Teilpensionierungsschritte als Steuerplanungsinstrument?
Das angesparte Vermögen in der Pensionskasse kann als Rente oder Kapital bezogen werden. Der Kapitalbezug kann bei mehreren Pensionierungsschritten gestaffelt erfolgen. Die maximale Anzahl der Teilpensionierungsschritte ist von den Kantonen vorgegeben, um ungerechtfertigte Steuereinsparungen zu verhindern.
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Frage
Sollten Entscheidungen zum Renten- oder Kapitalbezug bei Teilpensionierungen aufgrund von Steuervergleichen gefällt werden?
Antwort
Das in einer Pensionskasse angesparte Vermögen ist für die Finanzierung des Lebens im Alter nach der Erwerbstätigkeit bestimmt. Gesetzlich ist der Bezug grundsätzlich in Rentenform vorgesehen. Das angesparte Vermögen kann aber auch in Teilen oder im Ganzen in Kapitalform bezogen werden, soweit dies das Reglement vorsieht.
Bei einer stufenweisen Reduktion des Arbeitspensums können diese Bezüge zudem gestaffelt erfolgen, beispielsweise in einem ersten Schritt zu 30%, in einem zweiten Schritt zu 40% (= 70%) und in einem dritten Schritt zu 30% (= 100%). Voraussetzung dafür ist, dass das Pensum tatsächlich entsprechend reduziert wird und gestaffelte Bezüge reglementarisch vorgesehen sind.
Auch bei gestaffelten Pensionierungsschritten ist es grundsätzlich möglich, den Bezug in Rentenform oder einmalig in Kapitalform auszulösen, soweit dies das Reglement vorsieht. Bei gestaffelten Kapitalbezügen haben die Kantone Weisungen erlassen, die ungerechtfertigte Steuereinsparungen verhindern sollen. Insbesondere geben die Weisungen vor, wieviele Teilpensionierungsschritte erlaubt sind.
Die zwei Fragestellungen
Bei gestaffelten Vorsorgebezügen müssen zwei Fragen beantwortet werden:
Kernfrage «Rente oder Kapital»: In welcher Form soll ich das Vorsorgevermögen beziehen – als Rente oder Kapital? Die Kernfrage «Rente oder Kapital» muss immer zuerst beantwortet werden! Die persönliche Situation gibt dabei meist den Ausschlag.
Zusatzfrage «Teilpensionierung und Kapitalbezug»: In welchen Zeitabschnitten will ich das Pensum reduzieren und sollen auf diesen Zeitpunkt hin schon Vorsorgebezüge in der entsprechenden Höhe ausgelöst werden?
Bei der Zusatzfrage «Teilpensionierung und Kapitalbezug» besteht immer die Möglichkeit, die Vorsorgegelder erst am Schluss bei endgültiger Aufgabe der Erwerbstätigkeit zu beanspruchen; trotz vorgenommenen Pensumsreduktionen. Gesetzlich ist es sogar möglich, dass der Sparprozess auf dem bisherigen 100%-Pensum weitergeführt wird. Dies führt zu höheren Altersleistungen. Wenn auch vorsorgerechtlich ein Teilpensionierungsschritt beantragt wird, besteht diese Möglichkeit nicht mehr.
Kernfrage «Rente oder Kapital»:
Bei der Kernfrage «Rente oder Kapital» müssen vor allem persönliche Punkte geprüft werden. Für den Rentenbezug sprechen zahlreiche Argumente:
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Er garantiert ein geregeltes Einkommen im Alter.
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Der/die Rentenbezüger/-in übernimmt kein Anlagerisiko.
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Bei Versicherten in Partnerschaft ist die Vorsorge für die/den überlebende/-n Partner/-in meist besser abgedeckt, da hier in der Regel eine reduzierte Rente weiter fliesst.
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Der/die Partner/-in ist im Todesfall generell besser abgesichert, da solche Rentenansprüche nicht in die Erbteilung fallen. Wurden diese Vorsorgegelder früher als Kapital bezogen, fällt das Restvermögen grundsätzlich in die zu teilende Erbschaft.
Es gibt aber durchaus auch Gründe für Kapitalbezüge:
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Das Vermögen ist sofort verfügbar.
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Bei einer guten Anlagestrategie ist die Rendite vielleicht höher.
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Bei einem Todesfall relativ kurz nach der Fälligkeit konnte theoretisch alles konsumiert werden respektive ging nichts verloren.
Für die Beantwortung der Kernfrage «Rente oder Kapital» gilt folgende Faustregel:
Je tiefer das übrige Einkommen und je höher die familiären Verpflichtungen, desto eher sollte die Variante Rente gewählt werden. Denn: Wenn nur unwesentliches übriges Einkommen vorhanden ist, spielen die beiden Elemente stetiges Einkommen und Langleberisiko eine bedeutendere Rolle. Umgekehrt gilt: Je höher das übrige Einkommen bei relativ tiefen familiären Verpflichtungen, desto eher darf der Kapitalbezug erwogen werden.
Zusatzfrage «Teilpensionierung und Kapitalbezug»
In vielen Fachartikeln wird aufgezeigt, dass bei mehreren Teilpensionierungsschritten mit Kapitalbezug eine unmittelbare Steuereinsparung erzielt werden kann. Bei solchen Empfehlungen ist aus mehreren Gründen grosse Vorsicht geboten. Grundsätzlich wird bei diesen Vergleichsberechnungen die Kernfrage «Rente oder Kapital» gänzlich ausgeblendet respektive direkt übersprungen. Der Fokus wird einseitig auf das Thema einer kurzfristigen Steuereinsparung gerichtet.
Das Thema Steuereinsparung spielt bei den Vorsorgeentscheiden jedoch meist nicht die massgebende Rolle. Die persönlichen Umstände sollten hier ausschlaggebend sein. Erwägenswert sind sie bei sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen, in denen die Vorsorge auch mit übrigem Vermögen abgedeckt ist.
Umwandlungssatz als weiterer Entscheidungsfaktor
Der Umwandlungssatz zeigt auf, wie hoch die Rente im Verhältnis zum angesparten Kapital ist. Für den gesetzlich obligatorischen Teil (Löhne bis CHF 85’320) beträgt dieser gesetzlich mindestens 6.8%. Bei einem vorhandenen Alterskapital von beispielsweise CHF 500’000 fliesst eine Rente von jährlich CHF 34’000. Bei überobligatorisch versicherten Löhnen ist der Umwandlungssatz jedoch nicht gesetzlich geschützt. Dieser ist aufgrund der Tiefzinsphase und vor allem wegen der längeren Lebenserwartung in den letzten Jahren massiv reduziert worden. Er beträgt teilweise noch knapp 4.5% oder weniger.
Bei einem Alterskapital im überobligatorischen Bereich von CHF 500’000 ergibt dies bei einem solchen Umwandlungssatz noch eine Jahresrente von CHF 22’500. Im Vergleich zu einer Rente aus dem Obligatorium kann eine Rente aus dem überobligatorischen Teil heute um über 30% tiefer ausfallen.
Wieviel eine Rente tatsächlich wert ist, hängt davon ab, wie lange die Person noch lebt. Bei verheirateten Paaren muss zusätzlich noch die Lebenserwartung des Partners miteinbezogen werden. Vor allem, wenn der/die Partner/-in wesentlich jünger ist. Bei einer angenommenen Lebenserwartung von noch 23 Jahren ab Pensionierung kann auf die beiden obigen Beispiele folgender vereinfachter Schluss gezogen werden:
Dies ist natürlich sehr vereinfacht dargestellt. Trotzdem lässt sich daraus folgende Faustregel ableiten: Je tiefer der Umwandlungssatz, desto tiefer ist der Gegenwert einer Rente im Vergleich zum Kapitalbezug. Es empfiehlt sich in den allermeisten Fällen, das Vorsorgevermögen mit einem gesetzlich geschützten Umwandlungssatz von 6.8% in Rentenform zu beziehen. Diese Empfehlung gilt grundsätzlich auch für Teilpensionierungsschritte.
Fazit
Bei Entscheiden zum Vorsorgekonsum hinsichtlich Rente oder Kapital sind einfache Steuervergleiche in den allermeisten Fällen kein taugliches Mittel. Dies gilt auch für Teilpensionierungen. Insbesondere bei eher bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen sind Kapitalbezüge meist nicht sinnvoll. Zudem sind viele Personen in Sachen Vermögensdispositionen auf Beratung angewiesen. Bei Kapitalbezügen kann hier sogar eine gewisse Abhängigkeit entstehen, die im Alter noch zunimmt. Ein geregeltes Einkommen im Alter ohne Abhängigkeiten kann Lebensqualität bedeuten; und dies ist bei Rentenbezügen eher gegeben.
Bei sehr guten wirtschaftlichen Verhältnissen sollte die Kernfrage «Rente oder Kapital» geprüft werden. Dies gilt vor allem, wenn für den überobligatorischen Teil die Rente mit einem sehr tiefen Umwandlungssatz berechnet wird. Dann können Steuervergleiche eine mitentscheidende Rolle bei der Zusatzfrage «Teilpensionierung und Kapitalbezug» spielen, soweit die Kernfrage «Kapital oder Rente» im Voraus mit der Antwort »Kapital» beantwortet wurde.