Steuerliche Bewertung von nicht-kotierten AGs und GmbHs
Da bei nicht-kotierten Kapitalgesellschaften (AG und GmbH) in der Regel keine massgebenden Drittpreise vorliegen, muss der Verkehrswert für die Belange der Vermögenssteuer auf andere Weise ermittelt werden. Hierzu wenden die Steuerverwaltungen schematische Formelmethoden an.
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Frage
Wie werden nicht-kotierte Kapitalgesellschaften bewertet?
Das Kreisschreiben Nr. 28 der Schweizerischen Steuerkonferenz (KS SSK 28) hält fest, wie die Steuerverwaltungen nicht-kotierte Kapitalgesellschaften bewerten. Diese Bewertungsrichtlinien werden von den Steuerverwaltungen und der Rechtsprechung in der Regel konsequent angewendet. Die Erfahrungen in der Praxis zeigen jedoch, dass die Anwendung der schematischen Berechnungsformeln in Kombination mit einem zu tiefen Kapitalisierungszinssatz vielfach überhöhte Vermögenssteuerwerte ergeben. Beim Verkauf einer Gesellschaft können diese Vermögenssteuerwerte bei vielen KMU – insbesondere bei personenbezogenen Gesellschaften – kaum erzielt werden. Doch dazu später mehr.
Handels-, Industrie- und Dienstleistungsgesellschaften werden mit der so genannten «Praktikermethode» bewertet. Die Formel dazu lautet:
Verkehrswert = (2 × Ertragswert + 1 × Substanzwert) : 3
Der Ertragswert entspricht dem durchschnittlichen Reingewinn der letzten Jahre, multipliziert mit dem Kapitalisierungszinssatz von heute 7%. Für die Bestimmung des durchschnittlichen Reingewinns gibt es zwei Standardmodelle:
Modell 1: Die Jahresrechnungen der letzten beiden Jahre (n + n-1), wobei der Reingewinn des letzten Geschäftsjahres doppelt gewichtet wird.
Modell 2: Die Jahresrechnungen der letzten drei Jahre (n + n-1 + n-2), wobei alle Reingewinne einfach gewichtet werden.
Im Kanton Schwyz gilt das Modell 1 als Standardmodell. Steuerpflichtige können auf Antrag auch das Modell 2 wählen, müssen dieses dann jedoch für mindestens fünf Jahre beibehalten.
Die Gewinne der Jahresrechnungen müssen jeweils um steuerliche Korrekturen sowie um ausserordentliche Erträge und Aufwendungen korrigiert werden (Kapitalgewinne, Auflösung von Reserven, ausserordentliche Abschreibungen, Bildung von Rückstellungen für ausserordentliche Risiken etc.). Der Substanzwert entspricht dem Eigenkapital der Gesellschaft. Allfällige bekannte stille Reserven werden – unter Berücksichtigung der latenten Steuern von 15% – dem Eigenkapital zugerechnet.
Ein Berechnungsbeispiel:
Annahmen: durchschnittlicher Jahresgewinn CHF 100’000 / Eigenkapital CHF 200’000
Ertragswert = CHF 100’000 : 7% = CHF 1’428’571
[(2 × CHF 1’428’571) + CHF 200’000] : 3 = Verkehrswert CHF 1’019’047
Ein Unternehmen mit einem durchschnittlichen Gewinn von CHF 100’000 und einem Substanzwert von CHF 200’000 wird gemäss Praktikermethode mit einem Verkehrswert von CHF 1’019’047 bewertet. Dies bedeutet, dass für die Amortisation des Kaufpreises bei einem Kauf zu diesem Preis die Gewinne von mehr als 10 Jahren nötig wären. Wie bereits erwähnt, entspricht dies jedoch nicht den marktgängigen Kaufpreisermittlungsmethoden.
Die Steuerverwaltung des Kantons Schwyz gewährt auf Antrag die Anwendung der «Einmann-Gesellschaft-Methode», sofern
Bei der Anwendung dieser Methode kommt der Ertragswert nur einmal in die Formel:
Verkehrswert = (1 × Ertragswert + 1 × Substanzwert) : 2
Oder mit den oben verwendeten Zahlen:
Ertragswert = CHF 100’000 : 7% = CHF 1’428’571
(CHF 1’428’571 + CHF 200’000) : 2 = Verkehrswert CHF 814’285
In folgenden Fällen wird die Bewertung nur nach der Substanzwertmethode festgelegt (keine Berücksichtigung des Ertragswerts):
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Bei neugegründeten Gesellschaften erfolgt die Bewertung für das Gründungsjahr und die Aufbauphase (bis zum Vorliegen repräsentativer Ergebnisse) in der Regel zum Substanzwert.
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Reine Holding-, Vermögensverwaltungs- und Finanzierungsgesellschaften werden zum Substanzwert bewertet. Hat eine Gesellschaft eine Konzernrechnung erstellt, die von der Revisionsstelle geprüft und von der Generalversammlung genehmigt wurde, so wird der Unternehmenswert aufgrund der Konzernrechnung nach der Praktikermethode ermittelt. Die Gesellschaft, deren Aktien bewertet werden müssen, kann die Bewertung aufgrund der Konzernrechnung ablehnen und verlangen, dass die Bewertung auf der Basis des Abschlusses der Obergesellschaft und der Einzelbewertungen der Beteiligungen vorgenommen wird.
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Immobiliengesellschaften werden in der Regel zum Substanzwert bewertet. Unüberbaute und überbaute Grundstücke von Immobilien-Gesellschaften werden zum Verkehrswert bewertet; wenn dieser nicht bekannt ist zur amtlichen Schatzung oder zum kapitalisierten Ertragswert (Kanton Schwyz: Mietzinserträge mit 6% kapitalisiert), jedoch mindestens zum Buchwert. Falls Grundstücke zum Verkehrswert bewertet werden, beträgt der Abzug für latente Steuern 15% auf den stillen Reserven.
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In Liquidation stehende Gesellschaften werden ebenfalls zum Substanzwert bewertet.
Für Beteiligungen bis und mit 50% des Kapitals wird ein Abzug von 30% gewährt (so genannter «Pauschalabzug für vermögensrechtliche Beschränkungen»). Damit wird dem beschränkten Einfluss von Minderheitsaktionär/-innen auf die Geschäftsleitung sowie auf die Beschlüsse der Generalversammlung Rechnung getragen. Erhalten die Gesellschafter/-innen jedoch eine angemessene Dividende, so wird dieser Abzug nicht gewährt. In den letzten Jahren wurde eine Dividende in der Höhe von 1% des Verkehrswerts bereits als angemessen beurteilt. Somit wird auch bei angemessener Dividendenpolitik der Pauschalabzug leider ausgeschlossen.
Von den Formelwerten wird jedoch in folgenden Fällen abgewichen: Sofern bei nicht-kotierten Anteilen eine massgebliche Handänderung unter unabhängigen Dritten stattgefunden hat, gilt der entsprechend bezahlte Kaufpreis als Verkehrswert. Dasselbe gilt auch für Kapitalerhöhungspreise, die von Investoren bezahlt wurden. Als massgeblich gilt eine Transaktion von in der Regel mindestens 10% der Anteile. Die bezahlten Preise gelten solange, bis sich die wirtschaftliche Lage wesentlich verändert hat (in Bezug auf Gewinn, Umsatz etc.).
Welche Neuerungen gelten ab 2021?
Die neue Fassung des KS SSK 28 bringt zwei wesentliche Änderungen. Zum einen wird die Berechnung des Kapitalisierungszinssatzes geändert, zum anderen wird für die Bewertung von Start-up-Unternehmen eine Sonderregel eingeführt.
Bei Start-up-Unternehmen soll neu bis zum Vorliegen von repräsentativen Geschäftsergebnissen der Vermögenssteuerwert dem Substanzwert entsprechen. In der Aufbauphase wird nicht auf die von Investoren bei Finanzierungsrunden bezahlten Preisen abgestellt. Investorenpreise sind nur noch massgeblich, wenn sie nach Abschluss der Aufbauphase bezahlt werden. Als Start-up-Unternehmen gilt üblicherweise eine Gesellschaft mit einem innovativen (üblicherweise technologiegetriebenen) und skalierbaren Geschäftsmodell. Diese Änderung ist begrüssenswert, da während der Aufbauphase üblicherweise sehr hohe Investorenpreise bezahlt werden.
Der Kapitalisierungszinssatz bei der Praktikermethode wird neu aufgrund eines Gutachtens der Universität Zürich so berechnet, dass dem risikolosen Zinssatz eine Risikoprämie hinzugefügt wird, die das relevante spezifische Unternehmensrisiko und die Illiquidität berücksichtigen. Dies führt ab 2021 zu leicht höheren Zinssätzen. Unter der Annahme, dass der neue Kapitalisierungszinssatz 9% betragen könnte, ergäbe sich bei unserem Beispiel folgende Berechnung:
Ertragswert = CHF 100’000 : 9% = CHF 1’111’111
[(2 × CHF 1’111’111) + CHF 200’000] : 3 = Verkehrswert CHF 807’407
Der so berechnete Verkehrswert wäre also um CHF 211’640 bzw. 20.8% tiefer als derjenige mit 7% Kapitalisierungszinssatz. Die neu geltenden Zinssätze werden in absehbarer Zeit publiziert.
Fazit
Die auf 2021 eingeführte Anpassung des Kapitalisierungszinssatzes ist ein Schritt in die richtige Richtung. Vermutlich liegt der leicht erhöhte Zinssatz aber immer noch unter den effektiven Kapitalkosten und Renditeerwartungen, was wiederum zu überhöhten Verkehrswerten führt. Daher sollten beim Zinssatz weitere KMU-Zuschläge vorgenommen oder der Ertragswert weniger stark berücksichtigt werden.