort den sagenhaften Verkaufserlös von CHF 2 Millionen. Doch auch die nächste Überraschung liess nicht auf sich warten: Das kantonale Steueramt eröffnete ein Nachsteuer- und Bussenverfahren wegen Steuerhinterziehung. Denn, wie sich aus dem Verkaufserlös ergebe, habe das Bild nicht zur steuerfreien Wohnungseinrichtung gehört, sondern hätte als „übriger Vermögenswert“ deklariert werden müssen - eine Auffassung, die auch das Zürcher Verwaltungsgericht vertrat, an welches sich die Besitzerin anschliessend wandte.
Kapitalanlage: Abgrenzung zum steuerfreien Hausrat
Gemäss den Steuergesetzen des Bundes und der Kantone unterliegt grundsätzlich das gesamte Reinvermögen der Vermögenssteuer. Explizit ausgenommen von der Besteuerung als Vermögen ist jedoch der Hausrat.
Dem Hausrat zuzuordnen sind gemäss langjähriger und bewährter Praxis Gegenstände, die dem Wohnzweck dienen, sich im Haus befinden und zur üblichen Einrichtung einer Wohnung gehören, also Gebrauchsgegenstände des Alltags wie Möbel, Teppiche, Bilder, Kücheneinrichtung. Zum Hausrat zu rechnen sind auch die persönlichen Effekten des Steuerpflichtigen wie Kleider, Uhren, Schmuck. Gewisse Gegenstände – wie Bilder oder Schmuck – können sowohl steuerfreier Hausrat als auch steuerbare Kapitalanlage sein. Entscheidend ist, ob solche Vermögensgegenstände in erster Linie Wohnzwecken bzw. dem persönlichen Gebrauch dienen oder ob der Kapitalanlagecharakter vorherrscht. Dabei ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen, insbesondere auf die Zweckbestimmung der Gegenstände, die konkrete Verwendungsart, die finanziellen Verhältnisse des Steuerpflichtigen oder die Ausstattung des Hauses.
Im oben erwähnten Urteil bringt das Gericht nun jedoch auch den Verkehrswert als Zuteilungskriterium ins Spiel und hält dabei folgendes fest: „Überschreitet der Verkehrswert eines Alternativgutes (meinend Gegenstände, die sowohl Hausrat als auch Kapitalanlage sein können) eine gewisse Höhe, gehört es ungeachtet der konkreten Nutzung des Steuerpflichtigen nicht mehr zur üblichen Einrichtung einer Wohnung, sondern muss als Vermögen versteuert werden“. Dabei unterlässt das Gericht jedoch eine Präzisierung des steuerbegründenden Tatbestandselements der „gewissen Höhe“ und es bleibt unklar, ob es sich dabei um absolute oder ins Verhältnis zum gesamten Vermögen zu setzende Limiten handeln soll. Zudem lässt sich dem Urteil auch nicht entnehmen, was als Alternativgut qualifiziert bzw. ob es sich dabei lediglich um Kunst und Schmuck oder auch antike Möbel oder Orientteppiche handeln kann.
Fazit und Verhaltensempfehlung
Mit dem Entscheid hat das Gericht eine bewährte und langjährige Praxis zur Klassifizierung von Vermögenswerten unreflektiert über Bord geworfen und somit zweifellos Rechtsunsicherheit geschaffen. Es ist leider anzunehmen, dass die kantonalen Steuerämter – gestützt auf dieses Urteil – in vergleichbaren Fällen ebenfalls Nachsteuer- und evtl. sogar Bussenverfahren eröffnen werden, sobald sie Kenntnis vom Vorhandensein einzelner Einrichtungsgegenstände (Alternativgüter!) mit einem (gewissen!) Verkehrswert erhalten. In Schwierigkeiten gerät daher, wer in seinem Hausrat einzelne „wertvolle“ Gegenstände hat, diese nicht deklariert und somit möglicherweise Steuerhinterziehung begeht.
Eine Möglichkeit, Steuerhinterziehung auszuschliessen, besteht darin, unter dem Titel „Hausrat“ eine Liste aller Gegenstände anzufertigen, die einen substantiellen Veräusserungswert haben oder haben könnten und
- ihnen einen Verkehrswert zuzuordnen oder
- mit „Verkehrswert unbekannt“ zu vermerken.
Somit liegt die Beurteilung hinsichtlich der Klassifikation (Hausrat oder steuerbare Kapitalanlage) sowie der Bewertung des Gegenstandes beim kantonalen Steueramt.