Personalrekrutierung in Zeiten des Fachkräftemangels
Der Fachkräftemangel ist in aller Munde. Diverse Branchen sind davon betroffen. Es resultieren Angebotskürzungen, Anpassungen der Öffnungszeiten bis hin zu Betriebsschliessungen. Ebenso in unserer Branche, Treuhand und Revision, macht sich der Fachkräftemangel stark bemerkbar – sowohl bei der Personalrekrutierung als auch bei der -fluktuation.
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Frage
Wie kann ein Unternehmen dem Fachkräftemangel entgegenwirken?
Antwort
Gründe für den Fachkräftemangel
Der Kampf um qualifizierte Fachkräfte ist gross. Die Gründe, wie es überhaupt zu einem solchen Fachkräftemangel kommen konnte, sind vielfältig und komplex. Die Globalisierung, der demografische Wandel, das Bildungssystem und die vermehrte Teilzeitbeschäftigung sind nur einige Gründe. Nichtsdestotrotz stellt es für die Unternehmen eine erhebliche Herausforderung dar, wenn keine passenden Bewerbungen eintreffen oder gar ausbleiben.
Vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt
Noch vor wenigen Jahren erhielten Unternehmen nach der Veröffentlichung einer Stellenanzeige zahlreiche Bewerbungen. Das Inserieren von Stellen als einzige Massnahme reicht mittlerweile längst nicht mehr aus.
Der Markt hat sich von einem Arbeitgeber- zu einem Arbeitnehmermarkt gewandelt. Das heisst, die Anzahl offener Stellen ist grösser als die Anzahl der Fachkräfte, die diese Stelle besetzen könnten. Dies führt dazu, dass Arbeitssuchende die Möglichkeit haben, zwischen mehreren Stellenangeboten zu verhandeln, Ansprüche zu stellen und schliesslich das beste Angebot auszuwählen. Diese Ausgangslage betrifft vor allem Stellen als Spezialisten, Personen mit vertieften Fachkenntnissen oder in Führungspositionen. In unserem Bereich sind das Stellen ab der Funktion des Mandatsleiters. Solche Vakanzen können teilweise länger als ein Jahr nicht besetzt werden, was die Mandatsübergabe, die fristgerechte Bearbeitung sowie das Aufrechterhalten des Fachwissens sehr erschweren.
Personalaufwand
Für Unternehmen bedeutet die aktuelle Arbeitsmarktsituation einen deutlichen Mehraufwand in der Personalabteilung. Pro potenziellen Kandidaten sind in der Regel mehrere Gespräche erforderlich, da der Fachkräftemangel Verhandlungsspielraum schafft. Häufig werden Führungspersonen in solche Gespräche eingebunden, was ihnen ebenfalls zusätzliche Zeit abverlangt. Schliesslich will jeder für sich das bestmögliche Angebot herausholen.
Inzwischen werden Stimmen laut, dass ein Mitarbeitergespräch pro Jahr nicht mehr genügt. Das Wohlbefinden der Mitarbeitenden ist wichtig und darf nicht unterschätzt werden. Einige Unternehmen setzen auf regelmässige 1:1-Gespräche, um im regen Austausch mit den Mitarbeitenden zu bleiben. Diese haben zwar nicht den gleichen Umfang wie das Jahresgespräch, ermöglichen aber bei Bedarf rasches Handeln.
Perspektivenwechsel
Uns ist es ein Anliegen, die Stellen schneller besetzen zu können. Aus diesem Grund haben wir uns intensiv mit der Thematik «Fachkräftemangel und mögliche Massnahmen» auseinandergesetzt. Jedes Unternehmen hat in Bezug auf seine Produkte/Dienstleistungen eine Vision, aus der sich die Strategie und die Ziele ableiten. Um diese Ziele zu erreichen, werden entsprechende Massnahmen eruiert und umgesetzt.
Bei der Suche nach Personal befinden wir uns in einem anderen Markt – dem Arbeitsmarkt – weg vom Produkt-/Dienstleistungs- hin zum Personal-Marketing. Dabei geht es um die Positionierung als Arbeitgeber und die Stärkung der Marke, auch bekannt als Employer Branding.
Employer Branding
Ziel eines Employer Brandings ist der Aufbau einer positiven Arbeitgebermarke, die das Unternehmen als attraktiven Arbeitsplatz positioniert und damit die Anziehungskraft auf qualifizierte Fachkräfte erhöht.
Anstatt sich mit dem Inserieren auf Jobportalen auszuruhen, müssen Arbeitgeber proaktiv auf geeignete Kandidaten/-innen zugehen. Dort präsent sein, wo sich die Zielgruppe aufhält – online sowie offline. Ausschlaggebend ist meistens nicht ein einziger Kontaktpunkt, sondern heutzutage erfolgt die Ansprache mehrmals bis das Interesse oder gar das Bewusstsein für einen Stellenwechsel geweckt wird.
Ebenfalls trägt ein gut etabliertes Employer Branding der Mitarbeiterbindung bei. Wenn sich Mitarbeitende mit den Werten und der Kultur des Unternehmens identifizieren können, bleiben sie länger und empfehlen im besten Fall die Firma als Arbeitgeber weiter.
Verantwortung
Die Verantwortung fürs Employer Branding liegt oft in der Personalabteilung (Human Ressources, HR) eines Unternehmens. Innerhalb der Personalabteilung kann es eine spezielle Rolle oder Abteilung geben, die sich auf diesen Themenbereich konzentriert.
Die Person oder das Team, welche/s für das Employer Branding zuständig ist, arbeitet eng mit anderen Abteilungen zusammen, hauptsächlich mit Marketing und Kommunikation. Gemeinsam entwickeln sie Strategien und definieren geeignete Massnahmen.
Es ist wichtig zu betonen, dass Employer Branding nicht nur eine Aufgabe der Personalabteilung ist. Die gesamte Organisation, insbesondere das Management und die Mitarbeitenden, tragen zur Gestaltung und Pflege der Arbeitgebermarke bei. Ein authentisches und positives Arbeitsumfeld, klare Unternehmenswerte und eine unterstützende Unternehmenskultur sind Schlüsselfaktoren für ein erfolgreiches Employer Branding.
Vorgehensweise
Die Erarbeitung und Einführung eines Employer Branding sollte als Projekt aufgesetzt werden und später in einen kontinuierlichen Prozess übergehen. Denn Employer Branding zielt darauf ab, eine langfristige und positive Reputation als Arbeitgeber aufzubauen und zu erhalten. Mitarbeiterbefragungen, Interviews oder Workshops sind sinnvoll, um die aktuelle Wahrnehmung des Unternehmens und dessen Kultur zu ermitteln. Zudem sollte recherchiert werden, wie externe Zielgruppen, Bewerbende oder die Öffentlichkeit über das Unternehmen berichten.
Die gesammelten Informationen verhelfen, eine klare Employer Value Proposition (EVP) zu erarbeiten. Hierbei handelt es sich um die einzigartigen Vorteile und Werte, die das Arbeiten im Unternehmen auszeichnen. Diese können sich auf die Vergütung, Arbeitsbedingungen, Entwicklungsmöglichkeiten oder Kultur beziehen. Die Begriffe sind zentral für die Employer Branding Kommunikation und werden wiederholt eingesetzt.
Fazit
Um dem Fachkräftemangel erfolgreich entgegenzuwirken, sollten Unternehmen ganzheitliche Strategien verfolgen. Das Beobachten des Arbeitsmarktes wie auch der Zielgruppe (aktuelle sowie potenzielle Mitarbeitende) ist essenziell, um zeitnah Optimierungen vornehmen zu können. Zwar kann mit Employer Branding der Fachkräftemangel nicht behoben werden, jedoch ist es ein wesentlicher Bestandteil der Strategie, damit umzugehen.