Kapitaleinlageprinzip neu geregelt
Bislang galt: Jede Rückzahlung von Eigenkapital einer Kapitalgesellschaft an den Anteilsinhaber, die nicht Rückzahlung von Nennwerten darstellt, war steuerbares Einkommen (DBG und VStG). Dies war auch dann so, wenn dieses nicht aus Gewinnen, sondern aus Kapitaleinlagen stammte. Neu ist seit dem 1. 1. 2011 die Rückzahlung von Kapitaleinlagen an den Anteilsinhaber steuerfrei, selbst wenn es sich nicht um Nennwert handelt, sofern gewisse Voraussetzungen eingehalten sind. Nun regelt die Eidg. Steuerverwaltung (ESTV) in einem Kreisschreiben einige Details.
Als Kapitaleinlagen im steuerlichen Sinn gelten Einlagen, Aufgelder und Zuschüsse, die nach dem 31.12.1996 direkt von Inhabern der Beteiligungsrechte geleistet wurden und in der Handelsbilanz der empfangenden Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft verbucht und offen ausgewiesen sind (offene Kapitaleinlagen). Verdeckte Kapitaleinlagen können – allenfalls unter Inkaufnahme von Steuerfolgen – durch Verbuchung offengelegt werden.
Dagegen gelten die Kapitaleinlagen bei Sanierungen nicht als steuerfrei rückzahlbar, soweit diese durch die Ausbuchung von handelsrechtlichen Verlusten vernichtet werden. Eine Verrechnung mit den Verlusten ist aber notwendig, um in den Genuss des Freibetrags bei den Stempelabgaben zu kommen. Im Sanierungsfall müssen daher die möglichen Steuerfolgen bei den Stempelabgaben gegen diejenigen bei Einkommens- und Verrechnungssteuer abgewogen werden. Ob diese formalistische Haltung der ESTV akzeptabel ist, werden wohl bald die Gerichte prüfen müssen.
Verlegt eine juristische Person ihren Sitz oder die tatsächliche Verwaltung vom Ausland in die Schweiz, ändert sich die Qualifikation der übrigen Reserven auch unter dem Kapitaleinlageprinzip nicht. Werden dagegen im Rahmen einer grenzüberschreitenden Quasifusion (Immigrations-Quasifusion) Beteiligungsrechte an einer ausländischen Kapitalgesellschaft/Genossenschaft in eine inländische Kapitalgesellschaft/Genossenschaft eingebracht, qualifiziert die gesamte Sacheinlage als offene Kapitaleinlage. Dabei ist aber für die in der Schweiz ansässigen Inhaber der Beteiligungsrechte die Regelung der Transponierung zu beachten.
Ausweis und Meldung
Offene Kapitaleinlagen, die in der Vergangenheit geleistet wurden, können spätestens in der handelsrechtlichen Schlussbilanz des Geschäftsjahrs ausgewiesen werden, das im Kalenderjahr 2011 endet. Dies erfordert eine systematische Aufarbeitung aller seit dem 1.1.1997 geleisteten Kapitaleinlagen. Verluste, die solchen Reserven aus Kapitaleinlagen belastet wurden, verminderten diese definitiv. Allfällige verdeckte Kapitaleinlagen müssten ebenfalls in diesem Zeitraum offengelegt und verbucht werden.
Der Bestand der Kapitaleinlagereserven ist am Ende der Steuerperiode dann in der Steuererklärung gesondert auszuweisen. Im Weiteren müssen diese Kapitaleinlagereserven der ESTV zwingend bis spätestens 30 Tage nach Genehmigung der Jahresrechnung 2011 bzw. 2010/11 gemeldet werden. Dafür ist unbedingt das amtliche Formular 170 zu verwenden. Zudem verlangt die ESTV die elektronische Übermittlung einer vorgegebenen Excel-Datei.
Eingeschränkte Steuerplanung
Das Aufteilen der Ausschüttungen der Kapitalgesellschaft/Genossenschaft in Rückzahlung aus Reserven aus Kapitaleinlagen sowie das Ausschütten aus übrigen Reserven, die der Einkommens- und der Verrechnungssteuer unterliegen, nimmt die ausschüttende Kapitalgesellschaft/Genossenschaft aufgrund der Verbuchung und Qualifikation der Reserven in der Handelsbilanz der ausschüttenden Gesellschaft (quellenmässige Betrachtungsweise) nach freiem Ermessen vor.
Stehen Ausschüttungen aus Kapitalgesellschaften/Genossenschaften nicht allen Ausschüttungsberechtigten gleichermassen zu, darf die Rückzahlung von Reserven aus Kapitaleinlagen – gemessen an der gesamten Ausschüttung – für jeden Berechtigten höchstens dem proportionalen Anteil der Reserven aus Kapitaleinlagen an den totalen Reserven der Kapitalgesellschaft/Genossenschaft entsprechen.
Diese Vorgaben sind bei der Gestaltung von Dividendenausschüttungen zu beachten, wenn steuerfrei rückzahlbare Kapitaleinlagereserven und andere Reserven für eine Ausschüttung zur Verfügung stehen.