Mit der Eigenständigkeit im Schweizer Steuerrecht ist es nicht mehr so weit her
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Die Bundesverfassung garantiert individuelle Grundrechte der Bürger. Für den Steuerbereich gilt der Gesetzesvorbehalt: Der Kreis der Abgabepflichtigen sowie der Gegenstand und die Bemessung der Abgaben muss in einem formellen Gesetz verankert sein (Art. 164 Abs. 1 lit. d) BV). Die Gesetze werden von der Bundesversammlung erlassen (Art. 163 Abs. 1 BV), unter Vorbehalt des Referendums durch das Volk (Art. 140 ff. BV).
Heute werden die Steuergesetze aber leider nicht mehr nur «in Bern» gemacht, sondern zum Teil im Rahmen der OECD, der G7, der G20 oder im Rahmen einer «Steuerkartellabsprache» von insgesamt 137 Ländern, die sich auf eine globale Mindestbesteuerung von international tätigen Unternehmen mit (aktuell) EUR 750 Mio. Gesamtumsatz in Höhe von 15% des Gewinns geeinigt haben.
Die Perspektive ist unerfreulich. Was derzeit bei EUR 750 Mio. Umsatzgrenze liegt, kann bald deutlich tiefer angesetzt werden. Der Steuersatz von 15% könnte auch nicht für alle Zeit sakrosankt bleiben. Wenn die Mindestbesteuerung für international tätige Unternehmen gelten soll, kann man sich fragen, weshalb ein Mindestsatz nicht auch bei national tätigen Unternehmen angewendet werden soll.
Rein formell wird der Bürger über die notwendige Anpassung der Bundesverfassung und der kantonalen Steuergesetzgebungen befinden können. Die materiellen Details werden aber von der OECD festgelegt und an «Bern» übermittelt werden.
Der Bundesrat springt auf den Zug der OECD auf und will diese Mindestbesteuerung in der Schweiz umsetzen, nach dem Motto: Wenn die ausländischen Staaten den Steuersatz bei multinationalen Unternehmen so anheben, dass eine Mindestbelastung von 15% resultiert, dann besteuern wir lieber gleich selber und schneiden uns ein Stück von diesem Steuerkuchen ab. Die Schweiz reiht sich damit nicht nur in dieses Steuerkartell ein, sondern gibt auch einen Teil ihrer Steuersouveränität ab.