Bundesamt verlangt zu hohe persönliche AHV-Beiträge
Bei selbstständig Erwerbenden sind die persönlichen AHV-Beiträge für das Ermitteln des steuerbaren Einkommens abzugsfähig. Der AHV-Beitragspflicht unterliegt aber das gesamte Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit (vor Abzug der persönlichen AHV-Beiträge). Somit müssen die Ausgleichskassen diese Beiträge aufrechnen, um von der korrekten Basis aus die persönlichen Beiträge ermitteln zu können. Das Resultat ist zu hinterfragen, wenn in einer AHV-Verfügung gleichzeitig mehr persönliche Beiträge aufgerechnet als in derselben Verfügung persönliche Beiträge festgelegt werden. Im Ergebnis führt dies zu einer systematischen und wiederkehrenden Abgabenmehrbelastung.
Das Aufrechnen der persönlichen AHV-Beiträge ist grundsätzlich gesetzlich verankert. Die bei der Einkommenssteuer geltend gemachten Abzüge der persönlichen AHV-Beiträge werden den Ausgleichskassen nicht mehr mitgeteilt. Es erfolgt nur eine Meldung über das steuerbare Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit. Die Ausgleichskassen müssen dann, gestützt auf eine Weisung des Bundesamts für Sozialversicherung (BSV), die persönlichen AHV-Beiträge rein formelmässig aufrechnen. Tabelle 1 zeigt ein fiktives Beispiel.
Tabelle 1: Formelmässige Aufrechnung (fiktives Beispiel, in CHF)
Reines Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit (= 90.3%)
+ Aufrechnung der persönlichen Beiträge (300 000/0.903–300 000)
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300 000
32 226
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= Total für die AHV massgebendes Erwerbseinkommen (= 100%)
./. Zins auf dem im Betrieb investierten Eigenkapital (z.B. 8 Mio. à 2.5%)
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332 226
-200 000
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= Beitragspflichtiges AHV-Einkommen
Beitragssatz
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132 226
9.70%
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zu entrichtende AHV-Beiträge
Zwecks Vergleich: korrekte Berechnung der AHV-Beiträge:
(300 000–200 000)/0.903–100 000 = 110 742
110 742*9.7% = 10 742
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10,8
12 826
10 742
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AHV-Mehrbelastung
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2084
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Stossend an diesem Vorgehen ist, dass beim Aufrechnen der persönlichen Beiträge (hier: CHF 32226) rein AHV-rechtliche Abzüge (z.B. der Zins auf dem im Betrieb investierten Eigenkapital oder der Rentnerfreibetrag) unbeachtet bleiben. Diese reduzieren jedoch die persönlichen AHV-Beiträge! Folglich werden zu hohe persönliche AHV-Beiträge aufgerechnet, die weder geschuldet, noch durch den Pflichtigen jemals geltend gemacht wurden.
Tabelle 1 zeigt also, dass das Aufrechnen der persönlichen Beiträge ohne Berücksichtigung der Zinsen auf dem im Betrieb investierten Eigenkapital zu übermässig hohen persönlichen AHV-Beiträgen führt. Dieser Effekt ist umso heftiger, je höher das in den Betrieb investierte Eigenkapital und der jeweilig anwendbare Zinssatz für das im Betrieb investierte Eigenkapital ist.
Das Nichtberücksichtigen des Eigenkapitalzinses und des Rentnerfreibetrags resultiert letztlich aus einer gesetzwidrigen BSV-Weisung, die für die alle Ausgleichskassen verbindlich ist. Diese Direktive sieht beim Aufrechnen der persönlichen Beiträge folgende Formel vor:
gemeldetes Nettoeinkommen x 100
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(100 – in Abhängigkeit des gemeldeten Einkommens anwendbare Beitragssätze AHV/IV/EO)
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Erfreulicherweise hat das Verwaltungsgericht Schwyz diese Frage kürzlich behandelt und die obige Formel als gesetzwidrig beurteilt. Einen schalen Eindruck hinterlässt jedoch das BSV, das weder den Verwaltungsgerichtsentscheid ans Bundesgericht weiterzog, noch seine gesetzwidrige Weisung anpasste.
Daraus folgt:
1. Die Ausgleichskassen sind weiterhin genötigt, eine gesetzwidrige Weisung anzuwenden.
2. Selbstständig Erwerbende müssen ihre AHV-Verfügungen noch kritischer hinterfragen als bisher und allenfalls Einsprache erheben.
3. Die Gerichte werden mit zusätzlichem Aufwand belastet.
Fazit: Eine Anpassung der BSV-Weisung wäre mehr als nur begrüssenswert.