Adieu Eigenmietwert – aber wie?
Mit der Volksinitiative «Sicheres Wohnen im Alter» hat der Hauseigentümerverband Schweiz (HEV) das Thema Eigenmietwertbesteuerung wieder aufs politische Parkett gebracht: Die Besteuerung eines fiktiven Einkommens (Eigenmietwert) soll mit einem Wahlrecht im AHV-Alter aufgehoben werden. So weit, so klar. Leider wartet der Bundesrat mit einem nur schwer verständlichen Gegenvorschlag auf.
Derzeit führt die Eigenmietwertbesteuerung zu einer hohen Fiskallast, wenn die Hypothek im Alter stark oder vollständig amortisiert ist. Die HEV-Initiative fordert ein einmaliges Wahlrecht: Nach Erreichen des AHV-Alters wählt man, ob der Eigenmietwert für das am Wohnsitz dauernd selbst genutzte Wohneigentum entfallen soll. Dies fördert das alte sozialpolitische Anliegen, dass unsere Senioren kostengünstig in schuldenfreiem Eigentum wohnen können. Wer auf die Eigenmietwertbesteuerung verzichtet, darf keine Schuldzinsen, Versicherungsprämien oder Verwaltungskosten abziehen. Andere Unterhaltskosten bis jährlich max. CHF 4000 bleiben weiterhin abzugsfähig. Die Kosten für Massnahmen, die dem Energiesparen, Umweltschutz oder der Denkmalpflege dienen, sollen ebenfalls uneingeschränkt abgezogen werden können. So soll der orts- und städteplanerischen Wirkung des privaten Liegenschaftsunterhalts sowie der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Bauwirtschaft Rechnung getragen werden.
Ablehnung und Gegenvorschlag
Weil der Bundesrat die Eigenmietwertbesteuerung generell abschaffen will, lehnt er die HEV-Initiative ab und macht einen indirekten Gegenvorschlag. Gleichzeitig sollen der Schuldzinsen-, Unterhalts- und Verwaltungskostenabzug eingeschränkt bzw. abgeschafft werden. Die komplizierten Details sind nur schwer nachvollziehbar:
Für Ersterwerbende von selbstbewohntem Eigentum bleibt ein betrag- und zeitlich beschränkter Schuldzinsenabzug bestehen. Der Abzug beträgt max. CHF 5'000 (Ehepaare CHF 10'000) und nimmt pro Jahr um einen Zehntel ab. Ab dem zweiten Jahr verliert dieser steuerlich ohnehin bescheidene Anreiz sukzessive an Wirkung. Zudem ist das Abgrenzen der Schuldzinsen für das übrige Privatvermögen (z. B. vermietete Liegenschaften oder Liegenschaftsteile) und das Geschäftsvermögen nur mit einer Spartenrechnung möglich, was das Ausfüllen der Steuererklärung weiter verkompliziert.
Im Weiteren will der Bundesrat, dass nur qualitativ besonders hochstehende Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen steuerlich abzugsfähig bleiben. Den Abzug für übrige Unterhaltskosten möchte er ersatzlos streichen. So wird das öffentliche Interesse an gut unterhaltenen Liegenschaften völlig missachtet. Zudem sind Abgrenzungsprobleme bei Unterhaltskosten von leerstehenden (aber zur Vermietung bestimmten) Liegenschaften programmiert.
Zu schlechter Letzt will der Bundesrat die Kantone via Steuerharmonisierungsgesetz zu einer Sondersteuer auf überwiegend selbstgenutzten Zweitliegenschaften zwingen. Diese basiert auf dem Vermögenssteuerwert vor Abzug der Schulden. Im Gegenzug sollen die Liegenschaften von der Steuerpflicht bei der Einkommens- und Vermögenssteuer erlöst werden. Dies führt einerseits zu einer weiteren Spartenrechnung zur Abgrenzung der Schuldzinsen und anderseits zu vielen offenen Fragen bei der interkantonalen und -nationalen Steuerausscheidung. Zwar ist es nachvollziehbar, dass der Bundesrat aus politischem Kalkül die traditionellen Tourismuskantone (z. B. GR und VS) zu sich ins Boot und de facto gegen die HEV-Initiative aufbringen will. Diese Kantone wären zwar die «Verlierer» der generellen Eigenmietwertabschaffung, hätten es aber auch selbst in der Hand, die eigenen Liegenschaftssteuern autonom anzupassen bzw. neu einzuführen und so die Ertragsausfälle bei der Einkommenssteuer zu kompensieren. Das Vermischen bzw. Koordinieren mit den «ordentlichen» Einkommens- und Vermögenssteuern ist steuersystematisch weder notwendig, noch sinnvoll.
Wie weiter?
Die Vernehmlassung wurde im Februar abgeschlossen. Im Frühsommer soll der definitive Gesetzesvorschlag in Form einer Botschaft vorliegen. Diese muss spätestens am 23. 7. 2010 ans Parlament gelangen. Das Steuerthema bleibt also weiter spannend. Wir halten Sie auf dem Laufenden.