Der Chef hatte einen Autounfall und liegt im Koma. Was passiert mit dem Unternehmen?
Ist ein Unternehmer infolge von Altersschwäche, eines schweren Unfalls oder einer Krankheit nicht mehr urteilsfähig, ist er im Rechtsverkehr nicht handlungsfähig und kann so auch keine Entscheidungen mehr für sein Unternehmen treffen. Dies kann weitreichende Konsequenzen für das Unternehmen haben, gar zu einem Stillstand im Unternehmen führen. Wer trifft die nötigen operativen Entscheidungen? Wer unterzeichnet den bereits unterschriftsreifen Vertrag? Wer hat Zugriff auf die Geschäftskonten? Mit der Errichtung eines Vorsorgeauftrages kann der Unternehmer einen geordneten Weiterbetrieb seines Unternehmens ermöglichen.
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Frage
Wie kann ein Unternehmer sicherstellen, dass sein Unternehmen nach seinen individuellen Anordnungen fortgeführt wird?
Antwort
Kann mich mein Ehegatte oder mein eingetragener Partner vertreten?
Zwar gibt es ein gesetzliches Vertretungsrecht des Ehegatten oder eingetragenen Partners. Dieses umfasst lediglich alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind, die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte und nötigenfalls die Befugnis, die Post zu öffnen und zu erledigen. Für Rechtshandlungen im Rahmen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung – wozu unter anderem auch das Führen eines Unternehmens, die Verwaltung eines Wertschriftendepots, der Kauf/Verkauf einer Liegenschaft oder die Erhöhung einer Hypothek zählen – muss der Ehegatte oder eingetragene Partner die Zustimmung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) einholen. Deshalb ist ein Vorsorgeauftrag auch für Verheiratete oder in eingetragener Partnerschaft lebende Personen wichtig, um deren Handlungsspielraum zu erweitern.
Kein Vorsorgeauftrag. Was nun?
Sofern kein Vorsorgeauftrag erstellt wurde und folglich keine handlungsfähige Person zur Vertretung des handlungsunfähigen Unternehmers ermächtigt ist, muss die KESB von Amtes wegen die Erforderlichkeit einer Beistandschaft prüfen und nötigenfalls einen Beistand einsetzen. Die Angehörigen können zwar einen Beistand vorschlagen, der Entscheid liegt aber einzig bei der KESB. Dieser Abklärungsprozess kann unter Umständen mehrere Monate dauern. So viel Zeit steht beim Eintreten einer Urteilsunfähigkeit des Unternehmers oftmals nicht zur Verfügung, da wichtige Entscheidungen für das Unternehmen getroffen werden müssen. Der Fortbestand eines Unternehmens kann dadurch gefährdet sein. Liegt jedoch ein Vorsorgeauftrag vor, kann die Bürokratie verringert, die Abklärungen bei der KESB beschleunigt und so auch die rasche Weiterführung des Unternehmens sichergestellt werden.
Was ist ein Vorsorgeauftrag?
Der Vorsorgeauftrag ermöglicht es einer handlungsfähigen (d.h. volljährigen und urteilsfähigen) Person, eine andere natürliche oder juristische Person zu beauftragen, die für den Fall ihrer Urteilsunfähigkeit die Personen- oder Vermögenssorge übernimmt oder sie im Rechtsverkehr vertritt. Der Auftraggeber kann somit festlegen, wer in welchem Umfang (umfassend oder beschränkt auf gewisse Teilbereiche) für seine Betreuung und Pflege, für die Verwaltung seines Vermögens und für seine rechtliche Vertretung zuständig ist.
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Die Personensorge umfasst alles, was mit der Persönlichkeit des urteilsunfähig gewordenen Auftraggebers zusammenhängt. Es geht beispielsweise um die Bereiche Wohnen, Betreuung, Öffnen und Erledigen der Post oder Telekommunikation.
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Die Vermögenssorge umfasst kurz gesagt die Verwaltung des Vermögens und des Einkommens. Der Beauftragte muss die vermögensrechtlichen Interessen der urteilsunfähig gewordenen Person wahren, beispielsweise muss er das laufende Einkommen verwalten, Zahlungen entgegennehmen oder Forderungen eintreiben.
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Die Vertretung im Rechtsverkehr gibt dem Beauftragten die Befugnis zur Vertretung des Auftraggebers gegenüber Behörden, Gerichten und Privaten. Sie umfasst alle rechtsgeschäftlichen Handlungen, die entweder persönliche Angelegenheiten oder das Vermögen des Auftraggebers betreffen.
Der Vorsorgeauftrag muss entweder vollständig von Hand geschrieben, datiert und unterzeichnet oder öffentlich beurkundet werden.
Der Vorsorgeauftrag steht unter der aufschiebenden Bedingung der Urteilsunfähigkeit. Tritt die Urteilsunfähigkeit ein, prüft die KESB die Gültigkeit des Vorsorgeauftrages. Weiter muss die KESB prüfen, ob die beauftragte Person für die ihr übertragenen Aufgaben geeignet ist und das Mandat annehmen will. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, wird der Vorsorgeauftrag von der KESB für wirksam erklärt.
Im Gegensatz zu Verfügungen von Todes wegen gibt es im Kanton Schwyz keine staatliche Aufbewahrungsstelle für Vorsorgeaufträge. Es empfiehlt sich daher, den Vorsorgeauftrag an einem sicheren, leicht auffindbaren Ort zu hinterlegen oder dem Vorsorgebeauftragten oder einer anderen Vertrauensperson zu übergeben. Zusätzlich kann die Errichtung und der Hinterlegungsort des Vorsorgeauftrages beim Zivilstandsamt zur Eintragung in der zentralen Datenbank beantragt werden.
Vorsorgeauftrag als Instrument zur Fortführung des Unternehmens
Der Unternehmer kann im Vorsorgeauftrag individuelle Anordnungen treffen, die im Fall seiner Urteilsunfähigkeit das Weiterbestehen seines Unternehmens sichern. So kann er bestimmen, wer ihn an der Generalversammlung vertritt und dieser Person zugleich Weisungen bezüglich der Ausübung der Stimmrechte (z.B. Wahlen, Dividenden) erteilen oder festlegen, wer die operative Leitung des Unternehmens übernimmt. Im Vorsorgeauftrag kann auch ein Verkauf des Unternehmens oder deren Liquidation geregelt werden.
Als Beauftragte können eine oder mehrere natürliche Personen (Ehepartner, Kinder, Freunde, andere Vertrauenspersonen) oder juristische Personen (Treuhänder, Anwalt, Fachstellen) eingesetzt werden. Es ist auch möglich, für die verschiedenen Bereiche (Personensorge, private Vermögenssorge, geschäftliche Vermögenssorge) unterschiedliche Personen einzusetzen. Die beauftragte Person in geschäftlicher Hinsicht sollte über die nötigen Fachkenntnisse verfügen.
Vorsorgeauftrag als Nachfolgeinstrument
Der Vorsorgeauftrag ist zwar kein Instrument der Nachfolgeregelung, jedoch können in einem Vorsorgeauftrag Anordnungen getroffen werden, um die Nachfolgeregelung in die Wege zu leiten oder aufgrund einer unerwarteten Urteilsunfähigkeit des Unternehmers zu beenden. Wenn ein fünfundvierzigjähriger Unternehmer infolge eines Unfalls plötzlich urteilsunfähig wird, ist kein Verkauf des Unternehmens an Dritte oder keine Übergabe des Unternehmens an eigene Kinder möglich, wenn der Unternehmer nicht vorgesorgt hat. Der Unternehmer kann also beispielsweise im Vorsorgeauftrag seine beauftragte Person verpflichten, die Aktien an seinen Sohn zu einem vorgegebenen Preis zu verkaufen.
Fazit
Eine Urteilsunfähigkeit kann jeden treffen. Der Vorsorgeauftrag gehört wie die Nachlassplanung zu einem unabdingbaren Notfallinstrument für den Unternehmer. Wer darauf verzichtet und urteilsunfähig wird, überlässt der KESB die Entscheidung, wer für die persönlichen und geschäftlichen Angelegenheiten verantwortlich ist. Mit dem Vorsorgeauftrag kann aber sichergestellt werden, dass der eigene Wille respektiert und somit das Unternehmen nach seinen individuellen Anordnungen fortgeführt wird.