Erbrechtsrevision
Bis heute gelten weitestgehend die im Jahr 1912 festgelegten erbrechtlichen Bestimmungen im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB), die mit den heutigen Gesellschaftsformen aber längst nicht mehr übereinstimmen. Dies macht eine Revision des Erbrechts notwendig. Im August 2018 wurde dem eidgenössischen Parlament daher eine Revisionsvorlage zur Zustimmung unterbreitet.
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Frage
Was beinhaltet die Erbrechtsreform?
Antwort
Seit Inkrafttreten des ZGB vom 1. Januar 1912 wurden dessen erbrechtliche Bestimmungen (Art. 457–640 ZGB) nur geringfügig revidiert. In den letzten Jahrzehnten kam es zu grundlegenden Änderungen, die einzelne Erbrechtsregelungen in einem anderen Licht erscheinen lassen; namentlich die gestiegene Scheidungsrate, die hohe Lebenserwartung, mehr Zweit- oder Drittbeziehungen, mehr Patchwork Familien. Auch die Ehe wird zunehmend durch neue Partnerschaftsformen ersetzt. Dieser gesellschaftliche Wandel führt dazu, dass das Erbrecht mit den heutigen Gesellschaftsformen nicht mehr Schritt hält.
2010 reichte Altständerat Felix Gutzwiller von der FDP eine Motion ein, das Erb- und Pflichtteilsrecht flexibler und zeitgemässer zu gestalten. Die Motion wurde vom Parlament umgehend angenommen, was zu der vom Bundesrat nun vorgelegten Erbrechtsreform führte.
Der Bundesrat hat die Revisionsvorlage mit Beschluss vom 29. August 2018 dem eidgenössischen Parlament zur Zustimmung unterbreitet (vgl. BBl 2018 5813 ff.). National- und Ständerat werden in naher Zukunft, wohl aber erst nach den Wahlen im kommenden Herbst, darüber beraten.
Grundzüge der Vorlage
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Grössere Flexibilität bei der Unternehmensnachfolge, namentlich bei der Übertragung von Familienbetrieben.
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Vergrösserung der Verfügungsfreiheit für den Fall, wenn der Ehepartner oder der eingetragene Partner als Erblasser während des Scheidungsverfahrens oder der laufenden Auflösung der eingetragenen Partnerschaft verstirbt.
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Klarstellung bei der ehevertraglichen Meistbegünstigungsregelung der Ehepartner.
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Klarstellung der erbvertraglichen Behandlung der Ansprüche aus der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a).
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Härtefallregelungen bei faktischen Lebensgemeinschaften.
Die bestehenden Regelungen betreffend Erbberechtigung sowie Erbanteile werden von der vorliegenden Erbrechtsreform nicht geändert (Art. 457 bis 466 ZGB bleiben somit unverändert). Mit anderen Worten: Wenn der Erblasser keine letztwillige Verfügung / kein Testament erlässt, wird der Nachlass gleich aufgeteilt wie nach geltendem Recht.
1. Änderung der Pflichtteile
Das Ziel der Pflichtteilsänderungen bewirkt eine Erhöhung der sogenannten «frei verfügbaren Quote» und erweitert damit die Entscheidungsautonomie des Erblassers, was wiederum dazu führt, dass
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vereinfacht Lösungen für die Übertragung von Unternehmen durch Erbgang oder
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Erbvorbezug zu finden sind und
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der faktische Lebenspartner durch den Erblasser besser bevorzugt werden kann.
Die bestehenden Pflichtteilsregelungen erfahren folgende Änderungen:
a) Aufhebung Pflichtteilsberechtigung der Eltern
b) Verkleinerung Pflichtteilsberechtigung der Nachkommen
c) Pflichtteilsänderung während der Scheidung oder während des Auflösungsverfahrens bei der eingetragenen Partnerschaft
a) Pflichtteilsrecht der Eltern
Der Pflichtteil der Eltern beträgt nach herrschendem Recht die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs (Art. 471 Ziff. 2 ZGB). Wenn Eltern also allein erben, beträgt der Pflichtteil die Hälfte des Nachlassvermögens. Wenn sie mit dem überlebenden Ehepartner oder einem eingetragenen Partner teilen müssen, beträgt der Pflichtteil ein Achtel (½ × ¼) (vgl. Art. 462 Ziffer 2 ZGB). Sind Nachkommen des Erblassers vorhanden, entfällt der Pflichtteil der Eltern, da sie dann keine Erbenstellung haben. Die Pflichtteilsberechtigung der Eltern soll nun aufgehoben werden, weil die Unterstützungsbedürftigkeit der Eltern wegen den sozialversicherungsrechtlichen Hilfen in den Hintergrund getreten ist.
b) Pflichtteilsrecht der Nachkommen
Der Pflichtteil der Nachkommen beträgt nach geltendem Recht ¾ des gesetzlichen Erbanspruchs (Art. 471 Ziff. 1 ZGB). Vor allem dann, wenn der überlebende Ehepartner, der eingetragene Partner oder der faktische Lebenspartner für sein Auskommen nach dem Tod des Erblassers auf die Erbschaft angewiesen ist, kann der relativ hohe Pflichtteilsanspruch problematisch werden.
Die finanzielle Vorsorge der Nachkommen ist speziell durch die Regeln der Bundesgesetze über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG) und über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVG) schon weit abgedeckt. Dadurch rückt das Erbrecht als Vorsorgeinstitut in den Hintergrund. Mit der bevorstehenden Revision soll daher der Pflichtteilsanspruch von ¾ auf die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs reduziert werden.
c) Pflichtteilsanspruch des überlebenden Ehepartners oder des eingetragenen Partners
Der Pflichtteil des überlebenden Ehepartners oder des eingetragenen Partners beträgt nach geltendem Recht die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs (Art. 471 Ziff. 3 ZGB). Wenn er allein erbt, beträgt somit der Pflichtteil die Hälfte des Nachlasses.
Muss er mit Nachkommen teilen, beträgt der Pflichtteil ¼ (½ × ½) des Nachlasses, muss er mit den Eltern des Erblassers teilen, beträgt er drei Achtel (½ × ¾) des Nachlassvermögens. Diese Pflichtteilsregelung soll auch unter dem neuen Recht beibehalten bleiben.
Geltendes Recht
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Erbe
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Gesetzlicher Erbanteil
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Pflichtteil
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Verfügbare Quote
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Nachkommen
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ganze Erbschaft
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3/4
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1/4
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Ehepartner/ eingetragener Partner
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ganze Erbschaft
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1/2
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1/2
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Eltern
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ganze Erbschaft
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1/2
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1/2
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Geschwister
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ganze Erbschaft
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0
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ganze Erbschaft
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Nachkommen und Ehepartner/ eingetragener Partner
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1/2 und 1/2
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3/8 und 2/8
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3/8
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Eltern und Ehepartner/ eingetragener Partner
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1/4 und 1/2
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1/8 und 3/8
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1/2
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Geschwister und Ehepartner/ eingetragener Partner
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1/4 und 3/4
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0 und 3/8
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5/8
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Eltern und Geschwister
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1/2 und 1/2
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1/4 und 0
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3/4
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Eltern und Geschwister und Ehepartner/ eingetragener Partner
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1/8 und 1/8 und 3/4
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1/16 und 0 und 3/8
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9/16
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Neues Recht
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Erbe
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Gesetzlicher Erbanteil
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Pflichtteil
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Verfügbare Quote
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Nachkommen
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ganze Erbschaft
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1/2
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1/2
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Ehepartner/ eingetragener Partner
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ganze Erbschaft
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1/2
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1/2
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Eltern
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ganze Erbschaft
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0
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ganze Erbschaft
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Geschwister
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ganze Erbschaft
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0
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ganze Erbschaft
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Nachkommen und Ehepartner/ eingetragener Partner
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1/2 und 1/2
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1/4 und 1/4
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1/2
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Eltern und Ehepartner/ eingetragener Partner
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1/4 und 3/4
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0 und 3/8
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5/8
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Geschwister und Ehepartner/ eingetragener Partner
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1/4 und 3/4
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0 und 3/8
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5/8
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Eltern und Geschwister
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1/2 und 1/2
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0 und 0
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ganze Erbschaft
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Eltern und Geschwister und Ehepartner/ eingetragener Partner
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1/8 und 1/8 und 3/4
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0 und 0 und 3/8
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5/8
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2. Verlust des Pflichtteils während eines Scheidungs- und Auflösungsverfahrens
Nach herrschendem Recht entfällt der Pflichtteilsanspruch und das gesetzliche Erbrecht zwischen den Ehepartnern erst, wenn sie (formell rechtskräftig) geschieden sind (Art. 120 Abs. 2 ZGB). Die gleiche Regelung gilt auch für eingetragene Partnerschaften (Art. 31 Partnerschaftsgesetz, PartG). Diese Regelung basierte auf der Vorstellung der auf Dauer eingegangenen Ehe. Wie eingangs schon erwähnt, sind diese Vorstellungen wegen der Anzahl Scheidungen sowie anderer Lebensgestaltungsmöglichkeiten vielfach überholt. Dazu kommt, dass Vorsorgeeinrichtungen der AHV (Art. 23 ff. AHVG) und der zweiten Säule (Art. 18 ff. BVG) schon weitgehende Absicherungen des überlebenden Partners vorsehen.
Stirbt ein Partner während des Scheidungs- oder Auflösungsverfahrens (letzteres bei der eingetragenen Partnerschaft), so behält der überlebende Partner sowohl die gesetzliche Erbberechtigung als auch das Pflichtteilsrecht. Anders verhält es sich beim ehelichen Güterrecht. Das eheliche Vermögen bzw. die damit einhergehende Auflösung des Güterstandes wird auf den Tag zurückbezogen, an dem das (Scheidungs-)Begehren gestellt wurde (Art. 204 Abs. 2 ZGB). Diese Regelung gilt auch bei der Aufteilung des beruflichen Vorsorgevermögens bei einer Scheidung (Art. 122 ZGB).
Der Revisionstext hält fest:
Stirbt ein Partner während des Scheidungsverfahrens, so kann der überlebende Partner den Pflichtteil nicht geltend machen, wenn zum Zeitpunkt des Todes eine der beiden Voraussetzungen erfüllt ist:
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Die Scheidung wurde auf Begehren beider Partner eingeleitet oder eine Klage auf Scheidung wurde in eine Scheidung auf gemeinsames Begehren umgewandelt («einverständliche Scheidung»);
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Die Partner haben bereits während mindestens zwei Jahren getrennt gelebt.
Die gleichen Grundsätze gelten auch für das Auflösungsverfahren bei der eingetragenen Partnerschaft.
Allerdings behält der überlebende Ehepartner oder der überlebende eingetragene Partner bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft der Scheidung bzw. der Auflösung der eingetragenen Partnerschaft das gesetzliche Erbrecht. Die betreffende Person hat somit Anspruch auf ihren Erbanteil, soweit ihr dieser nicht testamentarisch entzogen wurde oder der vorerwähnte Pflichtteilsanspruchsverlust eintritt.
3. Erhöhung der verfügbaren Quote bei Nutzniessung zugunsten des überlebenden Partners
Damit der überlebende Partner den bestehenden Lebensstandard beibehalten kann, erlaubt das bisherige Recht dem Erblasser, dem überlebenden Partner die Nutzniessung am ganzen den gemeinsamen Kindern zufallenden Teil der Erbschaft zuzuwenden (Art. 473 Abs. 1 ZGB). Diese Nutzniessung tritt anstelle des gesetzlichen Erbrechts des überlebenden Partners. Die Nachkommen erben dann das blosse nackte Eigentum an ihrem mit der Nutzniessung belasteten Erbanteil. Neben dieser Nutzniessung beträgt die verfügbare Quote (Anteil, der die Pflichtteile übersteigt und über welchen der Erblasser frei verfügen kann) einen Viertel des Nachlasses (Art. 473 Abs. 2 ZGB). Diese freie Quote kann der Erblasser dem überlebenden Partner als Erbteil zu Eigentum zukommen lassen.
Die Gesetzesrevision sieht nun vor, dass diese verfügbare Quote die Hälfte des Nachlasses betragen soll. Diese Quote entspricht denn auch der ordentlichen Quote, wenn der Partner das Nachlassvermögen mit gemeinsamen Nachkommen teilen muss (vgl. vorerwähnt). Somit kann dem überlebenden Partner neben der einen Hälfte des Nachlassvermögens zu Eigentum, die andere Hälfte zur Nutzniessung zugewendet werden.
4. Klarstellung bei überhälftiger Vorschlagszuweisung durch Ehe- oder Vermögensvertrag (sog. «Meistbegünstigung»)
Bekanntlich muss vor der erbrechtlichen Nachlassleitung die güterrechtliche Auseinandersetzung durchgeführt werden (Art. 214 Abs. 1 ZGB).
Mittels Ehe- oder Vermögensvertrag kann beim ordentlichen Güterstand der Errungenschaftsbeteiligung der ganze Vorschlag (die Hälfte des während der Ehe erwirtschafteten Vermögens) dem überlebenden Partner zugewendet werden (Art. 216 ZGB). Bei der Gütergemeinschaft können die Ehepartner ebenfalls die Zuweisung des Gesamtgutes an den überlebenden Partner vereinbaren (Art. 241 Abs. 2 ZGB). Je nach Grösse der Errungenschaft bzw. des Gesamtgutes der Partner können allenfalls die Pflichtteile der Nachkommen durch eine derart vereinbarte Meistbegünstigung verletzt werden. Während das geltende Gesetz diesen Eingriff in das Pflichtteilsrecht bei gemeinsamen Nachkommen und Eltern zulässt, wird er aber bei nichtgemeinsamen Nachkommen ausgeschlossen (Art. 216 Abs. 2 ZGB). Bei einer eingetragenen Partnerschaft darf eine solche Meistbegünstigungsregelung die Pflichtteile der Nachkommen eines Partners nicht verletzen (Art. 25 Abs. 2 PartG).
Das heute geltende Recht besagt nicht, ob es sich bei einem «Ehe- oder Vermögensvertrag mit vereinbarter Meistbegünstigung» um eine «Zuwendung unter Lebenden» oder um eine «Zuwendung von Todes wegen» handelt. Diese Unterscheidung hat aber eine erhebliche Auswirkung auf die Berechnung der einzelnen Pflichtteile und auf die Reihenfolge der Herabsetzungen, da die «Zuwendung unter Lebenden» nach den Verfügungen «von Todes wegen» herabgesetzt werden (Art. 532 ZGB). Diese Rechtsunsicherheit wird mit der vorliegenden Revision geklärt. Die Meistbegünstigung des überlebenden Partners soll neu als «Zuwendung unter Lebenden» qualifiziert werden.
Die Pflichtteile der gemeinsamen Nachkommen sollen durch eine Meistbegünstigung des überlebenden Partners nicht zu stark eingeschränkt werden. Daher soll nun die überhälftige Vorschlagszuweisung bei der Berechnung der Pflichtteile einbezogen werden, soweit sie den überlebenden Partner begünstigt, nämlich in der Höhe des Betrages, der die Hälfte des Vorschlages der verstorbenen Person übersteigt. Folglich kann die Vorschlagszuteilung gegebenenfalls im Rahmen der Pflichtteilsberechnung herabgesetzt werden.
Eine Klage auf Herabsetzung der Ehe- oder Vermögensverträge können aber weiterhin nur die nichtgemeinsamen Nachkommen und deren Nachkommen anstrengen. Bei Wiederverheiratung oder Begründung einer neuen eingetragenen Partnerschaft sollen die gemeinsamen Nachkommen und deren Nachkommen nach neuer Regelung nun den Pflichtteil geltend machen können, den sie beim Tod des Erstversterbenden hätten geltend machen können. Der gleiche Schutz steht schon heute den gemeinsamen Nachkommen und deren Nachkommen im Falle der Wiederverheiratung bei einem Nutzniessungsvermächtnis nach Art. 473 Abs. 3 ZGB zu.
5. Klarstellung der erbrechtlichen Behandlung der gebundenen Vorsorge (Säule 3a)
Der Anspruch der Rechtsnachfolger einer verstorbenen Person gegenüber den Sozialversicherungswerken und Pensionskassen fällt nicht in das Nachlassvermögen. Die Begünstigten erwerben diese Ansprüche aus eigenem Recht. Da sie nicht in die Erbmasse fallen, unterstehen diese Ansprüche auch nicht der Herabsetzung.
Demgegenüber herrscht im geltenden Recht keine Klarheit, ob die Ansprüche aus der gebundenen Selbstvorsorge (Säule 3a) in den Nachlass gehören oder nicht. Die Revision klärt diese Rechtsunsicherheit und zählt diese Ansprüche, egal ob sie gegenüber einer Versicherungseinrichtung oder einer Bankenstiftung bestehen, nicht zur Erbmasse. Da sie nicht zur Erbmasse gehören, fallen diese Ansprüche bei der Ausschlagung einer Erbschaft auch nicht in die Konkursmasse, sondern werden den begünstigten Personen direkt zugewiesen.
Zum Schutz der pflichtteilsgeschützten Erben sollen die an Dritte ausgerichteten Versicherungsansprüche – auch solche der gebundenen Vorsorge (Säule 3a) – nun der Pflichtteilsberechnungsmasse hinzugerechnet werden. Folglich können die pflichtteilsgeschützten Erben dann mittels Klage die Herabsetzung der Ansprüche verlangen, bis ihr Pflichtteil hergestellt ist.
6. Unterstützungsanspruch zugunsten des faktischen Lebenspartners
Nach geltendem Recht besitzt der faktische Lebenspartner weder ein gesetzliches Erbrecht noch einen Pflichtteil. Mit der vorgesehenen Vergrösserung der Verfügungsfähigkeit des Erblassers kann dem faktischen Lebenspartner mittels letztwilliger Verfügung die freie Quote nun zugewiesen werden.
Wenn jedoch keine letztwillige Verfügung getroffen wurde, kann der überlebende faktische Lebenspartner in eine finanziell schwierige Lage kommen. Der Revisionsvorschlag des Bundesrates sieht nun vor, dass dem überlebenden faktischen Lebenspartner unter bestimmten Voraussetzungen ein Unterstützungsanspruch gewährt wird. Dieser Anspruch kann vor dem Tod weder durch letztwillige Verfügung noch durch Vereinbarung aufgehoben werden. Der Anspruch richtet sich gegen den Nachlass und stellt somit eine Erbschaftsschuld dar. Damit der Anspruch ausgerichtet werden kann, wird der Pflichtteil erst nach Abzug des Unterstützungsanspruchs errechnet.
Die Ausrichtung des Unterstützungsanspruchs ist an folgende Voraussetzungen, die kumulativ erfüllt sein müssen, gebunden:
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Die faktische Lebensgemeinschaft hat mindestens fünf Jahre vor dem Tod des Erblassers bestanden.
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Die überlebende Person gerät infolge Tod des Erblassers in finanzielle Not, d.h. ihr sozialhilferechtliches Existenzminimum kann von ihr nicht selbst gedeckt werden.
Die Unterstützung erfolgt in Form einer monatlichen Rente. Kann sich der überlebende Lebenspartner mit den Erben über die Höhe der Rente nicht einigen, kann die Forderung innert drei Monaten nach dem Tod des Erblassers bei den Erben offiziell angemeldet und anschliessend innert eines Jahres eingeklagt werden oder der Anspruch kann direkt eingeklagt werden.
Die Höhe des Unterhaltsanspruches richtet sich in erster Linie nach dem monatlichen Bedarf der berechtigten Person. Dabei sind Alter, Erwerbsaussichten, Vermögen und Anwartschaften aus AHV und BVG zu berücksichtigen. Das Gesetz sieht weiter auch eine Plafonierung des Unterhaltsanspruches vor.
Aus steuerlicher Sicht gelten solche Renten als Unterstützungen aus privaten Mitteln im Sinne von Art. 24 lit. d Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) und sind daher einkommenssteuerbefreit.
7. Fazit
Die vorliegende Erbrechtsrevision hat sich nach den gesellschaftlichen Veränderungen und den damit einhergehenden geänderten Sichtweisen aufgedrängt. Wie wir uns selbst, so müssen sich auch die rechtlichen Vorgaben dem Wandel von Zeit zu Zeit anpassen. Vor diesem Hintergrund und in Bezug auf diese Erbrechtsrevision sollten allfällige – bereits früher gefasste – letztwillige Verfügungen wie Testamente und Erbverträge nun kritisch geprüft werden.