Vorsorgeplanung und Unternehmensnachfolge
Der zeitliche und finanzielle Einsatz von KMU-(Mit)Inhabern für ihr Unternehmen reicht weit über das Übliche hinaus. Darum sind solche, oft familiengeführte Firmen, auch ausserordentlich erfolgreich. Nicht selten investieren insbesondere Jungunternehmer alles was sie haben in «ihr Kind». Damit der Betrieb langfristig erfolgreich bleibt, muss er aber auch den Generationensprung schaffen. Denn im Gegensatz zum Unternehmer altert sein Geschäft nicht, so lange es mit frischen Ideen und finanziellen Mitteln ausgestattet und nach betriebswirtschaftlichen Kriterien geführt wird. Der Lebenszyklus des Unternehmens darf nicht vom Alter der Beteiligten abhängen!
* Ab 50 bis spätestens 55 Jahren sollte der Unternehmer seine Privatsituation nun auch aufs Alter hin analysieren. Es empfiehlt sich, eine Auslegeordnung vorzunehmen.
Frage:
Wie bringe ich als Unternehmer die Nachfolgeregelung in meinem Betrieb und die Vorsorgeplanung in meinem persönlichen Leben unter einen Hut?
Antwort:
Eine allzu enge personelle Verknüpfung mit der Firma kann dazu führen, dass fast alle Entscheide, die auch den Betrieb betreffen, aus rein unternehmerischer Optik zustande kommen. Dies wirkt sich möglicherweise nachteilig auf die Vorsorge der Geschäftsführenden und/oder die anstehende Nachfolgeregelung aus. Dem Unternehmer muss bewusst sein (bzw. bewusst gemacht werden), dass insbesondere seine überaus hohe finanzielle Verquickung mittelfristig negative Folgen zeitigen kann. Konkret: Viele Beschlüsse – vor allem mit zunehmendem Alter des Unternehmers – sollten gerade auch aus privater Optik gefällt werden. Sie betreffen namentlich die Unternehmensfinanzierung und Verwendung der erwirtschafteten Mittel.
Die Lebensphase vor Alter 50
In der Zeit des Geschäftsaufbaus oder in den Jahren nach dem Firmenkauf strebt der Unternehmer üblicherweise eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit von den Banken an. (Erneuerungs)Investitionen werden mit eigenen Mitteln beglichen, bestehende Bankverpflichtungen sukzessive durch Aktionärsdarlehen abgelöst usw. Folglich steigt im «eigenen» Unternehmen das investierte Kapital an.
Diese Strategie ist für den Unternehmensinhaber in der ersten Phase durchaus sinnvoll, denn so kann er sich von Fremdkapitalgebern unabhängig machen. Zudem ist das Vermögen bei guter Geschäftslage auch renditemässig gut investiert.
Der Zwischenhalt im Alter 50–55
Ab 50 bis spätestens 55 Jahren sollte der Unternehmer seine Privatsituation nun auch aufs Alter hin analysieren. Es empfiehlt sich, eine Auslegeordnung vorzunehmen (vgl. Grafik «Vermögensstruktur»).
Gestützt auf das Ergebnis stellt sich der Unternehmer Fragen, z.B.: Wie unabhängig bin ich materiell noch vom Unternehmen? Kann ein Nachfolger den aktuellen Unternehmenswert überhaupt finanzieren? Wie steht es mit meiner eigenen Vorsorge und jener der Partnerin/des Partners? – Nicht selten muss anschliessend gefolgert werden, dass der Unternehmenswert im Verhältnis zum Gesamtvermögen zu hoch ist. Damit ist oft «Abspecken im Unternehmen» angesagt.
Der Wert der stillen Reserven
Wie hoch der Unternehmenswert ist, hängt von unterschiedlichsten Faktoren ab. Der wichtigste ist die betriebliche Ertragskraft. Die Firma muss zwar mit den nötigen Finanzen ausgestattet sein, doch Unternehmen, die jahrelang erfolgreich geführt und grossmehrheitlich mit thesaurierten Mitteln selbst finanziert wurden, sind plötzlich «zu schwer». Das Resultat sind überflüssige liquide Mittel und hohe offene oder stille Reserven. Der Wert der Letzteren wird meist überschätzt. Grundsätzlich gilt: Stecken im Unternehmen Mittel, die geschäftsmässig nicht benötigt werden, sollten sie dem Betrieb vor einer Nachfolgeregelung entzogen werden. Insbesondere wenn die Käuferschaft für den Erwerb Fremdmittel benötigt, machen die Banken dies üblicherweise zur Bedingung.
Für stille Reserven gilt ausserdem: Wird das Unternehmen vor allem nach Ertragswertkriterien bewertet, sind diese stillen Reserven (weitgehend) wertlos.
Unternehmer müssen sich deshalb in dieser Lebensphase die Frage stellen, ob ein Auflösen der stillen Reserven mit nachgängigem Bezug sinnvoll ist.
Der Optikwechsel
Ergibt die Gesamtvermögensdarstellung beim Zwischenhalt, dass das Privatvermögen zulasten des Unternehmenswerts wachsen sollte, sind in zwei Bereichen Massnahmen angezeigt:
Mit diesem Strategiewechsel tun sich viele Unternehmer schwer, weil sie befürchten, deshalb hohe Steuern bezahlen zu müssen. Generell ist festzustellen, dass die massgebende Grösse nicht die Steuerbelastung, sondern der Wert nach bezahlten Steuern ist. Bezogen auf die stillen Reserven eröffnen sich dem Unternehmer zwei Fragen:
Wie hoch ist der Gegenwert der stillen Reserven, wenn ich sie vorgängig auflöse und den Nettogewinn an mich selbst ausschütte?
Die Steuerbelastung auf Zusatzbezügen
Allgemein sei festgehalten, dass die Steuerfolgen auf solch angezeigten Bezügen zu stark gewichtet werden. Bis vor etwa zehn Jahren waren sie wegen der vollen wirtschaftlichen Doppelbelastung tatsächlich hoch. Dies hat sich jedoch stark gewandelt. Die Tabelle «Nettowert stille Reserven» (-> Dividendenbezug) illustriert, wie hoch die Gesamtsteuerfolgen sind bzw. wie viel am Schluss verbleibt, wenn z.B. stille Reserven von CHF 100’000
Das Beispiel verdeutlicht, dass ca. 60 bis 80 Prozent für den Konsum verbleiben. Werden die stillen Reserven erst später im Rahmen des Unternehmensverkaufs realisiert, liegt der Gegenwert meist massiv tiefer!
Die Steuerlast lässt sich zusätzlich reduzieren, wenn Dividendenbezüge mit Vorsorgeoptimierungen gekoppelt werden. Konkret wird die erhaltene Dividende direkt in die Pensionskasse einbezahlt (vgl. Tabelle «Nettowert stille Reserven» (-> Dividende als Vorsorgeoptimierung)). Bezüglich Liquidität ist dies ein Nullsummenspiel. Steuersystematisch sind jedoch zwei Schritte zu beachten:
Die Bedeutung der Vorsorgeentscheide
Die Tabelle «Nettowert stille Reserven» könnte den Schluss zulassen, dass Mittel aus der Gesellschaft immer möglichst mit dem Umweg via Vorsorgeoptimierung zu verwenden sind. In dieser Absolutheit trifft dies nicht zu. Vielmehr ist in jedem Einzelfall abzuklären, ob das Einzahlen in die Pensionskasse aus privater Optik sinnvoll ist.
Ergibt sich aus dem Abwägen aller Pro und Contra, dass die Vorsorgeoptimierung nicht sinnvoll ist, wird das Auflösen der Reserven und ein normaler Dividendenbezug zur Option. In diesem Fall liegt die Gesamtsteuerbelastung (vgl. Tabelle «Nettowert stille Reserven») zwar leicht höher, ist jedoch meist immer noch der Alternative «Verschenken von stillen Reserven» vorzuziehen.