Teilrevision der Mehrwertsteuer per 1. Januar 2025
Im August 2024 hat der Bundesrat die im Juni 2023 vom Parlament verabschiedete Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG) per 1. Januar 2025 in Kraft gesetzt. Gleichzeitig tritt auch die teilrevidierte Mehrwertsteuerverordnung (MWSTV) in Kraft. Die Teilrevision wurde aufgrund des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels sowie aufgrund der technischen Veränderungen durch die Digitalisierung notwendig.
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Frage
Welche Auswirkungen hat die Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes und der Mehrwertsteuerverordnung auf die Wirtschaft und die Gesellschaft?
Antwort
Im Schweizerischen Parlament wurden verschiedenste Vorstösse zur Mehrwertsteuer eingereicht, welche einen Reformbedarf aufzeigten. Dies war einerseits die Besteuerung von den immer wichtiger und grösser werdenden Online-Versandhandelsplattformen, welche neu als Leistungserbringer und nicht mehr nur Leistungsvermittler gelten. Andererseits gab es Bemühungen, ausländische Reiseveranstalter von der Steuerpflicht auszunehmen, wenn sie Reisen in die Schweiz organisieren. Zudem wurde schon lange gefordert, Produkte der Monatshygiene dem reduzierten Steuersatz zu unterstellen. Auch sollen von Gemeinwesen als Subventionen bezeichnete Geldflüsse als Subventionen gewertet werden, und somit nicht der Mehrwertsteuer unterliegen, was zu einer Vereinfachung der Beurteilung – Missbrauch ausgenommen – führt und die Ausnahmen für kulturelle Veranstaltungen und die Leistungen der koordinierten Versorgung im Zusammenhang mit Heilbehandlungen erweitert werden.
Auch auf die Bedürfnisse von KMU und ausländischen Unternehmen, die in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig sind, wurde eingegangen. So ist es KMU neu möglich, auf freiwilliger Basis die Mehrwertsteuer nur noch jährlich abzurechnen. Ausländische Unternehmen, die in der Schweiz Leistungen erbringen, können von der Pflicht, eine Steuervertretung in der Schweiz zu bezeichnen, befreit werden, wenn die Erfüllung der Verfahrenspflichten anderweitig sichergestellt ist.
Weiter kann in Zukunft von Mitgliedern der geschäftsführenden Organe von Unternehmen seitens der ESTV eine Sicherheit für Steuern, Zinsen und Kosten ihres Unternehmens verlangt werden, wenn sie mehrere Unternehmen geführt haben, über welche innert kurzer Zeit Konkurs eröffnet wurde. Dies, um wirksamer gegen sogenannte Serienkonkurse vorgehen zu können.
Um weiteren Missbrauch zu verhindern, soll die Bezugssteuerpflicht neu auch für die Übertragung von Emissionsrechten, Zertifikaten und Bescheinigungen von Emissionsverminderungen, Herkunftsnachweisen für Elektrizität und ähnlichen Rechten gelten.
Die wichtigsten Punkte der Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes und der -Verordnung werden im Weiteren etwas genauer beleuchtet.
Plattformbesteuerung
Eines der wichtigsten Elemente der Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes ist die Einführung der Plattformbesteuerung. Bereits bei der letzten Mehrwertsteuerrevision im Jahr 2019 hat es für Versandhändler Änderungen gegeben. Seither werden Versandhändler in der Schweiz mehrwertsteuerpflichtig, wenn sie mit Kleinsendungen – d.h., Sendungen bei denen die Einfuhrsteuer unter CHF 5 liegt – einen Umsatz von CHF 100’000 erzielen. Nun hat sich gezeigt, dass diese Änderung nicht die Wirkung erzielt hat, welche man sich erhofft hatte. Dies, weil viele kleine Versandhandelsunternehmen diese Schwelle nicht erreichten. Neu müssen die Versandhandelsplattformen alle Lieferungen von Waren deklarieren, die über ihre Plattform abgewickelt werden. So kann sichergestellt werden, dass kleinere Versandhandelsunternehmen, die den Vertrieb nicht über eine eigene Homepage betreiben, nicht von der Mehrwertsteuer ausgenommen sind.
Die Revision sieht vor, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung administrative Massnahmen ergreifen kann, wenn sich die Versandhandelsplattformen oder -Unternehmen zu Unrecht nicht registriert haben bzw. wenn sie ihren Abrechnungs- und Zahlungspflichten nicht nachkommen. Dies kann zu Einfuhrverboten für das betroffene Unternehmen oder sogar zur Vernichtung der Waren führen. Zudem ist vorgesehen, dass zum Schutz der Kundinnen und Kunden die Namen der Unternehmungen publiziert werden, gegen welche solche Massnahmen verhängt wurden.
Weiter wird für sämtliche Online-Plattformen eine Informationspflicht eingeführt. Die Eidgenössische Steuerverwaltung kann diese in Zukunft auffordern, ihr mitzuteilen, wer über die Plattform Leistungen in einem Umfang anbietet, der die Mehrwertsteuerpflicht auslösen könnte. Dabei geht es vor allem um Dienstleistungen im Bereich der Beförderung (Taxi- und Kurierfahrten, z.B. Uber) und der Beherbergung (Vermietung von Unterkünften, z.B. AirBnB, Booking.com), für welche die Plattformen nicht als Leistungserbringer gelten.
Vereinfachungen der Mehrwertsteuer
Heutzutage kann die Mehrwertsteuer in der Schweiz vierteljährlich, halbjährlich oder monatlich abgerechnet werden. Durch die Revision des Mehrwertsteuergesetzes gibt es eine Vereinfachung für KMU. Diese können die Mehrwertsteuer nun freiwillig jährlich abrechnen, womit der Abrechnungsprozess effizienter gestaltet werden soll. Falls sich ein KMU zur jährlichen Abrechnung entscheidet, sind monatliche Ratenzahlungen zu leisten. Diese werden von der Eidgenössischen Steuerverwaltung, in der Regel anhand der Steuerforderung des Vorjahres, festgesetzt. Diese Möglichkeit steht den KMU mit einem Umsatz von maximal CHF 5 Millionen offen. Steuerpflichtige, die am 1. Januar 2025 zur jährlichen Abrechnung übergehen möchten, müssen dies bis spätestens Ende Februar 2025 beantragen.
Eine weitere Änderung betrifft die Subventionen, welche heute teilweise Probleme bei der Abrechnung bereiten, da sie Vorsteuerkürzungen nach sich ziehen. Mit der Revision wird nun klargestellt, dass von einem Gemeinwesen ausgerichtete Mittel, welche als Subvention bezeichnet wurden, auch als Subvention im Sinne des Mehrwertsteuergesetzes gelten. Die Bezeichnung als Subvention muss ausdrücklich gegenüber dem Empfänger erfolgen. Bereits laufende Verträge sollten spätestens bis zum 30. Juni 2026 (Finalisierungsfrist für 2025) angepasst werden, um negative Folgen zu vermeiden.
Weiter kann die Eidgenössische Steuerverwaltung neu bei ausländischen Unternehmen auf die Bezeichnung einer Steuervertretung verzichten, sofern die Verfahrenspflichten auch auf andere Art und Weise sichergestellt werden kann.
Betrugsbekämpfung
Die Eidgenössische Steuerverwaltung wird durch die Revision des Mehrwertsteuergesetzes dazu ermächtigt, von geschäftsführenden Organen von juristischen Personen Sicherheiten verlangen zu können. Diese Sicherstellungspflicht für Steuern, Zinsen und Kosten kann neu bei Personen angeordnet werden, welche bei mindestens zwei weiteren juristischen Personen Mitglied der geschäftsführenden Organe gewesen sind, bei denen innerhalb einer kurzen Periode der Konkurs eröffnet wurde und Anhaltspunkte vorliegen, dass sich die betreffende Person in diesen Konkursen strafbar verhalten hat.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung hat festgestellt, dass die Übertragung von Emissionsrechten im Bereich der Mehrwertsteuer betrugsanfällig ist. In Folge dessen wurde die Bezugssteuerpflicht auf den Handel mit Emissionsrechten ausgeweitet. Zukünftig unterliegt der Verkauf von Emissionsrechten und ähnlichen Zertifikaten an inländische Unternehmen der Bezugsteuer, auch wenn der Verkäufer für die Mehrwertsteuer in der Schweiz registriert ist.
Reduktion bzw. Aufhebung der Mehrwertsteuer
Aufgrund verschiedener parlamentarischer Vorstösse gilt ab dem 1. Januar 2025 für sämtliche Produkte der Monatshygiene der reduzierte Steuersatz.
Zudem werden verschiedene Leistungen neu von der Mehrwertsteuer ausgenommen. Die durch inländische und ausländische Reisebüros verkauften Reiseleistungen und ihre damit zusammenhängenden Dienstleistungen sind neu von der Steuer ausgenommen. Dies hat zur Folge, dass ausländische Reisebüros in der Schweiz nicht mehr steuerpflichtig werden, wenn sie Reisen in die Schweiz organisieren. Weiter werden die aktive Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen, die Leistungen der koordinierten Versorgung der Heilbehandlungen, das Zurverfügungstellen von Infrastruktur an Belegärzte in Ambulatorien und Tageskliniken, die Betreuungs- und hauswirtschaftlichen Leistungen der privaten Spitex, das Zurverfügungstellen von Personal durch alle nichtgewinnorientierten Organisationen und das Anbieten und Verwalten von Anlagegruppen von Anlagestiftungen neu ebenfalls von der Mehrwertsteuer ausgenommen.
Fazit
Viele der Anpassungen aufgrund der Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes sind zu begrüssen, da sie bestehende Wettbewerbsverzerrungen reduzieren. Es ist jedoch auch zu bedenken, dass die Teilrevision zusätzliche administrative und finanzielle Auswirkungen hat, vor allem für Online-Plattformen, Reisebüros oder Unternehmen im Emissionshandel. Zudem müssen sich die KMU Gedanken machen, ob eine jährliche Abrechnung aus ihrer Sicht wirklich sinnvoll und lohnenswert ist.