Teilzeitarbeit - Grundlagen und Stolpersteine
Die Teilzeitarbeit hat in der Schweiz stark an Bedeutung gewonnen. Von Teilzeit spricht man ab einem Arbeitspensum von weniger als 90%, gemessen an einem betriebs- oder branchenüblichen Arbeitspensum von 100%. Gemäss Schweizerischer Arbeitskräfteerhebung (SAKE) belief sich die Zahl der Teilzeiterwerbstätigen im 2. Quartal 2019 auf 1,782 Millionen gegenüber 2,941 Millionen Vollzeiterwerbstätigen. Etwa eine Million Teilzeiterwerbstätige arbeiteten zwischen 50–89% und etwa 700’000 unter 50%. Rund 60% der erwerbstätigen Frauen arbeiteten Teilzeit, bei den Männern waren es knapp 20%.
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Frage
Was muss bei einer Teilzeitanstellung beachtet werden?
Antwort
Arten von Teilzeitarbeit
In der Arbeitswelt finden sich zahlreiche Arten und Mischarten der Teilzeitarbeit. Am weitesten verbreitet ist die eigentliche Teilzeitarbeit. Darunter versteht man die regelmässige Arbeit mit festen (bspw. montags bis donnerstags) oder unregelmässigen (bspw. dreimal halbtags in der Woche) Einsatzzeiten. Bei uneigentlicher Teilzeitarbeit verständigen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils im Voraus über den Umfang eines Einsatzes (bspw. im Voraus bestimmte Arbeitszeiten für die nächste Woche). Bei der Arbeit auf Abruf steht es entweder im Belieben des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer aufzubieten (echte Arbeit auf Abruf) oder im Belieben des Arbeitnehmers, den Einsatz anzunehmen (unechte Arbeit auf Abruf). Bei der Aushilfs- oder Gelegenheitsarbeit wird mit jedem Einsatz ein neuer Arbeitsvertrag abgeschlossen. Neu entwickelt hat sich in den letzten Jahren das Jobsharing. Dabei teilen sich zwei oder mehr Arbeitnehmer eine Stelle, wobei sie die Aufteilung der Arbeitszeit untereinander und ohne Zutun des Arbeitgebers regeln.
Gesetzliche Grundlagen der Teilzeitarbeit
Nach Art. 319 Abs. 2 OR gilt derjenige Vertrag als Einzelarbeitsvertrag, durch den sich ein Arbeitnehmer zur regelmässigen Leistung von stunden-, halbtage- oder tageweiser Arbeit im Dienst des Arbeitgebers verpflichtet. Das Schweizerische Obligationenrecht unterstellt damit den Teilzeitarbeitsvertrag den gleichen Vorschriften wie den Einzelarbeitsvertrag (im Vollzeitpensum). Das Arbeitsgesetz und die anwendbaren Gesamt- und Nominalarbeitsverträge gelten für Teilzeitarbeitsverhältnisse ebenso.
Auch wenn der Teilzeitarbeitsvertrag grundsätzlich kein Formgültigkeitserfordernis kennt und auch mündlich abgeschlossen werden kann, sollte er zu Beweiszwecken schriftlich abgeschlossen werden. Besondere Arbeitsverträge (bspw. Lehrverträge oder Gesamt- und Nominalarbeitsverträge) müssen hingegen für die Gültigkeit stets schriftlich abgeschlossen werden. Auch bestimmte arbeitsvertragliche Abmachungen, wie beispielsweise ein Konkurrenzverbot, sind nur gültig, wenn sie schriftlich vereinbart werden (vgl. Art. 340 Abs. 1 OR).
Was gehört alles in einen Teilzeitarbeitsvertrag?
Der Arbeitsvertrag muss von beiden Vertragsparteien unterzeichnet werden und mindestens die folgenden Punkte regeln:
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Bezeichnung der Vertragsparteien (Arbeitgeber und Arbeitnehmer)
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Stellenbezeichnung
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Beginn des Arbeitsverhältnisses
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befristetes/unbefristetes Arbeitsverhältnis
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Festlegung des Arbeitspensums (idealerweise auch betriebsübliches Vollzeitpensum nennen)
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üblicher Arbeitsort
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Tätigkeitsbereich (Umschreibung der wichtigsten Funktionen, direkter Vorgesetzter)
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Arbeitszeiten
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Überstunden
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Ferien (mind. 4 Wochen nach dem 20. Altersjahr)
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Feiertage und Freizeit
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Lohn (Monatslohn oder Stundenlohn, 13. Monatslohn, Spesen, Nebenleistungen, Zahlungsmodalitäten)
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Sozialversicherungen
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Krankheit und Unfall
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Probezeit und Kündigungsfristen
Der Gerichtsstand kann im Arbeitsvertrag nicht frei vereinbart werden. Von Gesetzes wegen ist für arbeitsrechtliche Klagen entweder das Gericht am Wohnsitz respektive am Sitz der beklagten Partei oder der Ort, an dem der Arbeitnehmer in der Regel die Arbeit verrichtet hat, zuständig (Art. 34 ZPO). Erst nach Entstehen der Streitigkeit kann im beidseitigen Einvernehmen ein anderer Gerichtsstand gewählt werden.
Überstunden bei Teilzeitarbeit
Als Überstunden wird die Arbeitszeit bezeichnet, die über dem verabredeten oder üblichen zeitlichen Umfang liegt. Überstunden müssen betrieblich notwendig und für den Arbeitnehmer zumutbar sein und entweder vom Arbeitgeber angeordnet oder vom Arbeitnehmer nach Treu und Glauben als notwendig erachtet werden.
Ausserhalb von Normal- oder Gesamtarbeitsverträgen können die Parteien frei vereinbaren, ob und falls ja, wie sie die Überstunden kompensieren wollen. Wird diesbezüglich nichts vereinbart, sieht das Gesetz im Grundsatz die Ausgleichung von Überstunden innerhalb eines angemessenen Zeitraumes durch Freizeit von mindestens gleicher Dauer vor. Hierfür ist allerdings das Einverständnis des Arbeitnehmers vorausgesetzt. Kann das Einverständnis nicht eingeholt werden, muss der Arbeitgeber für die Überstundenarbeit den Normallohn samt einem Zuschlag von mindestens einem Viertel entrichten (Art. 321c Abs. 1 und 2 OR).
Ist im Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart, dann beginnen bei Teilzeitarbeit die Überstunden bereits ab der ersten überschrittenen Stunde des vereinbarten Arbeitspensums zu laufen. So werden bspw. bei einem 50%-Arbeitspensum und bei einer betriebsüblichen 42-Stunden-Woche ab der 22. Arbeitsstunde Überstunden geleistet. Fehlt eine vertragliche Vereinbarung, dann muss der Arbeitnehmer damit einverstanden sein, dass die Überstunden durch Freizeit von gleicher Dauer kompensiert werden. Ist er damit nicht einverstanden, dann muss der Arbeitgeber für die geleisteten Überstunden einen Lohnzuschlag von 25% bezahlen. Um solche Lohnnachzahlungen zu vermeiden, empfiehlt es sich, im Arbeitsvertrag entweder den Zuschlag auszuschliessen oder ansonsten zu vereinbaren, dass ein Zuschlag erst ab der betriebsüblichen Arbeitszeit (bspw. ab der 43. Wochenstunde) erfolgt.
Sollen Überstunden durch Freizeit von gleicher Dauer kompensiert werden, empfiehlt sich die vertragliche Vereinbarung, dass die Kompensation ausserhalb der üblichen Blockzeiten zu erfolgen hat (z. B. Kompensation bis 9 Uhr vormittags und ab 16 Uhr nachmittags).
Ferien bei Teilzeitarbeit
Angestellte Teilzeitmitarbeiter haben – wie Vollzeitmitarbeiter – Anspruch auf mindestens vier Wochen Ferien pro Jahr. Steht das Teilzeitpensum (bspw. 60%) fest, entspricht der Ferienanspruch anteilsmässig (60%) einem 100%-Pensum. Bei vier Wochen Ferien (20 Tage) ergibt dies einen Ferienanspruch von zwölf Tagen (20 / 10 × 6). Damit erhält der im 60%-Pensum Angestellte ebenfalls eine arbeitsfreie Zeit von vier Wochen pro Jahr.
Erfolgt die Pensumreduktion durch Reduktion der Arbeitsstunden pro Tag, bspw. von 8 Stunden (100%) auf 6.4 Stunden (80%), dann bleibt die Anzahl der arbeitsfreien Tage unverändert, weil jeder Ferientag auch «nur» 6,4 Stunden Arbeitsreduktion bringt. Die arbeitsfreie Zeit bleibt bei vier Wochen (20 Tage à 6,4 Stunden).
Ferienabgeltung im Stundenlohn
Bei Teilzeitstellen erfolgt die Entlöhnung häufig im Stundenlohn. Hier ist zu beachten, dass auch im Stundenlohn angestellte Teilzeitmitarbeiter Anspruch auf Lohn während den Ferien (Ferienlohn) haben. Gemäss Bundesgericht darf der Ferienlohn erst unmittelbar vor dem Ferienbezug ausbezahlt werden. Die in Arbeitsverträgen verbreitete Klausel «Feriengeld inbegriffen» ist bei strenger Betrachtung keine gültige Abgeltungsabrede. Der ebenfalls verbreitete prozentuale Ferienzuschlag von 8,33% (bei 4 Wochen Ferien) bzw. 10,64% (bei 5 Wochen Ferien) ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nur in ganz wenigen Ausnahmefällen zulässig, etwa bei sehr unregelmässiger Arbeit oder bei sehr kurzen Arbeitsverhältnissen. Und auch in diesen Fällen darf eine Abgeltung des Ferienlohnes zusammen mit dem normalen Lohn nur dann vorgenommen werden, wenn der Ferienzuschlag im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart und in jeder Lohnabrechnung separat ausgewiesen wird.
Vergütet ein Arbeitgeber seinem im Stundenlohn angestellten Teilzeitmitarbeiter den Ferienzuschlag dennoch zusammen mit der Monatslohnabrechnung, riskiert er im Streitfall vor Gericht, dass der Ferienzuschlag als normaler Lohnbestandteil qualifiziert wird. Dem Arbeitnehmer muss im Streitfall derjenige Lohn nachbezahlt werden, den er verdient hätte, wenn er während des Ferienbezugs gearbeitet hätte.
Dieses Doppellohnzahlungsrisiko lässt sich durch eine arbeitsvertragliche Klausel zumindest teilweise reduzieren, indem sich der im Stundenlohn Angestellte ausdrücklich mit der monatlichen Auszahlung des Ferienlohns einverstanden erklärt. Idealerweise wird der monatliche Ferienzuschlag gleich auf ein separates Ferienkonto einbezahlt, welches dem Mitarbeiter erst kurz vor dem Ferienbezug freigegeben wird.