Neues Rechnungslegungsrecht und «Milchbüchlein»
Seit 2013 gilt das neue Rechnungslegungsrecht. Es knüpft nicht mehr an die Rechtsform des Unternehmens an, sondern an seine wirtschaftliche Bedeutung. Ziel der Revision war, sie im Verhältnis zum bisherigen Rechnungslegungsrecht ohne steuerliche Mehrbelastung für die betroffenen Unternehmen durchzuführen. Dies ist insgesamt gelungen, dennoch sollten namentlich KMU die folgenden steuerlichen Tatsachen unbedingt beachten.
Übergangsfrist
Das neue Rechnungslegungsrecht gilt seit 1.1.2013. Für Einzelabschlüsse sieht es eine Übergangsfrist von zwei Jahren vor. Somit sind diese für die Geschäftsjahre beginnend ab 1.1.2015 zwingend nach neuem Rechnungslegungsrecht zu erstellen. Eine freiwillige Anwendung ist frühestens für Einzelabschlüsse beginnend ab 1.1.2013 möglich.
Das so genannte «Milchbüchlein»
Einzelunternehmen, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften müssen (bei einem Jahresumsatz von weniger als CHF 500 000) nach geändertem Rechnungslegungsrecht neu nur über ihre Einnahmen, Ausgaben sowie Vermögenslage Buch führen (das so genannte «Milchbüchlein»). Sie sind zudem nicht verpflichtet eine zeitliche Abgrenzung der Umsätze oder Aufwendungen vorzunehmen.
AG und GmbH unterliegen hingegen zwingend der ordentlichen Buchführungs- und Rechnungslegungspflicht. Sie können nur bei einem Jahresumsatz von weniger als CHF 100 000 auf eine zeitliche Abgrenzungen der Umsätze und Aufwendungen verzichten.
Einschränkungen der Erleichterungen hinsichtlich der MWST
Anders ist es bei der MWST. Sie greift zwingend bei steuerbaren, vereinbarten Umsätzen von mehr als CHF 100 000 jährlich (bei nicht gewinnorientierten Vereinen ab CHF 150 000). Somit sind zur Abklärung der MWST-Pflicht umsatzseitig zeitliche Abgrenzungen (z.B. Erfassung von Debitoren) vorzunehmen.
Eine Überleitungsrechnung zwischen der Einnahmen-Ausgabenrechnung und den für die MWST massgebenden vereinbarten Umsätzen ist zwar denkbar, es stellt sich aber die Frage, ob dieser zusätzliche Informationsgehalt nicht zugleich im Abschluss mitberücksichtigt werden sollte…
Änderungen bei ordentlicher Buchführungs- und Rechnungslegungspflicht
Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten: Diese Kosten dürfen nach neuem Rechnungslegungsrecht nicht mehr aktiviert werden. Handelsrechtlich notwendige ausserordentliche Abschreibungen bestehender aktivierter Gründungs-, Kapitalerhöhungs- und Organisationskosten stellen im Zeitpunkt der Erstanwendung des neuen Rechnungslegungsrechts steuerrechtlich geschäftsmässig begründeten Aufwand dar.
Einzelbewertung: Für Beteiligungen und Liegenschaften gilt neu die Einzelbewertung. Aufgrund des Niederstwertprinzips können bei Einzelbewertung einzelne Beteiligungen (oder Liegenschaften), die eine Wertminderung erfahren haben, wertberichtigt werden, ohne dass Wertsteigerungen anderer Beteiligungen (oder Liegenschaften) diesen Verlust wieder ausgleichen würden. Zudem bietet sich bei Liegenschaften die Gelegenheit, den jeweiligen Gebäudebuchwert und den Buchwert des Lands gesondert auszuweisen, damit die Frage der Abschreibungsuntergrenze (Landwert) bereits im Vorfeld geklärt werden kann.
Bewertung zu Marktpreisen: In der Folgebewertung dürfen Aktiven mit Börsenkurs oder einem anderen beobachtbaren Marktpreis in einem aktiven Markt zum Kurs oder Marktpreis am Bilanzstichtag bewertet werden, auch wenn dieser über dem Nennwert oder dem Anschaffungswert liegt. Wird von diesem Recht Gebrauch gemacht, müssen alle Aktiven der entsprechenden Bilanzposition, die einen beobachtbaren Marktpreis aufweisen, zum Kurs oder Marktpreis am Bilanzstichtag bewertet werden. Im Anhang muss zudem auf die Bewertung hingewiesen werden.
Achtung: Die Wahl der Aktiven-Bewertung zu Marktpreisen kann dazu führen, dass Buchgewinne besteuert werden, ohne dass diese jemals realisiert werden.
Fazit
Es lässt sich kein allgemeingültiger Schluss ziehen, ob eine «Milchbüchleinrechnung» den gewünschten Minderaufwand mit sich bringt. Alle Privateinlagen und Privatbezüge sind dabei zu korrigieren, weil sie nicht steuerpflichtig sind. Somit muss aufgrund des jeweiligen Einzelfalls abgewogen werden, ob die vermeintliche Zeitersparnis zuletzt nicht zulasten anschliessender Zusatzangaben für die Steuerverwaltung oder Zusatzinformationen für Drittgläubiger mehr als kompensiert wird…