Vermeidung der Doppelbesteuerung von ausländischen Dividenden
Die von den Steuerbehörden angewandte Reduktion der pauschalen Steueranrechnung bei teilbesteuerten Dividenden steht nicht im Einklang mit den Abkommen zur Vermeidung der internationalen Doppelbesteuerung.
* Die Doppelbesteuerung kann vermieden werden, wenn ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen dem Quellen- und dem Ansässigkeitsstaat besteht.
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Dividenden von ausländischen Gesellschaften unterliegen im Ausland in der Regel einer Quellensteuer. Gleichzeitig unterliegen diese Dividenden der Einkommenssteuer am Wohnsitz des Aktionärs in der Schweiz. Dies führt grundsätzlich zu einer so genannten Doppelbesteuerung (gleichzeitige Besteuerung im Quellen- und im Ansässigkeitsstaat). Wo zwischen dem Quellen- und dem Ansässigkeitsstaat ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen worden ist, kann die Doppelbesteuerung vermieden werden.
Vermeidung der Doppelbesteuerung
Die Doppelbesteuerung wird in der Regel zweistufig vermieden. Zum einen verzichtet der Quellenstaat auf einen Teil der Quellensteuer. Die meisten DBA sehen eine Reduktion der Quellensteuer auf 15% (= Sockelsteuerbelastung) vor. Die Reduktion kann an der Quelle oder über ein Rückerstattungsverfahren direkt bei den ausländischen Steuerbehörden erfolgen. Zum anderen rechnet der Ansässigkeitsstaat die Sockelsteuer an die Einkommenssteuer an. Der Steueranrechnungsbetrag darf aber die erhobene Einkommenssteuer nicht übersteigen. Wo keine oder eine kleinere Einkommenssteuer anfällt, bleibt die Sockelsteuer ganz oder teilweise als Endbesteuerung bestehen.
Steueranrechnung bei teilbesteuerten Dividenden
Zur Umsetzung der in den DBA vorgesehenen Steueranrechnung hat der Bundesrat die Verordnung über die pauschale Steueranrechnung (VO pStA) erlassen. Nach den Bestimmungen dieser Verordnung erstellen die Steuerbehörden eine Vergleichsrechnung zwischen der in der Schweiz aus diesen Dividenden erhobenen Einkommenssteuern und der ausländischen Sockelsteuer. Nur der tiefere der beiden Beträge wird ausbezahlt. Die Kirchensteuer wird nicht berücksichtigt. Für die Berechnung des maximalen Steueranrechnungsbetrags werden die anteiligen Schuldzinsen und Vermögensverwaltungskosten von den entsprechenden Dividenden abgezogen (vgl. Art. 11 VO pStA). Weiter gilt nach dieser Verordnung jener Teil der Dividenden, der von der Einkommenssteuerbemessung
ausgenommen wird und der nur einer Teilbesteuerung unterliegt (privilegierte Dividendenbesteuerung), als nicht besteuerter Ertrag. Zudem sollen die Anrechnungsbeträge für die Bundessteuer und die kantonale Einkommenssteuer gesondert ermittelt werden (vgl. Art. 5 Abs. 4 VO pStA). Die anzurechnende ausländische Quellensteuer soll im Verhältnis von zwei Drittel auf die kantonalen Einkommenssteuern bzw. ein Drittel auf die Bundessteuer aufgeteilt werden (vgl. Art. 5 Abs. 4 VO pStA i.V.m. Art. 12 VO pStA).
Praxis der Steuerbehörden nicht rechtskonform
Sowohl die Reduktion des Steueranrechnungsbetrags im Umfang der Steuerprivilegierung als auch die pauschale Aufteilung des Steueranrechnungsbetrags auf die beiden Steuerhoheiten (zwei Drittel Bundessteuer bzw. ein Drittel kantonale Steuern) führen in der Praxis aber dazu, dass der durch die Steuerbehörden festgesetzte Steueranrechnungsbetrag in vielen Fällen unter den effektiv bezahlten Einkommenssteuern liegt.
Das Bundesgericht hat in seinem Urteil vom 9. Oktober 2014 (BGer 2C_705/2013) bereits festgehalten, dass die Bestimmungen von Art. 5 Abs. 4 VO pStA den schweizerischen DBA widersprechen und diese Bestimmungen daher nicht anzuwenden sind.
Trotzdem liegt die Verordnung in unveränderter Form vor und wird von den Steuerbehörden – entgegen der bundesgerichtlichen Rechtsprechung – noch immer angewandt. So bleibt den betroffenen steuerpflichtigen Personen (Aktionären von ausländischen Beteiligungen von mindestens 10 Prozent) nur der Rechtsweg, sich gegen die abkommenswidrige Kürzung von Steueranrechnungsbeträgen zu wehren.