Verwaltungsratsentschädigung im grenzüberschreitenden Verhältnis
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Unter einem Verwaltungsrat versteht man das oberste Leitungsorgan einer Gesellschaft. Dieser ist grundsätzlich für das Führen der Geschäfte verantwortlich. Er kann die Geschäftsführung jedoch auch an einzelne Verwaltungsratsmitglieder oder an Dritte delegieren. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird auf alternative Bezeichnungen des Verwaltungsrates (andere Bezeichnungen der grundsätzlich gleichen Funktionen in anderen Ländern) verzichtet.
Die Fälle, in denen in der Schweiz wohnhafte Personen Verwaltungsräte bei Gesellschaften im Ausland oder auch im Ausland wohnhafte Personen Verwaltungsräte in Schweizer Gesellschaften sind, werfen steuerrechtliche Fragen auf. In welchem Land muss die Verwaltungsratsentschädigung versteuert werden? Wie kann eine allfällige Doppelbesteuerung verhindert werden? Um diese Fragestellungen klären zu können, muss sowohl das Schweizer Steuerrecht als auch die internationalen Vereinbarungen (hier vorliegend der Einfachheit halber das OECD-Musterabkommen, auf welchem die meisten Doppelbesteuerungsabkommen beruhen) zu Rate gezogen werden.
Sämtliche Erwerbseinkünfte, die in der Schweiz steuerpflichtige Personen vereinnahmen, unterliegen grundsätzlich der Besteuerung in der Schweiz. Dazu gehören auch die Vergütungen als Verwaltungsrat. Solche Verwaltungsratsentschädigungen werden jedoch oftmals auch im ausländischen Quellenstaat besteuert, weshalb die Gefahr einer internationalen Doppelbesteuerung besteht. Eine solche soll im Idealfall durch ein anwendbares Doppelbesteuerungsabkommen beseitigt bzw. vermieden werden.
Falls eine im Ausland wohnhafte Person in einer Schweizer Gesellschaft als Verwaltungsrat fungiert, stellt sich die Frage, ob sie aufgrund der Tätigkeit eine beschränkte Steuerpflicht in der Schweiz begründet und folglich der Steuer in der Schweiz untersteht. Die Schweiz unterstellt hierbei Personen mit ausländischem Wohnsitz, welche ein Verwaltungsratsmandat in einer Schweizer Gesellschaft bekleiden, durch ausdrückliche Erwähnung im Gesetz einer beschränkten Steuerpflicht. Unter diese beschränkte Steuerpflicht fallen jedoch nur die Entschädigungen als Verwaltungsrat. Allfällige weitere Honorare aufgrund einer Anstellung in derselben oder einer anderen Gesellschaft oder auch Beratungshonorare und dergleichen sind von dieser Spezialnorm ausgenommen.
Nach den internationalen Normen (Art. 16 des OECD-Musterabkommen) sieht das Besteuerungsrecht bei Vergütungen von Verwaltungsräten grundsätzlich eine Steuerpflicht am Ort der Gesellschaft vor. Jedoch gilt es im internationalen Kontext auch abzugrenzen, ob die gesamte Vergütung als Verwaltungsratsentschädigung betrachtet werden kann oder ob es sich zu einem Teil auch um Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit handelt.
Diese Unterscheidung gestaltet sich nicht immer einfach, da verschiedene Systeme betreffend Verwaltungs- bzw. Aufsichtsratsfunktionen bestehen. Während ein Verwaltungsrat in der Schweiz sowohl als Verwaltungsrat aber auch als (unselbstständigerwerbender) Geschäftsführer fungieren kann, ist eine solche Doppelfunktion in anderen Ländern (wie z.B. Deutschland) nicht möglich. Falls sodann nur eine einzelne Vergütung entrichtet wird, stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zwischen der Verwaltungsrats- bzw. der Geschäftsführerentschädigung. Dies ist vor allem in Bezug auf den Ort der Besteuerung relevant, da grundsätzlich nur die Vergütungen für ein Verwaltungs- bzw. Aufsichtsratsmandat «in dessen Eigenschaft» von Art. 16 des OECD-Musterabkommen erfasst werden. Folglich werden Vergütungen, welche für andere Tätigkeiten erbracht werden, nicht von dieser Regelung erfasst.
Die Abgrenzung zwischen den Einkünften als Verwaltungsrat sowie denjenigen für andere Tätigkeiten muss nach dem jeweiligen nationalen Recht beurteilt werden. Falls die Abgrenzung in verschiedenen Staaten zu anderen Resultaten führt, müssen solche Qualifikationskonflikte durch die jeweils festgehaltenen Verständigungsvereinbarungen nach anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen geklärt werden. Falls hier keine Lösung gefunden werden kann, ist die Möglichkeit einer internationalen Doppel-(Nicht-)Besteuerung gegeben. Wir empfehlen deshalb, bei einer zeitgleichen Verwaltungsratstätigkeit sowie einer unselbständigen Erwerbstätigkeit in demselben Unternehmen, die Vergütungen vertraglich für die jeweilige Tätigkeitsgebiete gesondert festzuhalten und in der Folge diese Vergütungen auch separat abzurechnen und auszuweisen.