Earn-Out-Klauseln bei Unternehmenstransaktionen
Was, wenn bei einem Unternehmensverkauf die Vertragsparteien unterschiedliche Preisvorstellungen haben? Eine oftmals sinnvolle Lösung heisst Earn-Out. Sie ermöglicht eine erfolgreiche Transaktion und führt letztlich meist zu einer Win-win-Situation für alle Beteiligten.
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Frage
Was ist eine Earn-Out-Klausel, wie wird sie angewendet und welche Chancen und Risiken birgt sie?
Antwort
Für Käufer/-innen eines Unternehmens ist die zukünftige Entwicklung des Unternehmens von zentraler Bedeutung, denn: Die Rendite der Investition wird mit dem zukünftigen Erfolg des Unternehmens erzielt.
Wirtschaftet das Unternehmen erfolgreich und erfüllt es die Erwartungen, hat sich der Kauf gelohnt. Werden die angestrebten Ziele nicht erreicht, wäre ein Unternehmenskauf möglicherweise nicht getätigt worden oder zu einem tieferen Preis erfolgt.
Mit einer Earn-Out-Klausel wird der Kaufpreis einer Unternehmenstransaktion von einem zukünftig (nach der Unternehmenstransaktion) stattfindenden Ereignis abhängig gemacht. Die Bedingungen und deren Auswirkungen auf den Kaufpreis werden im Kaufvertrag zwischen den Vertragsparteien vereinbart. Es liegt dementsprechend ein variabler Kaufpreis vor, der erst nach einer in der Earn-Out-Klausel definierten Periode fixiert wird.
Anwendung der Earn-Out-Klausel
Geschäftsentwicklungen können schwer vorhergesagt werden, was zu Unsicherheiten bei Unternehmenstransaktionen führt. Käufer/-innen werden zunehmend vorsichtiger und wollen das Risiko reduzieren, einen überhöhten Preis für ein Unternehmen zu bezahlen. Insbesondere wenn die Vertragsparteien das zukünftige Ertragspotential des Unternehmens unterschiedlich einschätzen, gehen die Kaufpreisvorstellungen auseinander.
Mit Earn-Out-Klauseln kann eine Transaktion zum Abschluss geführt werden, auch wenn die Vertragsparteien unterschiedliche Preisvorstellungen haben. Ein Teil des Kaufpreises wird vom zukünftigen Erfolg abhängig gemacht; somit werden unvorhergesehene Entwicklungen mit dem variablen Kaufpreis zumindest teilweise kompensiert.
Verkäufer/-innen signalisieren durch das Akzeptieren einer Earn-Out-Klausel, dass die prognostizierte Unternehmensentwicklung plausibel ist. Aufgrund der beidseitigen Erfolgsbeteiligung fördert eine sinnvoll ausgestaltete Earn-Out-Klausel eine erfolgreiche Übergabe und Weiterführung des Unternehmens. Verkäufer/-innen profitieren von einem höheren Verkaufspreis, Käufer/-innen von einer positiven Geschäftsentwicklung.
Bestandteile eines Earn-Outs
In einer Earn-Out-Klausel müssen mindestens folgende Bestandteile integriert werden:
Bemessungsgrundlage und deren Berechnung
Es muss eine eindeutige Bemessungsgrundlage festgelegt werden, mit der im Anschluss der variable Kaufpreis berechnet werden kann. Die Bemessungsgrundlage muss genau definiert werden und deren Herleitung klar geregelt sein. Sowohl der Interpretationsspielraum als auch die Manipulierbarkeit der Bezugsgrösse müssen bestmöglich minimiert werden. Speziell bei buchhalterischen Grössen gibt es Gestaltungsspielräume, die eingedämmt werden müssen.
Meist wird der variable Kaufpreis von finanziellen Kennzahlen wie Umsatz, EBITDA, EBIT, Jahreserfolg oder operativem Cashflow abhängig gemacht. Es sind jedoch auch nicht-finanzielle Kennzahlen wie beispielsweise die Anzahl Neuakquisitionen durch die Verkäufer/-innen oder produzierte Stückzahlen möglich.
Grundsätzlich sollten einfache Regelungen angewendet werden, da sie transparenter und meistens eindeutiger sind.
Dies führt zu einfacheren Vertragsgestaltungen und weniger Diskussionsbedarf.
Berechnung der Kaufpreis-Zahlung
Sind die Bemessungsbasis und der Zielwert festgelegt, kann die Berechnung der Earn-Out-Zahlung definiert werden. Es sind fixe Earn-Out-Zahlungen möglich, wenn die Bemessungsbasis bestimmte Zielwerte erreicht. Oder auch Zahlungen, die sich proportional zur Bemessungsbasis entwickeln. Zusätzlich muss der Stichtag festgelegt werden, an welchem der Zielerreichungsgrad gemessen und die variable Kaufpreis-Zahlung berechnet wird.
Earn-Out-Zeitraum
Ein weiterer Bestandteil der Earn-Out-Klausel ist der Earn-Out-Zeitraum. Der Zeitraum beginnt mit der Vertragsunterzeichnung und endet mit dem vereinbarten Zeitpunkt der Berechnung der Zielerreichung. Er dauert in der Regel nicht länger als drei bis fünf Jahre. Der Einfluss der Verkäufer/-innen auf die Geschäftsentwicklung nimmt laufend ab und die Verantwortung für eine positive Geschäftsentwicklung liegt bei den neuen Eigentümer/-innen. Deshalb sollte auch die Erfolgsbeteiligung der Verkäufer/-innen entsprechend zeitlich begrenzt sein.
Leistung der Zahlungen
Ebenfalls muss die Fälligkeit der Zahlungen festgelegt werden. Die Zahlungen können in mehreren Etappen oder einmalig zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig sein. Sind bestimmte Informationen als Basis für die Ausführung der Earn-Out-Klausel notwendig, müssen diese im Kaufvertrag erwähnt werden (z.B. Vorliegen des Jahresabschlusses).
Vorgehen für die Erarbeitung der Earn-Out-Klausel
Die zukünftige Geschäftsentwicklung widerspiegelt den Wert der Investition (Unternehmenskauf) und ist die Grundlage für die Earn-Out-Klausel.
Die Unternehmensbewertung erfolgt auf Basis der geplanten Geschäftsentwicklung. Die Kaufpreisverhandlungen finden basierend auf dieser Bewertung statt.
Wurde der Ziel-Kaufpreis definiert, kann dieser in den fixen Basispreis und den variablen (erfolgsabhängigen) Earn-Out unterteilt werden.
In einem weiteren Schritt wird die Berechnung des Earn-Outs definiert. Dafür müssen Bemessungsgrundlagen, Zielwerte, Zeitraum etc. fixiert werden.
Die Earn-Out-Klausel wird in den Kaufvertrag integriert und definiert die Kaufpreisberechnung.
Beispiel:
Die Preisverhandlungen haben ergeben, dass ein Unternehmen zum Preis von TCHF 20’000 verkauft werden soll.
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Der Basispreis beträgt 75%: TCHF 15’000;
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Der variable Ziel-Earn-Out beträgt 25%: TCHF 5’000. Dieser basiert auf einem Ziel-EBITDA von TCHF 3’000.
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Es wird ein Cap von TCHF 9’000 für den Earn-Out-Betrag fixiert.
Der effektive Earn-Out (x) wird aufgrund des effektiven EBITDA berechnet.
Der effektive Earn-Out berechnet sich folgendermassen:
x = Ziel-Earn-Out + (Ist-EBITDA – Ziel-EBITDA) * 6
Bei unterschiedlichen Ergebnissen ergeben sich folgende Kaufpreise:
Ziel-EBITDA
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Ist-EBITDA
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Earn-Out
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Basispreis
|
Total Kaufpreis
|
Bemerkung
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3'000
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2'100
|
0
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15'000
|
15'000
|
1)
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3'000
|
2'700
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3'200
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15'000
|
18'200
|
|
3'000
|
3'000
|
5'000
|
15'000
|
20'000
|
|
3'000
|
3'300
|
6'800
|
15'000
|
21'800
|
|
3'000
|
3'900
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9'000
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15'000
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24'000
|
2)
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1) Der Basispreis kann nicht unterschritten werden.
2) Es wurde ein Cap von TCHF 9’000 für den Earn-Out-Betrag fixiert
Vorteile und Chancen eines Earn-Outs
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Käufer/-innen müssen bei Vertragsabschluss nur den Basispreis bezahlen und können zusätzliche Earn-Out-Zahlungen mit zukünftigen Gewinnen finanzieren. Verkäufer/-innen erhalten bei einem positiven Geschäftsverlauf höhere Earn-Out-Zahlungen.
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Verkäufer/-innen erhalten einen Anreiz, eine erfolgreiche Geschäftsübergabe sicherzustellen, da sich dies positiv auf die Earn-Out-Zahlung auswirkt. Die Vertragsparteien sind an einer gewinnbringenden Zusammenarbeit interessiert.
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Unterschiedliche Prognosen der Vertragsparteien können durch Berücksichtigung von Ereignissen in der Zukunft entschärft werden.
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Auch mit unterschiedlichen Kaufpreisvorstellungen kann eine Unternehmenstransaktion erfolgreich durchgeführt werden.
Nachteile und Risiken eines Earn-Outs
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Die Gestaltung von zweckdienlichen Earn-Out-Klauseln, welche die Interessen beider Vertragspartner abdecken, ist komplex.
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Es besteht Manipulationsspielraum, der durch vertragliche Regelungen vermindert werden muss.
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Die Verhandlungen und die Vertragsgestaltung werden durch Earn-Out-Klauseln vielschichtiger.
Fazit
Das Earn-Out-Modell hat sich bei einer unsicheren zukünftigen Geschäftsentwicklung sowie bei Bewertungs- und Finanzierungsschwierigkeiten bewährt. Mit einer Earn-Out-Klausel können unterschiedliche Kaufpreisvorstellungen überwunden werden. Durch den Zahlungsaufschub des variablen Teils entstehen für die Käufer/-innen Finanzierungsvorteile. Um spätere Streitigkeiten auszuschliessen, müssen Earn-Out-Klauseln sehr sorgfältig formuliert werden, um Interpretations- und Manipulationsspielraum zu reduzieren. Damit unschöne Überraschungen vermieden werden können, sollten Kaufverträge und Earn-Out-Klauseln daher durch unabhängige Experten kontrolliert werden. Letztlich führt die Anwendung einer Earn-Out-Klausel aber meist für beide Vertragsparteien zu einer Win-win-Situation.