Altersvorsorge - Reform auf dem politischen Prüfstand
Dass in der Altersvorsorge Reformen dringend nötig sind, bestreitet niemand. Die drohende Verschuldung von 1. und 2. Säule ist eine Zeitbombe für die Schweizer Volkswirtschaft. Das wissen wir schon lange. Trotzdem sind in den letzten 20 Jahren alle Reformversuche gescheitert. Mit seiner umfassenden Vorlage «Altersvorsorge 2020» holt der Bundesrat nun zum Befreiungsschlag aus. Bisher hat er damit wenig Applaus geerntet. Unterstützung erhält er einzig von der sich eintrübenden Konjunktur.
* Grundsätzlich gilt: Bis zu seinem Wegzug ist der Betreffende im bisherigen Kanton quellensteuerpflichtig. Ab dem Zuzug fällt die Quellensteuer dann im neuen Kanton an.
Letztes Jahr rutschte das AHV-Umlageergebnis ins Minus. 2014 wies die 1. Säule unseres Altersvorsorgesystems einen Verlust von CHF 320 Mio. aus. Die finanzielle Misere ist nicht zuletzt auf die deutlich schwächere Konjunktur zurückzuführen. Auch die 2. Säule hat ein dringendes Problem: Die Pensionskassen leiden unter den schlechten Renditen und den historisch tiefen Zinsen. Wer dem Bund für zehn Jahre Geld leiht, geht nicht nur leer aus, sondern muss dafür sogar noch draufzahlen!
Es gibt drei Möglichkeiten, die Vorsorgesituation zu entspannen: Rentenalter erhöhen, Beiträge erhöhen, Leistungen senken. Der bundesrätliche Vorschlag nutzt alle drei Optionen. Indem er von jeder Seite Zugeständnisse fordert, will er die divergierenden Interessen ausgleichen. Somit setzt der Bundesrat einmal mehr auf die Kompromissfähigkeit des Parlaments, was bekanntlich ein besonders schwieriges Unterfangen ist.
Für die Bürgerlichen kommt die Reform zu spät und zielt an der Realität vorbei. Sie befürchten einen Leistungsausbau mit massiven Mehrkosten für die Wirtschaft. Die Spitzenverbände Schweizerischer Arbeitgeberverband und economiesuisse schlagen eine abgespeckte Reform vor, die bereits ab 2018 gelten soll. Umgekehrt ängstigt die Linken ein drohender Leistungsabbau. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund verlangt mit seiner Initiative «AHVplus» gar eine lineare Erhöhung der Renten von 10 %. Damit will er die «Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise» garantieren.
Doch wo befinden sich aus sachlicher Sicht die neuralgischen Punkte der Vorlage? Hervorzuheben sind drei Themen:
1. Den Umwandlungssatz von jetzt 6.8 auf 6 % zu senken, ist problematisch. Angesichts der tiefen Renditeerwartungen ist er unrealistisch, liegt dieser Wert doch weit über den 5.6 %, die Pensionskassenexperten ermittelt haben.
2. Heikel ist die Erhöhung des Rentenalters auf 65 für Männer und Frauen. Dieses so genannte Referenzalter soll künftig für alle gelten. Es ist fraglich, ob sich damit die stark vorbelastete Diskussion um das Anheben des Rentenalters umgehen lässt.
3. Die Erhöhung der Altersgutschriften soll (trotz Senkung des Umwandlungssatzes) das Beibehalten des heutigen Rentenniveaus bewirken. Da sie nur für die bis zu 45-Jährigen gilt, trifft sie ausschliesslich jüngere Arbeitskräfte. Die Umverteilung zugunsten der älteren Generation verschärft sich also noch.
Erfreulich ist, dass das Parlament die Diskussion aufgenommen hat, nachdem zu befürchten war, es würde auf die Vorlage gar nicht erst eintreten. Zurzeit behandelt die ständerätliche Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit die Details. Anschliessend wird der Ständerat darüber beraten, bevor sich dann der Nationalrat damit befasst. Das letzte Wort hat das Volk.
Bleibt zu hoffen, dass sich die verschiedenen politischen Lager im Parlament auf einen gemeinsamen Nenner einigen können. Denn der Bundesrat ist mit dem Schnüren dieses grossen Gesamtpakets ein ebenso grosses Risiko eingegangen. Ein Scheitern hätte verheerende Folgen. Auf die Frage, ob ein Plan B existiere, antwortete Bundesrat Alain Berset kürzlich: «Die Vorlage ‹Altersvorsorge 2020› ist bereits der Plan B.»