Neue Meldepflichten für Inhaberaktionäre und wirtschaftlich Berechtigte
Seit dem 1. Juli 2015 gelten in der Schweiz neue Meldepflichten für Inhaberaktionäre nicht kotierter Aktiengesellschaften. Wer solche Papiere erwirbt, muss neu den Erwerb innerhalb eines Monats der Gesellschaft melden. Wer am 1. Juli 2015 bereits Inhaberaktien besass, muss dies innerhalb von sechs Monaten (also bis spätestens 31. Dezember 2015!) der Gesellschaft mitteilen. Damit ist die bisherige Inhaberaktie Geschichte. Zudem müssen neu die wirtschaftlich Berechtigten bei Aktiengesellschaften (Inhaber- und Namenaktien) und Gesellschaften mit beschränkter Haftung gemeldet werden.
* Erfüllt der Inhaberaktionär seine Meldepflicht nicht innerhalb eines Monats nach Erwerb der Inhaberaktien, sind die Vermögensrechte verwirkt, d.h. allfällige finanzielle Werte gehen auf Nimmerwiedersehen verloren.
Frage
Was muss ich als Inhaberaktionär einer nicht börsenkotierten Aktiengesellschaft oder als wirtschaftlich Berechtigter bei einer nicht börsenkotierten Aktiengesellschaft sowie bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung tun?
Antwort
Inhaberaktien lauten auf den jeweiligen Inhaber. Wer sie besitzt, gilt als Aktionär der Gesellschaft und kann die Aktionärsrechte und -pflichten ausüben. Inhaberaktien sind in einem Inhaberpapier verbrieft. Bis vor Kurzem musste der Inhaberaktionär seinen Namen gegenüber der Gesellschaft nicht preisgeben, und es wurde kein Aktienbuch geführt. Da die Gesellschaft ihre Aktionäre somit nicht kannte, musste die Einladung zu Versammlungen allenfalls im Schweizerischen Handelsamtsblatt (SHAB) publiziert werden.
Die Übertragung von Inhaberaktien erforderte bis anhin nur ein gültiges Grundgeschäft (z.B. Kaufvertrag) sowie die Übertragung der Inhaberaktien.
Aufgrund der leichten Übertragbarkeit der Aktien und der Anonymität gegenüber der Gesellschaft sind bzw. waren Inhaberaktien beliebt. Es kann allerdings ein Nachteil sein, seine Aktionäre nicht zu kennen. Wenn z.B. ein bewilligungspflichtiges Grundstückgeschäft ansteht, ist es schwierig nachzuweisen, dass die Gesellschaft nicht durch ausländische Personen beherrscht wird. Auch zum Ausüben der Aktionärsrechte müssen die Originalzertifikate vorgelegt werden. Darum ist es zwingend nötig, Inhaberaktien sicher aufzubewahren. Verlorene oder gestohlene Inhaberaktien muss ein Gericht in einem aufwendigen und teuren Verfahren für kraftlos erklären.
Neu: Inhaberaktionäre müssen Identität offenlegen
Die «Groupe d’action financière» (GAFI) bzw. «Financial Action Task Force» (FATF) ist eine internationale Organisation, welche die Geldwäscherei, Terrorismusfinanzierung und Finanzierung von Massenvernichtungswaffen bekämpft. Die Schweiz war 1989 Gründungsmitglied dieser Vereinigung. GAFI/FATF arbeitet regelmässig Empfehlungen zuhanden ihrer Mitgliedstaaten aus. Mangels staatsvertraglicher Vereinbarung sind sie jedoch rechtlich unverbindlich. Die GAFI/FATF-Empfehlungen werden durch Anpassung des innerstaatlichen Rechts umgesetzt. GAFI/FATF führt eine Liste mit den Länder, die den Empfehlungen nicht Folge leisten. Im Rahmen einer dieser Empfehlungen fordert die GAFI/FATF mehr Transparenz über die Eigentumsverhältnisse bei juristischen Personen sowie den Zugang für die zuständigen Behörden zu diesen Informationen.
Auf diesen wachsenden internationalen Druck hin hat das eidg. Parlament u.a. Meldepflichten für Inhaberaktionäre nicht kotierter Aktiengesellschaften eingeführt. Die entsprechenden Vorschriften gelten bereits seit dem 1. Juli 2015.
Wer Inhaberaktien von nicht börsenkotierten Gesellschaften erwirbt (auch nur eine einzelne Aktie), muss dies neu innerhalb eines Monats der Gesellschaft melden. Die Frist beginnt im Zeitpunkt des Erwerbs zu laufen.
Des Weiteren hat der Erwerber seinen Vor- und Nachnamen bzw. seine Firma sowie seine Adresse bekanntzugeben. Beigelegt werden müssen ein amtlicher Ausweis mit Foto (Pass, Identitätskarte oder Führerausweis) bzw. ein Handelsregisterauszug. Bei ausländischen juristischen Personen braucht es einen aktuellen beglaubigten Auszug aus dem ausländischen Handelsregister oder eine gleichwertige Urkunde.
Zudem ist der Besitz der Inhaberaktien nachzuweisen, indem das Original, eine Kopie davon oder eine von einer Bank ausgestellte Hinterlegungsbescheinigung vorgelegt wird. Personen, die beim Inkrafttreten dieser Änderungen am 1. Juli 2015 bereits Inhaberaktien hielten, müssen ihren Aktienbesitz der Gesellschaft innerhalb von sechs Monaten (also bis spätestens 31. Dezember 2015!) melden.
Die Inhaberaktionäre haben der Gesellschaft schliesslich jede Änderung ihres Vor- oder Nachnamens bzw. ihrer Firma sowie ihrer Adresse mitzuteilen.
Keine Meldepflicht besteht, wenn die Inhaberaktien nach dem Bucheffektengesetz als Bucheffekten ausgestaltet sind. Hier hat die Gesellschaft eine Verwahrungsstelle in der Schweiz zu bezeichnen, bei der die Aktien hinterlegt oder ins Hauptregister eingetragen werden.
Ohne Meldung keine Rechte
Neu müssen die Gesellschaften ein Verzeichnis über ihre Inhaberaktionäre führen. Es enthält den Vor- und Nachnamen bzw. die Firma, die Adresse, die Staatsangehörigkeit und das Geburtsdatum. Die Listen sind so anzulegen, dass sich in der Schweiz jederzeit darauf zugreifen lässt. Zudem muss die Gesellschaft sämtliche Belege, die einer Meldung zugrunde liegen, während zehn Jahren nach Streichung der Person aus dem Verzeichnis an einem sicheren Ort aufbewahren.
Das Eintragen des Inhaberaktionärs im Verzeichnis über die Inhaberaktionäre ist Voraussetzung für das Ausüben der Aktionärsrechte. Kommt der Inhaberaktionär seiner Meldepflicht nicht nach, ruhen die mit den Aktien verbundenen Mitgliedschafts- (z.B. Stimmrecht) und Vermögensrechte (z.B. Recht auf Dividende, Recht auf einen Anteil am Liquidationserlös).
Der Verwaltungsrat muss sicherstellen, dass keine Gesellschafter ihre Rechte ausüben können, solange sie ihrer Meldepflichten nicht nachgekommen sind. Bei einer entsprechenden Pflichtverletzung kann der Verwaltungsrat dafür verantwortlich gemacht werden.
Erfüllt der Inhaberaktionär seine Meldepflicht nicht innerhalb eines Monats nach Erwerb der Inhaberaktien, sind die Vermögensrechte verwirkt. Holt er die Meldung später nach, darf er die ab diesem Zeitpunkt entstehenden Vermögensrechte geltend machen, d.h. die bisherigen Vermögensrechte sind verloren!
Meldung der wirtschaftlich berechtigten Personen
Wer allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten Inhaber- oder Namenaktien einer nicht börsenkotierten Aktiengesellschaft, oder Stammanteile einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung erwirbt und dadurch den Grenzwert von 25% des Gesellschaftskapitals oder der Stimmen erreicht bzw. überschreitet, muss der Gesellschaft innerhalb eines Monats den Vor- und Nachnamen und die Adresse der natürlichen Person melden, für die er handelt (mithin die wirtschaftlich berechtigten Person). Keine Meldepflicht besteht, wenn die Aktien nach dem Bucheffektengesetz als Bucheffekten ausgestaltet sind.
Die per 1. Juli 2015 wirtschaftlich Berechtigten müssen sich innerhalb von sechs Monaten (also bis spätestens 31. Dezember 2015!) bei der Gesellschaft melden.
Verzeichnis über sämtliche Genossenschafter
Bisher musste die Genossenschaftsverwaltung nur ein Verzeichnis über diejenigen Genossenschafter führen, die für die Genossenschaftsschulden beschränkt oder unbeschränkt haftbar sind oder die zu Nachschüssen verpflichtet sind. Die Genossenschaft hat neu zusätzlich ein Verzeichnis über sämtliche Genossenschafter zu führen. Dabei sind im Verzeichnis der Vor- und Nachname oder die Firma der Genossenschafter sowie deren Adresse einzutragen. Im Übrigen gelten für die Verzeichnis- und Aufbewahrungspflichten die gleichen Voraussetzungen wie bei den Inhaberaktien.