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Die STAF-Vorlage - Kuhhandel oder Problemlösung?
Am 19. Mai 2019 stimmen wir über das Bundesgesetz zur Steuerreform und AHV-Finanzierung (STAF) ab.
Frage
Welche Konsequenzen hätte die STAF-Vorlage bei einem Ja oder Nein an der Urne?
Antwort
Ziele der STAF
Aufgrund des seit Jahren bestehenden Drucks der EU und der OECD ist die Schweiz gezwungen, ihre bisherigen Steuerregimes abzuschaffen (Holdinggesellschaften, Domizilgesellschaften, gemischte Gesellschaften etc.). Tut sie das nicht, wird sie unter Umständen auf eine «schwarze Liste» gesetzt mit der Folge möglicher Sanktionen. Der erste Anlauf zur Abschaffung der bisherigen Steuerregimes scheiterte im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III an der Urne.
Die fiskalische Bedeutung von bislang privilegiert besteuerten Gesellschaften ist unbestritten. Diese Gesellschaften tragen zu rund 50% der Einnahmen von juristischen Personen bei der direkten Bundessteuer bei (2016 über CHF 5 Mrd.!). Daneben haben diese Gesellschaften einen enorm positiven Effekt auf die Schweizer Volkswirtschaft (Gewerbe, Arbeitsplätze, Steuereinnahmen von natürlichen Personen, AHV-Beiträge etc.). Würden die bisherigen Steuerregimes ersatzlos abgeschafft werden, hätte dies Wegzüge und Verlagerungen von Steuersubstrat ins Ausland zur Folge. Auch die vorliegende STAF-Vorlage soll – wie bereits die gescheiterte Unternehmenssteuerreform III – Möglichkeiten schaffen, diese Gesellschaften in der Schweiz zu halten.
Inhalte der STAF
Zur Abfederung der Folgen beim Wegfall bisheriger Steuerregimes ist eine breite Palette von Massnahmen vorgesehen:
Patentbox
Auf Kantonsebene soll eine Patentbox eingeführt werden, die eine gemilderte Besteuerung von Erträgen aus Patenten und anderen Immaterialgüterrechten vorsieht. Die Box darf allerdings nur Erträge erfassen, die auf inländische Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten zurückgeführt werden können (so genannter «Nexus Approach»). Software fällt nur noch darunter, wenn sie integraler Bestandteil einer patentierten Erfindung ist (sogenannte «computerimplementierte Erfindung») oder im Ausland patentiert wurde. Es ist den Kantonen überlassen, in welchem Umfang sie die Ermässigung in ihr kantonales Recht übernehmen wollen. Die Entlastung darf dabei maximal 90% betragen.
Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen
Forschungs- und Entwicklungskosten, die im Inland angefallen sind, sollen im Umfang von bis zu 150% vom steuerbaren Gewinn in Abzug gebracht werden können. Die Einführung dieses Überabzugs ist für die Kantone fakultativ. Die Basis für den zusätzlichen Abzug sind
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Personalkosten, die in direktem Zusammenhang mit den - vom Steuerpflichtigen in der Schweiz durchgeführten – Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen stehen,
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zuzüglich eines Zuschlags von 35% für übrige Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen,
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jedoch höchstens die gesamten Forschungs- und Entwicklungskosten oder 80% der Kosten für Forschung und Entwicklung, die von Dritten in der Schweiz erbracht und in Rechnung gestellt werden.
Eigenkapitalzinsabzug
Der im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III vorgesehene Eigenkapitalzinsabzug soll nur noch für den Kanton Zürich eingeführt werden. Für Zürcher Gesellschaften wird der steuerbare Gewinn um einen fiktiven Eigenkapitalzins reduziert. Mit dieser Massnahme sollen vor allem eigenkapitalstarke Gesellschaften eine Reduktion der Gewinnsteuer erfahren.
Für all diese Massnahmen zusammen soll die maximale Entlastung auf Stufe der Kantonssteuer 70% betragen.
Weiter sind spezielle Übergangsregelungen enthalten, die es den Kantonen erlauben, Überbesteuerungen beim Wechsel zur ordentlichen Besteuerung zu vermeiden. Im Kanton Schwyz sollen die vorgesehenen Massnahmen voraussichtlich im vollen Umfang genutzt werden können.
Kapitalsteuer
Den Kantonen wird ermöglicht, fakultative Entlastungen bei der Kapitalsteuer auf Beteiligungen, Patente und vergleichbare Rechte sowie auf konzerninterne Darlehen vorzunehmen.
Kapitaleinlagen
Beim Kapitaleinlageprinzip wird eine Rückzahlungs- und Teilliquidationsregel für an schweizerischen Börsen kotierte Unternehmen eingeführt. Grundsätzlich wird eine steuerfreie Ausschüttung aus Kapitaleinlagereserven künftig nur noch dann zulässig sein, wenn gleichzeitig steuerbare Dividenden in gleicher Höhe ausgeschüttet werden. Für nicht börsenkotierte Gesellschaften bleiben die heute gültigen Regeln unverändert bestehen.
Steuersatzanpassungen
Trotz aller angeführten Massnahmen können nicht alle bislang privilegiert besteuerten Gesellschaften ihre Steuersätze so tief halten wie bisher (z.B. Rohstoffhändler). Deshalb sind in vielen Kantonen allgemeine Steuersatzreduktionen unumgänglich und auch geplant. Damit die Kantone ihre Steuersätze senken können, ist vorgesehen, den Kantonsanteil an den direkten Bundessteuern auf 21.2% zu erhöhen (heute 17%).
Zur Finanzierung all dieser Massnahmen und als Ausgleichsmassnahme wird die Dividendenbesteuerung auf qualifizierten Beteiligungen (mind. 10%) auf Stufe Bund auf 70% erhöht (heute 60%). Die Kantone müssen die Dividenden neu mindestens im Umfang von 50% besteuern.
Ausserdem wird der Tatbestand der sogenannten «Transponierung» ausgeweitet. Während nach geltendem Recht eine Privatperson eine Beteiligung von unter 5% an eine von ihr beherrschte Gesellschaft steuerfrei verkaufen konnte, soll dies künftig nicht mehr möglich sein.
AHV-Finanzierung
Um das neue Massnahmenpaket mehrheitsfähig zu machen, hat das Parlament die Steuerreform mit der AHV-Finanzierung verknüpft. Die Idee dabei ist, dass die Betragshöhe des möglichen «Steuerausfalls» der AHV zufliessen soll. Hierzu ist vorgesehen, dass jährlich rund 2 Mrd. Franken in Form von Lohnprozenten (total 0.3%) und von allgemeinen Bundesmitteln der AHV zufliessen.
Bedeutung der STAF für den Standort Schweiz
Da es im Rahmen der letzten Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform III leider nicht gelungen ist, die Bevölkerung von der Notwendigkeit der Anpassung des Schweizerischen Unternehmenssteuerrechts zu überzeugen, ist die nun zur Abstimmung gelangende Vorlage die letzte Chance, ein ausgewogenes Massnahmenpaket zu beschliessen. Unbestritten ist die fiskal- und volkswirtschaftliche Bedeutung der privilegiert besteuerten Gesellschaften. Ebenso unbestritten ist die Tatsache, dass die Schweiz diese Steuerprivilegien abschaffen muss. Der vorgesehene Mix aus Spezialinstrumenten und allgemeinen Steuersatzsenkungen ist zu begrüssen. Nur mit den vorgesehenen Spezialinstrumenten können noch weitergehende Steuersatzsenkungen vermieden werden. Es leuchtet auch ein, dass mobile, bislang mit rund 9–12% besteuerte Gesellschaften künftig nicht einfach so das Doppelte an Gewinnsteuern bezahlen werden. Kantone wie Waadt oder Genf haben dies bereits erkannt und wesentliche Gewinnsteuersatzsenkungen beschlossen oder sind aktuell daran, solche zu beschliessen. Es geht hier also einzig um den Erhalt des Steuersubstrats in der Schweiz, aber auch um den Erhalt der direkt und indirekt damit verbundenen Arbeitsplätze.
Die Verknüpfung der Steuerreform mit der AHV-Finanzierung ist aus staatspolitischer Sicht sicher nicht unproblematisch. Allerdings ist dies die letzte Gelegenheit, einen Kompromiss zu finden, der im Parlament als mehrheitsfähig erachtet wurde. Es bleibt keine Zeit mehr, weitere Varianten oder Kombinationen mit anderen sozialpolitischen Ausgleichsmassnahmen zusammenzustellen. Zudem gab es zu keiner Zeit Vorschläge, die von links bis rechts akzeptiert worden wären. Die Verknüpfung der Unternehmenssteuerreform mit der AHV ist nicht gänzlich sachfremd, da die AHV seit jeher auch mit Steuermitteln finanziert wird. Wenn es gelingt, die betroffenen Unternehmen – und damit auch das Steuersubstrat – in der Schweiz zu halten, dann kann die «Investition» in die AHV auch als «gute Kapitalanlage» betrachtet werden. Somit wären die Steuermittel auch für die Zukunft gesichert.
Was passiert bei einem Nein?
Sollte es am 19. Mai zu einem Nein an der Urne kommen, bleibt nur noch wenig Zeit, die bisherigen Steuerregimes abzuschaffen. Noch in diesem Jahr würde dem Parlament eine «Mini-Steuervorlage» vorgelegt werden. Diese Vorlage würde die Abschaffung der verpönten Steuerprivilegien, gewisse Übergangsregeln sowie die Erhöhung der Bundesbeiträge für die Kantone beinhalten. Weitere Instrumente dürften aber definitiv vom Tisch sein. Dabei würde wohl ein Eilverfahren zur Anwendung kommen ohne grosse Vernehmlassung. Zudem würde der interkantonale Steuerwettbewerb stark befeuert werden. Es könnte zu Cluster-Bildungen von mobilen Gesellschaften – beispielsweise in den Kantonen Zug oder Ob-/Nidwalden – kommen. Äusserst schlecht aber wäre die Signalwirkung eines Neins im Ausland.
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© iStock.com/Andrii Yalanskyi
Bedeutung der STAF für den Standort Schweiz
Da es im Rahmen der letzten Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform III leider nicht gelungen ist, die Bevölkerung von der Notwendigkeit der Anpassung des Schweizerischen Unternehmenssteuerrechts zu überzeugen, ist die nun zur Abstimmung gelangende Vorlage die letzte Chance, ein ausgewogenes Massnahmenpaket zu beschliessen. Unbestritten ist die fiskal- und volkswirtschaftliche Bedeutung der privilegiert besteuerten Gesellschaften. Ebenso unbestritten ist die Tatsache, dass die Schweiz diese Steuerprivilegien abschaffen muss. Der vorgesehene Mix aus Spezialinstrumenten und allgemeinen Steuersatzsenkungen ist zu begrüssen. Nur mit den vorgesehenen Spezialinstrumenten können noch weitergehende Steuersatzsenkungen vermieden werden. Es leuchtet auch ein, dass mobile, bislang mit rund 9–12% besteuerte Gesellschaften künftig nicht einfach so das Doppelte an Gewinnsteuern bezahlen werden. Kantone wie Waadt oder Genf haben dies bereits erkannt und wesentliche Gewinnsteuersatzsenkungen beschlossen oder sind aktuell daran, solche zu beschliessen. Es geht hier also einzig um den Erhalt des Steuersubstrats in der Schweiz, aber auch um den Erhalt der direkt und indirekt damit verbundenen Arbeitsplätze.
Die Verknüpfung der Steuerreform mit der AHV-Finanzierung ist aus staatspolitischer Sicht sicher nicht unproblematisch. Allerdings ist dies die letzte Gelegenheit, einen Kompromiss zu finden, der im Parlament als mehrheitsfähig erachtet wurde. Es bleibt keine Zeit mehr, weitere Varianten oder Kombinationen mit anderen sozialpolitischen Ausgleichsmassnahmen zusammenzustellen. Zudem gab es zu keiner Zeit Vorschläge, die von links bis rechts akzeptiert worden wären. Die Verknüpfung der Unternehmenssteuerreform mit der AHV ist nicht gänzlich sachfremd, da die AHV seit jeher auch mit Steuermitteln finanziert wird. Wenn es gelingt, die betroffenen Unternehmen – und damit auch das Steuersubstrat – in der Schweiz zu halten, dann kann die «Investition» in die AHV auch als «gute Kapitalanlage» betrachtet werden. Somit wären die Steuermittel auch für die Zukunft gesichert.
Was passiert bei einem Nein?
Sollte es am 19. Mai zu einem Nein an der Urne kommen, bleibt nur noch wenig Zeit, die bisherigen Steuerregimes abzuschaffen. Noch in diesem Jahr würde dem Parlament eine «Mini-Steuervorlage» vorgelegt werden. Diese Vorlage würde die Abschaffung der verpönten Steuerprivilegien, gewisse Übergangsregeln sowie die Erhöhung der Bundesbeiträge für die Kantone beinhalten. Weitere Instrumente dürften aber definitiv vom Tisch sein. Dabei würde wohl ein Eilverfahren zur Anwendung kommen ohne grosse Vernehmlassung. Zudem würde der interkantonale Steuerwettbewerb stark befeuert werden. Es könnte zu Cluster-Bildungen von mobilen Gesellschaften – beispielsweise in den Kantonen Zug oder Ob-/Nidwalden – kommen. Äusserst schlecht aber wäre die Signalwirkung eines Neins im Ausland.
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