Eigenheimfinanzierung mit Vorsorgegeldern
Der Erwerb von Wohneigentum liegt nicht zuletzt wegen der anhaltenden Tiefzinsphase weiterhin im Trend. Dank tiefer Hypothekarzinsen sind die jährlichen Kosten trotz stark gestiegener Immobilienpreise meist tiefer als Mietvarianten. Die Krux liegt jedoch meist bei der Beschaffung der notwendigen Eigenmittel zum Zeitpunkt des Kaufs. Für den Erwerb von Wohneigentum müssen Mindestvoraussetzungen erfüllt werden: Mindestens 10% des Kaufpreises müssen in liquider Form aufgebracht und zusätzlich mindestens 10% mit übrigen Mitteln gedeckt werden. Je nach Objekt und Privatsituation gelten teilweise noch härtere Bestimmungen.
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Frage
Welche Möglichkeiten gibt es, um die notwendigen Eigenmittel für den Erwerb von Wohneigentum zu beschaffen?
Antwort
Seit Inkraftsetzung der Verordnung über die Wohneigentumsförderung aus Mitteln der beruflichen Vorsorge (WEFV) sowie der gleichzeitigen Inkraftsetzung des Freizügigkeitsgesetzes (beides per 1. 1. 2005) hat das Vorsorgesparen für Eigenheimbesitzer massiv an Bedeutung gewonnen und wird auch bei der Eigenheimbeschaffung eingesetzt. Für die direkte und indirekte Finanzierungshilfe gibt es zwei Möglichkeiten: Der effektive Bezug oder die Verpfändung von Vorsorgegeldern.
Grundsätzlich ist vorgängig immer zu prüfen, ob die Finanzierung ohne Bezug von Vorsorgegeldern möglich ist. Denn oft schränken solche Bezüge spätere Steuerplanungsmöglichkeiten ein, insbesondere Vorbezüge von Geldern aus der Pensionskasse. Wenn die Finanzierung ohne Vorsorgegelder nicht möglich ist, muss gemäss nachfolgender Prioritätenordnung vorgegangen werden.
Priorität 1:
Bezug Säule 3a-Vermögen
Stellt sich heraus, dass die Vorsorgegelder angezapft werden müssen, ist zuerst meist ein Bezug der Säule 3a-Gelder aufgrund folgender Überlegungen angezeigt:
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Die Rendite (resp. Verzinsung) dieser Gelder sind massiv tiefer als Pensionskassengelder.
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Der Bezug ist praktisch formlos möglich (insbesondere keine notwendigen Vormerkungen im Grundbuch).
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Mit dem Bezug werden künftige Steuerplanungsmöglichkeiten kaum eingeschränkt.
Heute werden Säule 3a-Konti entsprechend dem übrigen Trend nur noch sehr tief verzinst. Die massgebenden Indikatoren zeigen auch für die nächsten Jahre kaum Tendenzen Richtung steigender Verzinsung dieser Gelder. Deshalb ist der Bezug der Säule 3a-Gelder – auch mit Blick auf die Zukunft – kaum mit grossen Nachteilen verbunden. Theoretisch besteht auch die Möglichkeit, Säule 3a-Gelder zu verpfänden. Aufgrund vorgängiger Ausführungen ist dies im heutigen Zinsumfeld jedoch kaum zu empfehlen und ein direkter Bezug meist sinnvoller.
Priorität 2:
Verpfändung Pensionskassengelder
Kann die Finanzierung mit den vorhandenen flüssigen Mitteln und dem Säule 3a-Bezug noch nicht bewerkstelligt werden, ist bei Pensionskassengeldern vorgängig zu prüfen, ob die Verpfändung dieser Mittel auch zielführend ist. Die Erfahrung zeigt, dass Banken dieses Instrument nur sehr zurückhaltend empfehlen und tendenziell einen Bezug bevorzugen. Diese Haltung ist teilweise verständlich, vielfach jedoch vorgeschoben. Aus Sicht der Privatperson hat die Verpfändung gegenüber dem direkten Bezug bedeutende Vorteile:
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Die Deckung im Schadensfall wird in keinerlei Hinsicht beeinträchtigt.
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Die Finanzierungskosten für Hypotheken im ersten Rang sind heute tiefer als der Vermögensertrag in den Pensionskassen.
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Es wird keinerlei Steuerplanungspotenzial für die Zukunft eingeschränkt.
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Ein späterer Bezug ist bei allfällig veränderten Bedingungen immer noch möglich.
Eine solche Verpfändung kann selbst dann sinnvoll sein, wenn die Finanzierung auch ohne diese Massnahme bewerkstelligt werden könnte. Denn sie kann dazu führen, dass aufgrund der Verpfändung bessere Konditionen bei der kreditgebenden Bank ausgehandelt werden können (Anrechnung als Eigenmittel).
Priorität 3:
Bezug Pensionskassengelder
Der Kapitalbezug von Pensionskassengeldern zum Zeitpunkt des Eigenheimerwerbs ist selten empfehlenswert – vor allem für jüngere Personen. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Bezug später bereut wird, ist sehr gross. Dringend davon abzuraten ist insbesondere dann, wenn der Bezug tiefere Invalidenrenten im Schadensfall bedeutet. Ausserdem muss berücksichtigt werden, dass Ehe- oder Konkubinatspartner mit solchen Bezügen im Todesfall gegenüber gemeinsamen Nachkommen schlechter gestellt sind. War früher das Vorsorgevermögen für die Vorsorge der Partner bestimmt, fällt es nach deren Bezug teilweise in die Erbmasse und muss so teilweise den übrigen Erben weitergegeben werden. Der Entscheid zwischen Verpfändung und Bezug ist aber auch im Zusammenhang mit Lohnentwicklungen und der Alterskurve zu sehen. Personen unter 50 Jahren sollten den Bezug in den allermeisten Fällen vermeiden.
Ab dem 55. Lebensjahr kann der Bezug in gewissen Fällen sinnvoll sein, insbesondere bei veränderter Privatsituation und vor allem für Alleinstehende. Denn im Todesfall ist das Vorsorgekapital meist verloren, sofern keine unterstützungspflichtigen Personen mehr vorhanden sind.
Die Möglichkeit der Rückzahlung
Getätigte Vorsorgebezüge aus Pensionskassen dürfen jederzeit rückgängig gemacht bzw. dieses Vermögen darf später wieder in die Pensionskasse einbezahlt werden. Dies führt aber nicht nochmals zu einem Steuerabzug. Steuerlich werden lediglich die damals bezahlten Steuern ohne Zins zurückerstattet. In diesem Fall muss die versicherte Person jedoch die Rückzahlung der damals bezahlten Steuern durch das Einreichen eines schriftlichen Gesuchs verlangen. Aus rein fiskalischen Überlegungen ist dies meist kaum interessant und darum nur erwägenswert, wenn mit der Rückzahlung neues Steuerplanungspotenzial erschlossen werden kann.
Abschaffung WEF-Bezüge?
In letzter Zeit wurde immer wieder über Einschränkungen oder gar die Abschaffung solcher WEF-Bezüge diskutiert. Die Begründung war immer wieder, es solle verhindert werden, dass Personen den WEF Vorbezug verjubeln und dann der Allgemeinheit zur Last fallen. Diese Begründung stimmt jedoch nicht: Mit dem WEF-Vorbezug sinkt die Verschuldung. Das Geld ist in der Gesamtbetrachtung immer noch vorhanden. Anders sieht es aus, wenn im Rahmen der Pensionierung anstelle einer Rente das Kapital bezogen wird. Hier ist diese Gefahr zweifellos gegeben. Deshalb muss der WEF-Bezug klar von Kapitalbezügen für Teiloder Totalpensionierungen abgegrenzt werden.