Die Geldwäschereigesetzgebung wird neu auf den Nichtfinanzsektor ausgeweitet
Mit den neuen Geldwäsche Regeln, welche am 1. Januar 2016 in Kraft treten, verlässt die Geldwäschereiprävention zum ersten Mal den klassischen Finanzsektor. Neu unterliegen Bargeldtransaktionen ab CHF 100‘000.- bei Kaufgeschäften sowie virtuelle Währungen der Geldwäschereigesetzgebung.
Die sog. Unterstellung der Händlerinnen und Händler unter das Geldwäschereigesetz (GWG) war Gegenstand langer Diskussionen im Parlament und in der Politik. Ursprünglich wurde die Unterstellung des Immobilienhandels unter das GWG gefordert[1], welche dann schliesslich in den generellen Bargeldvorschriften bei Kaufgeschäften mündeten.
Damit müssen Händlerinnen und Händler bei Barzahlungen über CHF 100‘000.- Sorgfaltspflichten wie Finanzintermediäre einhalten. Damit werden neu insbesondere Auktions-, Immobilien-, Kunst-, Edelstein- und Edelmetallgeschäfte erfasst. Von der Unterstellung nicht erfasst sind hingegen Mäkler nach Artikel 412 ff. OR, welche lediglich die Gelegenheit zum Vertragsabschluss nachweisen oder den Abschluss eines Vertrages vermitteln[2].
Im Gegensatz zum Finanzsektor benötigen Händlerinnen und Händler zwar keine Bewilligung, wenn sie Barzahlungen über CHF 100‘000.- akzeptieren wollen. Sie müssen aber eine Revisionsstelle mit der Prüfung der Einhaltung ihrer Pflichten beauftragen[3]. Als Revisionsstelle beauftragt werden können staatlich beaufsichtigte Revisionsunternehmen[4]. Händlerinnen und Händler können den neuen Sorgfaltspflichten entgehen, wenn sie Zahlungen von Kunden von mehr als CHF 100‘000.- im Rahmen eines Handelsgeschäftes nicht in bar entgegennehmen, sondern sich über einen Finanzintermediär überweisen lassen[5].
Was heisst das nun konkret für Händlerinnen und Händler? Bei Bargeldtransaktionen von mehr als CHF 100‘000.- sind weitgehend dieselben Sorgfaltspflichten wie diejenigen der Finanzintermediäre einzuhalten. Es sind dies:
Darüber hinaus müssen sie in folgenden Fällen sogar die Hintergründe und den Zweck eines Geschäfts abklären, wenn:
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Es ungewöhnlich erscheint, es sei denn, seine Rechtmässigkeit ist erkennbar
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Anhaltspunkte vorliegen, dass Vermögenswerte aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen nach Artikel 305bis Ziff. 1bis StGB herrühren oder der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation (Art. 260ter Ziff. 1 StGB) unterliegen[7].
Die Sorgfaltspflichten gelten für Händerinnen und Händler auch dann, wenn die Barzahlung in mehreren Tranchen erfolgt und die einzelnen Tranchen unter CHF 100‘000.- liegen, zusammengezählt diesen Betrag jedoch überschreiten[8].
Neu werden auch virtuelle Währungen von der Geldwäschereiverordnung-FINMA erfasst[9]. Eine virtuelle Währung ist eine digitale Darstellung eines Wertes, welche im Internet handelbar ist und zwar Funktionen von Geld übernimmt – sie können als Zahlungsmittel für reale Güter und Dienstleistungen verwendet werden – jedoch nirgendwo als gesetzliches Zahlungsmittel akzeptiert wird. Diese Währungen haben eine eigene Denomination. Sie unterscheiden sich von E-Geld folglich insofern, dass diese Währungen nicht durch ein gesetzliches Zahlungsmittel unterlegt sind. Virtuelle Währungen existieren lediglich als digitaler Code und haben deswegen auch kein materialisiertes Gegenstück beispielsweise in Form von Münzen oder Noten. Aufgrund der Handelbarkeit sind virtuelle Währungen als Vermögenswert einzuordnen[10]. Prominentestes Beispiel einer virtuellen Währung ist der Bitcoin, eine sogenannte Kryptowährung, deren Zahlungssystem auf einem digitalen „Peer-to-Peer“ Netzwerk beruht. Jede Person, die im Besitze eines mit dem Internet verbundenen Rechners ist, kann sich dem Netzwerk anschliessen[11]. Andere Beispiele sind Ripple, Life Coin, Web Money Units, Second Life Linden, Amazon Coins, Q Coins und World of Warcraft Gold.
Was heisst das nun konkret? Die Sorgfaltspflichten für die Übertragung von virtuellen Währungen werden denjenigen der Geld- und Wertübertragung gleichgestellt. Damit werden die virtuellen Währungen indirekt dem GwG unterstellt. Die Sorgfaltspflichten des GwG wie Identifikation des Vertragspartners, Feststellung der wirtschaftlich berechtigen Person etc. sind ab dem 1. Januar 2016 auch im Umgang mit virtuellen Währungen anwendbar. Insbesondere werden sich die neuen Sorgfaltspflichten auf Online-Händler, welche Bitcoins als Zahlungsmittel akzeptieren, auswirken. Gemäss Art. 52 Abs. 1 nGwV-FINMA ist die Vertragspartei bei Geld- und Wertübertragungen von der Schweiz ins Ausland in jedem Fall zu identifizieren. Bei Geld- und Wertübertragungen vom Ausland in die Schweiz ist die Zahlungsempfängerin oder der Zahlungsempfänger zu identifizieren, wenn eine oder mehrere Transaktion, die miteinander verbunden erscheinen, den Betrag von CHF 1‘000.- übersteigen. Liegen Verdachtsmomente für mögliche Geldwäscherei oder Terrorismusfinanzierung vor, so ist der Empfänger der Geld- und Wertübertragung in jedem Fall zu identifizieren (Art. 52 Abs. 2 nGwV-FINMA):
Die Tatsache, dass Bitcoins hauptsächlich über das World Wide Web abgewickelt werden, erschwert jedoch die effiziente Erfassung unter dem Gesichtspunkt des GwG. Es wird sich in der Praxis deshalb zeigen, inwiefern die neuen Geldwäschereivorschriften sich auf den Handel mit virtuellen Währungen auswirken wird.
[1] Botschaft zur Umsetzung der 2012 revidierten Empfehlungen der Groupe d’action financière (GAFI) vom 13. Dezember 2013, BBl 2014 605 (zit. Botschaft), S. 627
[2] Erläuterungsbericht zur Geldwäschereiverordnung (GwV) – Umsetzung der GAFI-Empfehlungen (zit. Erläuterungsbericht), S. 7/23.
[3] Art. 15 Abs. 1 nGwG
[4] Art. 15 Abs. 2 nGwG
[5] Art. 8a Abs. 4 nGwG
[6] Art. 8a Abs. 1 nGwG
[7] Art. 8a Abs. 2 nGwG.
[8] Art. 8a Abs. 3 GwG
[9] Art. 52 i.V.m. Art. 2 lit. c Geldwäschereiverordnung-FINMA (GwV-FINMA)
[10] Bericht des Bundesrates zu virtuellen Währungen in Beantwortung der Postulate Schwaab (13.3687) und Weibel (13.4070) (zit. Bericht des Bundesrates), Par. 2.2.1 S. 7
[11] Bericht des Bundesrates, Par. 2.2.2 S. 8