Machen Sie Ihre private Datenanalyse zum Bestandteil der Unternehmensführung
Statistik und Datenanalyse klingt zuerst einmal nach grossen Forschungsprojekten oder amerikanischen Technologiefirmen. Blickt man mit etwas Abstand auf die Schlagworte, sind die Themen jedoch nicht so weit von der Alltagspraxis der Unternehmensführung auch bei KMU-Firmen entfernt.
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Zur Betrachtung von Tagesproblemen können einfache Instrumente herbeigezogen werden. Es kann sogar ganz spannend sein, seine eigenen Jahresabschlüsse nicht nur als Pflichterfüllung zu sehen, sondern auch als interessante Datenquelle zur kritischen Selbstbetrachtung und als Basis für die Unternehmensführung.
Systematisch analysieren
Machen wir ein praktisches Beispiel: Die Elektromonteur-Firma Schuler hat heute grosse Kundennachfragen nach Solaranlage-Installationen. Auf dieser Basis hat der Inhaber in den letzten Monaten Bestellungen für zu installierende Teile getätigt, und sein Lager ist nun voll, allerdings fehlen wegen der Lieferprobleme kritische Wechselrichter, damit er die Geräte installieren und die Installationen abrechnen kann. Wenn es so weitergeht, wird er trotz gutem Geschäftsgang plötzlich noch Liquiditätsprobleme erhalten. Über ein langes Wochenende beginnt er sich systematisch Gedanken zu machen:
Wie viel Prozent des Geschäftes hängen an den Solaranlagen und wie unabhängig (in der Statistik unkorreliert) bewegen sich die anderen Geschäftsbereiche? Kann er damit die Liquidität und die Ressourcen in der Zwischenzeit besser auslasten und andere Projekte vorziehen, die er dann verrechnen kann?
Falls dies nicht möglich ist, wie sieht die Zahlungsbereitschaft aus und was ist in den kommenden Wochen zu erwarten? Auch wenn Rechnungen gestellt sind: Wie rasch kann er darauf bauen, dass die Kunden im Solarbereich und wie rasch die Kunden in den anderen Segmenten ihre Rechnungen bezahlen?
In dieser Situation ergibt es für ihn Sinn, Daten auszuwerten und zu bestimmen, wie gross das Risiko ist und wie abhängig er von den Zahlungseingängen bei seinen Stammkunden ist. Er kann nun aus seiner Buchhaltung die Zahlungseingänge und deren Pünktlichkeit heranziehen. Wie viel Verzögerungen gab es in der Vergangenheit; gibt es dabei saisonale Muster, weil auch die Kunden von ihren Endkunden abhängig sind?
Datenschatz nutzen
Machen Sie doch in einer ruhigen Zeit die Übung und nehmen Sie einmal die letzten fünf bis sechs Jahresrechnungen zur Hand und berechnen Sie einige Kennzahlen aus Ihren vergangenen Jahresrechnungen – hier haben Sie Ihren privaten Datenschatz.
Wichtig dabei: Konzentrieren Sie sich nicht nur auf Verbesserungen oder Verschlechterungen zum Vorjahr, sondern schauen Sie auch, wie stabil gewisse Zahlen und Verhältnisse zueinander sind. Betrachten Sie die Entwicklungen über einige Jahre hinweg. Varianz und nicht nur die absolute Veränderung sind dabei nicht zu unterschätzen, um «mehr» Erkenntnisse aus dem bestehenden statischen Buchhaltungsrahmen zu entnehmen.
Vergleichen Sie dabei die Auswertungen mit den aktuellen Herausforderungen. Ich bin sicher, dass sich das eine oder andere Problem, das Sie heute plagt, angekündigt hat. Dies hilft zwar nicht immer in der Lösung, das Leben geht aber weiter und kann gute Anstösse für die künftige Unternehmens- und Finanzsteuerung bringen.
Text erschienen im Fachmagazin «zentralinfo» 03/2022