Rechtliche Fragen rund ums Home-Office
Seit der Bekanntgabe des Lockdowns durch den Bundesrat am 16. März 2020 hat die Anzahl der im Home-Office tätigen Arbeitnehmer schlagartig um ein Vielfaches zugenommen. Auch wenn nach den ersten Lockerungen des Lockdowns viele Arbeitnehmer wieder ins Büro zurückgekehrt sind, wird die Erbringung der Arbeitsleistung im Home-Office an Bedeutung zunehmen.
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Klar ist, dass das Arbeiten am Arbeitsplatz am Sitz des Arbeitgebers nicht vollständig durch Home-Office ersetzt wird und ersetzt werden kann. Aber es ist durchaus denkbar, dass Home-Office beispielsweise für 1 – 2 Tage pro Woche üblich wird. Vor allem bei Unternehmen, welche bei der Digitalisierung bereits weiter fortgeschritten sind, sollte Home-Office gefördert werden. Denn Home-Office bietet viele Vorteile. Durch den Wegfall des Arbeitswegs gewinnt der Arbeitnehmer Zeit, der öffentliche Verkehr wird massiv entlastet und es kann zur Reduktion von Infrastrukturkosten beim Arbeitgeber kommen (weniger Arbeitsplätze führen beispielsweise zu kleineren Büroräumlichkeiten, was wiederum tiefere Mietkosten zur Folge hat). Voraussetzung für Home-office ist ohne Frage ein ruhiger Arbeitsplatz zu Hause, um ungestört arbeiten zu können.
Beim Home-Office stellen sich zahlreiche rechtliche Fragen:
1. Was bedeutet Home-Office?
Unter dem Begriff Home-Office wird die Erbringung der Arbeitsleistung an einem zu Hause eingerichteten Arbeitsplatz anstatt in den Büroräumlichkeiten des Arbeitgebers verstanden. In Frage kommen aber auch beispielsweise Ferienwohnungen oder sog. Co-Working-Spaces (gemäss Duden meint man damit: «Mit gemeinsamer Infrastruktur ausgestattete grössere, meist offene Büroräumlichkeiten oder Arbeitsplätze, die von kleinen Unternehmen, Freiberuflern oder Selbstständigen [aus unterschiedlichen Berufsbereichen] in Teilen angemietet werden, um dort unabhängig voneinander oder auch kooperativ miteinander zu arbeiten»).
2. Welche Rechtsgrundlagen für Home-Office gelten?
Home-Office ist vom Gesetzgeber nicht explizit geregelt. Anwendung finden die gleichen Bestimmungen wie für die Erbringung der Arbeitsleistung in den Büroräumlichkeiten des Arbeitgebers, somit unter anderem das Obligationenrecht, das Arbeitsgesetz und die Gesamtarbeitsverträge.
3. Habe ich Anspruch im Home-Office zu arbeiten?
Nein, es besteht kein rechtlicher Anspruch, Home-Office leisten zu dürfen. Home-Office bedarf immer der Zustimmung des Arbeitgebers. Eine vertragliche Abmachung – sei es schriftlich oder mündlich – mit dem Arbeitgeber ist somit notwendig. Zudem ist es ratsam ausdrücklich zu vereinbaren, wo Home-Office zulässig ist, also nur zu Hause oder auch beispielsweise in Ferienwohnungen, Co-Working-Spaces oder an anderen denkbaren Orten. Insbesondere in Branchen, in welchen die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen oder der Datenschutz besonders wichtig sind, kommen nicht alle Orte als Home-Office in Frage.
4. Bin ich verpflichtet im Home-Office zu arbeiten?
Grundsätzlich ist niemand verpflichtet im Home-Office zu arbeiten, ausser in Notfallsituationen (wie im Falle einer Pandemie). Aber auch dann nur, wenn es für den Arbeitnehmer zumutbar ist.
5. Wer trägt die Kosten für die Infrastruktur und das Arbeitsmaterial?
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer für das Home-Office das für die Arbeit benötigte Arbeitsmaterial (Computer, Drucker etc.) zur Verfügung zu stellen. Im Falle, dass der Arbeitnehmer seine private Infrastruktur zur Verfügung stellt, hat er Anspruch auf eine Entschädigung. Dies jedoch nur, wenn das Home-Office nicht auf ausdrücklichen Wunsch des Arbeitnehmers gewünscht ist.
6. Muss sich der Arbeitgeber an den Mietkosten beteiligen?
Der Arbeitgeber muss sich nur dann an den privaten Mietkosten des Arbeitnehmers beteiligten, wenn er ihm keinen geeigneten Arbeitsplatz in seinen Büroräumlichkeiten zur Verfügung stellt.
7. Wie sieht es mit der Geheimhaltungspflicht aus?
Von Gesetzes wegen darf der Arbeitnehmer geheim zu haltende Tatsachen, wie namentlich Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse, von denen er im Dienst des Arbeitgebers Kenntnis erlangt, während des Arbeitsverhältnisses nicht verwerten oder anderen mitteilen. Auch nach dessen Beendigung bleibt er zur Verschwiegenheit verpflichtet, soweit es zur Wahrung der berechtigten Interessen des Arbeitgebers erforderlich ist. Eine Verletzung dieser Geheimhaltungspflicht liegt bereits dann vor, wenn der Arbeitnehmer durch unsorgfältige Datenaufbewahrung solche Daten Dritten zugänglich macht.
Der Arbeitnehmer, der im Home-Office arbeitet, hat dafür zu sorgen, dass die Geschäftsgeheimnisse und vertraulichen Informationen des Arbeitgebers stets gewahrt bleiben, dass also Dritte keine vertraulichen Daten des Arbeitgebers einsehen können.
8. Wie sieht es mit den Pflichten des Arbeitgebers gegenüber den Arbeitnehmern betreffend Gesundheitsschutz sowie Arbeits- und Ruhezeiten aus?
Der Arbeitgeber ist bei Homeoffice nicht von seiner Pflicht entbunden, für den Gesund-heitsschutz der Arbeitnehmer zu sorgen. So ist einerseits sicherzustellen, dass der Arbeit-nehmer über einen ergonomischen Arbeitsplatz verfügt. Andererseits sind die Arbeits- und Ruhezeiten strikt einzuhalten. Dies bedeutet beispielsweise, dass das Verbot der Nacht- und Sonntagsarbeit auch im Homeoffice gilt.
9. Was gilt bei Home-Office im Ausland?
Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeit vollumfänglich oder teilweise im Home-Office an seinem Wohnort im Ausland leisten darf. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass wenn der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitenden Arbeitsverhältnissen mindestens 25 Prozent seines Arbeitspensums an seinem Wohnort im Ausland erbringt, er sämtliche Sozialversicherungsabgaben in seinem Wohnsitzland zu entrichten hat.
Im Geiste von Winston Churchill «Never waste a good Crisis» ist davon auszugehen, dass die Erbringung der Arbeitsleistung im Home-Office – zumindest in einem reduzierten Umfang des gesamten Arbeitspensums – zukünftig zunimmt. In der Euphorie dürfen aber die rechtlichen Aspekte nicht vergessen werden. Daher empfiehlt es sich, eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer über die Regeln für die Home-Office-Arbeit zu treffen, um unliebsame Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden.