Revision – Eine (lästige) Pflichtübung oder aber ein Nutzen für die Unternehmung?
Seit 2008 kennt die Schweiz die eingeschränkte Revision und damit eine einfache, KMU-freundliche Form der Prüfung der Jahresrechnung, welche weltweit einzigartig ist. Trotz dieser idealen Lösung für eine unkomplizierte und kosteneffiziente Prüfung der Jahresrechnung existiert bei vielen KMU die grundsätzliche Haltung, dass sie keine Prüfung der Jahresrechnung benötigen. Der sich daraus ergebende Nutzen wird dabei oftmals übersehen.
© iStock.com/DragonImages
Frage
Welche Vorteile und welcher Nutzen sind mit der Durchführung einer eingeschränkten Revision respektive mit der Prüfung einer Jahresrechnung für ein KMU verbunden?
Antwort
Eine kurze Einführung ins Schweizer Revisionsrecht
Grundsätzlich sind alle Unternehmen in der Schweiz rechtsformunabhängig einer eingeschränkten Revision und somit der Prüfung ihrer Jahresrechnung unterstellt. Grössere Unternehmen im Sinne von Artikel 727 Obligationenrecht (OR) sind zur ordentlichen Revision verpflichtet. Diese Form der Prüfung der Jahresrechnung sieht zusätzliche Prüfungshandlungen sowie einen deutlich umfangreicheren Bericht der Revisionsstelle an die Generalversammlung vor. Nur für grosse KMU-Gesellschaften wird eine solche Prüfung jemals in Frage kommen (Schwellenwerte gemäss Art. 727 Abs. 1 Ziff. 2 OR: Bilanzsumme 20 Mio. CHF / Umsatz: 40 Mio. CHF / 250 Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt. Zwei der drei Werte müssen in zwei aufeinanderfolgenden Jahren überschritten werden).
Gesellschaften, welche im Jahresdurchschnitt weniger als zehn Vollzeitstellen haben, können sich mittels einer Opting-out-Erklärung des Verwaltungsrats, verbunden mit der Zustimmung sämtlicher Aktionäre, von der Prüfung ihrer Jahresrechnung befreien. Im Falle von Neugründung oder aber bei kleinen KMU wird diese Erklärung in vielen Fällen vom Verwaltungsrat zumeist automatisch und ohne eine vertiefte Nutzenabwägung abgegeben.
Zudem muss vermutet werden, dass nicht alle Gesellschaften, welche im Laufe der Jahre auch im Bereich der Mitarbeitenden wachsen, sich bewusst sind, dass sie bei Überschreitung von zehn Vollzeitstellen im Jahr bereits ihre Jahresrechnung wieder prüfen lassen müssen. Dies kann zu durchaus schmerzlichen rechtlichen Konsequenzen führen. Doch davon später mehr.
Das Wesen der eingeschränkten Revision
Die eingeschränkte Revision ist eine auf die Schweizer KMU-Landschaft und ihre Bedürfnisse ausgerichtete Form der Jahresabschlussprüfung. Der dieser Prüfungsform zugrunde liegende Standard wurde in der Schweiz entwickelt und wurde bewusst von den international geltenden und teilweise sehr komplexen Standards abgekoppelt. Die eingeschränkte Revision nutzt denn auch ein klar umrissenes, aber begrenztes Prüfungsinstrumentarium (in der Hauptsache Befragungen und analytische Verprobungen und Vergleiche). Das Ziel einer eingeschränkten Revision ist denn auch das Auffinden von wesentlichen Fehlern in der Jahresrechnung. Eine komplette Fehlerfreiheit der Jahresrechnung kann mit dieser Prüfungsart nicht garantiert werden – ist jedoch auch nicht das Ziel einer solchen Prüfung.
Was spricht für eine eingeschränkte Revision?
Bei KMU-Unternehmen wird die Buchführung regelmässig von einer Person betreut. Die Qualität und somit auch die Richtigkeit der Jahresrechnung hängt damit letztendlich von einer Person ab. Auch erfahrene Mitarbeitende im Bereich der Buchführung werden immer wieder Fragestellungen antreffen, die sie nicht sicher bearbeiten und beantworten können. Hier kann die Hilfe eines Spezialisten im Bereich der Bilanzierungs- und Bewertungsfragen durchaus hilfreich sein. Der Prüfer kann hier mit Rat und Tat helfen, die Fragestellung im Sinne des Gesetzgebers, aber schlussendlich auch des Unternehmens zu klären.
Diese Hilfestellung seitens des Prüfers gilt auch für die sich schnell und nicht immer einfach erkennbaren Anpassungen im gesetzlichen Umfeld. So ist es heute mehr als herausfordernd für eine einzelne Person, sich auf allen mit der Buchführung zusammenhängenden Gebieten à jour zu halten. Als Beispiele seien an dieser Stelle die Anpassungen im Bereich der MWST oder aber der direkten Steuern genannt. Auch hier kann der Prüfer Hilfestellung und Beratung bieten.
Eine externe Prüfung der Jahresrechnung erhöht auch die Glaubwürdigkeit der Jahresrechnung. Eine unabhängige Begutachtung der von einer internen erarbeiteten Jahresrechnung hat eine positive Signalwirkung gegenüber Kreditgebern und Investoren. Es muss an dieser Stelle die Frage erlaubt sein, ob die Zurückhaltung von Finanzinstituten bei der Kreditvergabe im Zusammenhang mit KMU-Gesellschaften auch einen Zusammenhang mit der tiefen Prüfungsrate der den Entscheidungen zugrundeliegenden Jahresrechnungen hat. Ein Unternehmen mit geprüften Zahlen dürfte in jedem Fall eine deutlich bessere Verhandlungsposition mit einer Bank haben als ein solches ohne diese Zusicherung.
Das Aufdecken von betrügerischen Handlungen gehört nicht zur Pflicht eines Prüfers im Rahmen einer eingeschränkten Revision. Nichtsdestotrotz haben Untersuchungen und Studien bewiesen, dass jede Form einer externen Prüfung die Hürden für Mitarbeitende mit betrügerischen Absichten deutlich erhöht. Auch wenn sich ausgebuffte Ganoven wahrscheinlich nur schwer von einer Revision abhalten lassen, funktioniert dies bei «Gelegenheitskriminellen» zu einem sehr hohen Masse. Und diese Kategorie von Übeltätern ist bekanntlich die zahlenmässig grösste Gruppe.
Leider läuft es auch im Leben einer KMU-Gesellschaft nicht immer rund. Gerade aktuell sind die Konkurse von Gesellschaften auch im Kanton Schwyz am Steigen und auf Rekordniveau. Der Verwaltungsrat und auch die für die Buchhaltung zuständige Person werden durch einen schlechten Geschäftsgang extrem gefordert. Leider passieren in solchen Situationen oftmals Fehler, welche sich nicht selten als fatal erweisen können. Verständlich, denn den betroffenen Personen fehlt ja zumeist die Erfahrung. Auch hier kann ein Prüfer mit einer Erfahrung als Berater zu Seite stehen und mithelfen, die Situation zu entschärfen. Und nicht zuletzt sehen die neuen Artikel 725a sowie 725b OR vor, welche sich mit dem Kapitalverlust und der Überschuldung befassen, dass in solchen Fällen Jahres- und Zwischenabschlüsse geprüft werden müssen. Die Praxis zeigt nun, dass die Suche nach einem geeigneten Prüfer in einer eh schon schwierigen Situation fast aussichtslos ist. Eine bereits vorhandene Revisionsstelle ist hier sicherlich von grossem Vorteil.
Und was passiert, wenn trotz gesetzlichen Vorgaben keine Revision vorgenommen wird?
Wie bereits vorstehend erläutert, muss jede Gesellschaft in der Schweiz mit mehr als zehn Vollzeitstellen im Jahresdurchschnitt eine Revisionsstelle wählen und ihre Jahresrechnung prüfen lassen. Der Verwaltungsrat ist für die Umsetzung der entsprechenden Vorgaben verantwortlich. Eine systematische Kontrolle der Einhaltung der Revisionspflicht existiert nicht. Nun kann man sich also die Frage stellen, welche Folgen sich ergeben, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Prüfpflicht durch die Gesellschaft nicht wahrgenommen wird. Artikel 731 Absatz 3 OR nimmt hierzu folgendermassen Stellung: «Liegt der erforderliche Revisionsbericht nicht vor, so sind die Beschlüsse zur Genehmigung der Jahresrechnung und der Konzernrechnung sowie zur Verwendung des Bilanzgewinnes nichtig.». Nichtigkeit bedeutet im Gegensatz zur Anfechtbarkeit die vollständige rechtliche Wirkungslosigkeit eines Tatbestands. Eine Klage gegen die entsprechenden Entscheidungen ist somit nicht notwendig. Die Nichtigkeit wird auch durch die Prüfung von nachfolgenden Jahresrechnungen nicht aufgehoben. Diese Nichtigkeit kann damit unter Umständen dazu führen, dass beschlossene und ausgeschüttete Dividenden wieder an die Gesellschaft zurückgeführt werden oder aber dass umständliche Nachprüfungen von alten Jahresrechnungen vorgenommen werden müssen.
Den Nutzen der Prüfung der Jahresrechnung durch eine externe Revisionsstelle nur an den dadurch entstehenden Kosten zu messen, ist somit klar zu kurz gegriffen. Vielmehr tun auch kleinere Gesellschaften gut daran, den entstehenden Kosten auch die entsprechenden Nutzenüberlegungen gegenüber zu stellen. Die Nutzenargumente sind vielfältig und sollten sorgfältig abgewogen werden. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels (auch und gerade für Buchhaltungsspezialisten) müssen sich allen voran kleinere Unternehmen gut überlegen, ob nicht auch eine freiwillige Prüfung der Jahresrechnung für den Verwaltungsrat erheblich mehr Sicherheit bedeutet und eine kompetente Anlaufstelle für finanzielle Fragestellungen bietet. Für Unternehmen mit mehr als zehn Vollzeitstellen darf aufgrund der ausgeführten gesetzlichen Ausgangslage ein Verzicht auf eine Prüfung der Jahresrechnung keine Option darstellen.