Lohngleichheitsanalyse
Am 1. Juli 2020 treten die Neuerungen des Gleichstellungsgesetzes (GIG) in Kraft. Ab dann müssen Betriebe mit mehr als 100 Mitarbeitenden eine Lohngleichheitsanalyse durchführen.
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Frage
Betrifft diese gesetzliche Änderung mein Unternehmen und falls ja, was sind die Folgen?
Antwort
Rechtliche Ausgangslage:
Das Gebot der Gleichstellung ist seit 1981 in der Bundesverfassung verankert. Der Gleichstellungsartikel fordert ausdrücklich die Gleichbehandlung der Geschlechter in Bezug auf die Löhne: «Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit» (Art. 8 Abs. 3 BV).
1996 trat das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Mann und Frau (GIG) in Kraft, welches die gesetzliche Grundlage zur konkreten Umsetzung des Verfassungsartikels bildet und insbesondere jegliche Form der Diskriminierung im Bereich der Erwerbsarbeit verbietet (vgl. Art. 3. Abs. 2 GIG).
Die Änderung des GIG wurde am 14. Dezember 2018 vom Parlament verabschiedet und vom Bundesrat an der Sitzung vom 21. August 2019 auf den 1. Juli 2020 in Kraft gesetzt.
Speziell ist, dass das Parlament die Geltungsdauer der Lohngleichheitsanalysepflicht auf 12 Jahre beschränkt hat (Sunset-Klausel). Die Änderungen des GIG sowie die dazugehörige Verordnung werden deshalb auf den 1. Juli 2032 automatisch ausser Kraft gesetzt.
Wer ist von der neuen Gesetzgebung betroffen?
Die neuen Regeln gelten für Unternehmen, die am Anfang eines Kalenderjahres 100 oder mehr Mitarbeitende beschäftigen. Hierzu gelten folgende Grundsätze:
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Die Berechnung erfolgt auf Headcounts, d.h. Teilzeitmitarbeitende gelten jeweils als ein Headcount.
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Lernende und Praktikanten werden nicht gezählt.
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Einbezogen werden alle Mitarbeitenden mit einem Arbeitsvertrag nach Schweizer Obligationenrecht.
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Als Unternehmen gelten privatrechtliche Unternehmen, unabhängig ihrer Rechtsform sowie öffentliche Institutionen (Bund, Kantone, Gemeinden).
Befreit von der Pflicht zur Durchführung einer Lohngleichheitsanalyse sind Unternehmen, die im Rahmen des öffentlichen Beschaffungs- und Subventionswesens bezüglich Einhaltung der Lohngleichheit bereits kontrolliert wurden und der Referenzmonat für die Kontrolle zwischen Juli 2016 und Juni 2020 lag.
Was muss das betroffene Unternehmen vornehmen?
Das betroffene Unternehmen muss die Lohngleichheitsanalyse selbständig oder mit externer Begleitung umsetzen. Grundlage für die Analyse ist ein Referenzmonat in der Periode zwischen dem 1. Juli 2020 und dem 30. Juni 2021. Zur Erstellung der Analyse steht dem Unternehmen das Standard-Analyse-Tool des Bundes für Lohngleichheitsanalysen (Logib) zur Verfügung. Alternativ kann die Analyse auch mit einer anderen wissenschaftlichen und rechtskonformen Methode erarbeitet werden.
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Mit Logib können Arbeitgebende selbst überprüfen, ob die Lohngleichheit zwischen Mann und Frau in ihrem Unternehmen eingehalten wird. Die Anwendung des Tools ist sehr einfach. Nach dem Einspeisen der Daten via Excel ins Logib ist die Auswertung in wenigen Minuten verfügbar. Die Auswertung liefert eine Aussage darüber, ob nicht erklärbare Lohnunterschiede festgestellt wurden. Die Speicherung und Bearbeitung der Daten erfolgt lokal auf dem Computer und die Datenhoheit verbleibt beim Nutzer. Somit werden mit der Nutzung des Tools keine Daten transferiert sowie Behörden und Dritten zugänglich gemacht.
Anschliessend muss das Unternehmen eine unabhängige Stelle beauftragen, die die Analyse formell überprüft. Die Prüfung kann
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durch zugelassene Revisoren / Revisionsexperten nach RAG oder
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durch Organisationen nach Art. 7 des GIG (z.B. Frauen- oder Männerorganisationen, die nach ihren Statuten die Gleichstellung von Frau und Mann fördern oder Gewerkschaften, welche die Interessen der Arbeitnehmenden wahren)
durchgeführt werden.
Wird ein Revisionsunternehmen mit der Prüfung der Lohngleichheitsanalyse beauftragt, muss der Auftraggebende diesem alle Unterlagen übergeben und alle Auskünfte erteilen, die für die Erfüllung der Überprüfung benötigt werden. Das Revisionsunternehmen überprüft (nur), ob die Lohngleichheitsanalyse formell korrekt durchgeführt wurde. Dabei handelt es sich um eine formelle Prozessprüfung und nicht um eine materielle Prüfung, ob es im Unternehmen ein Problem mit der Lohngleichheit gibt.
Schliesslich muss das Unternehmen die Mitarbeitenden schriftlich über das Ergebnis der Analyse informieren. Börsenkotierte Unternehmen sind sogar verpflichtet, das Ergebnis der Analyse im Jahresbericht zu publizieren.
Wird per 1. Januar 2020 die Zahl von 100 Mitarbeitenden noch nicht erreicht, aber auf den Jahresanfang 2021 oder danach, muss die Lohngleichheitsanalyse erstmals im entsprechenden Jahr, in dem die Zahl von 100 Mitarbeitenden erreicht wird, durchgeführt werden.
Wie oft muss die Analyse wiederholt werden?
Während der Geltungsdauer des Gesetzes (d.h. bis zum 30. Juni 2032) muss die Lohngleichheitsanalyse regelmässig alle vier Jahre wiederholt werden, es sei denn, eine im Rahmen des GIG durchgeführte Analyse zeigt auf, dass kein unerklärbarer systematischer Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen im Unternehmen feststellbar ist.
Sanktionen und Ausblick
Werden die Bestimmungen des revidierten GIG über die Lohngleichheitsanalyse nicht beachtet, respektive geschlechterdiskriminierende Lohnunterschiede festgestellt, werden die betroffenen Arbeitgebenden nicht sanktioniert. Fehlbare Arbeitgebende müssen daher weder weitere Massnahmen zur Erreichung der Lohngleichheit ergreifen, noch eine Meldung an den Staat machen. Auch werden sie nicht auf eine öffentlich zugängliche Liste gesetzt. Dennoch müssen sie damit rechnen, dass sich geschlechtsbezogene Lohndiskriminierungen unter den Arbeitnehmenden und externen Anspruchsgruppen (Kunden, Lieferanten, Medien etc.) schnell herumsprechen. Dann müssten Arbeitgebende mit unerwünschter negativer Publizität und Reputationsschäden rechnen.
Lohndiskriminierungen sollten vermieden und die Pflichten nach dem revidierten GIG von betroffenen Arbeitgebenden professionell wahrgenommen werden. Die hierfür erforderlichen Ressourcen müssten rechtzeitig geplant und allenfalls im Rahmen des Budgets berücksichtigt werden.
Gerne unterstützen wir Sie bei der Erstellung der rechtlich korrekten Umsetzung der Lohnanalysepflicht oder bei der Prüfung der Lohngleichheitsanalyse.