Umsetzung der AHV-Reform (AHV 21)
Am 25. September 2022 haben Volk und Stände «Ja» zur Stabilisierung der AHV (AHV 21) gesagt. Angenommen wurden sowohl die Änderung des AHV-Gesetzes als auch der Bundesbeschluss über die Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Ziel der Vorlage war es, das Niveau der AHV Renten zu halten und das finanzielle Gleichgewicht der AHV bis 2030 zu sichern. Die Reform AHV 21 tritt am 1. Januar 2024 in Kraft.
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Frage
Welche Folgen hat die Umsetzung der AHV 21?
Antwort
Rentenalter
Das Referenzalter (neuer Ausdruck für das ordentliche Rentenalter) wird in der AHV und der beruflichen Vorsorge (BVG) für Frauen und Männer auf 65 Jahre vereinheitlicht. Im überobligatorischen Bereich der beruflichen Vorsorge können die Vorsorgeeinrichtungen auch ein abweichendes Referenzalter vorsehen.
Die Erhöhung des Referenzalters der Frauen von 64 auf 65 Jahre beginnt ein Jahr nach Inkrafttreten der Reform und erfolgt schrittweise um jeweils 3 Monate pro Jahr. Das einheitliche Referenzalter ist somit ab 2028 erreicht, da die Reform 2024 in Kraft tritt.
Ausgleichsmassnahmen für Frauen der Übergangsgeneration
Übergangsgeneration
Für die Frauen, die bei Inkrafttreten der Reform kurz vor der Pensionierung stehen, sind Massnahmen zur Abfederung der Erhöhung des Referenzalters vorgesehen. Die Übergangsgeneration umfasst 9 Jahrgänge und betrifft alle Frauen, die bei Inkrafttreten der Reform 55 Jahre oder älter sind, d.h. die Jahrgänge 1961 bis 1969.
Ausgleichsmassnahme 1: Ein lebenslanger Zuschlag auf die AHV-Rente für Frauen, die ihre Altersrente ab Referenzalter beziehen
Die Höhe der AHV-Rente hängt im Wesentlichen von der Beitragsdauer und dem massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommen ab. Die Beitragsdauer ist vollständig, wenn eine Person 44 Beitragsjahre aufweist (vor Reform: Männer 44 Jahre, Frauen 43 Jahre). In diesem Fall besteht ein Anspruch auf eine Vollrente. Wer eine Beitragslücke aufweist, hat nur Anspruch auf eine Teilrente. Hinzu kommen allenfalls Gutschriften für die Erziehung von Kindern und die Betreuung von Angehörigen. Bei Ehepaaren gilt die Beitragsdauer des erwerbstätigen Mannes in der Regel auch für die Frau, wenn sie während der Ehe keine Beiträge bezahlt hat – und selbstverständlich auch umgekehrt.
Der Zuschlag für die Frauen der Übergangsgeneration ist nach Alter und Einkommenskategorie gestaffelt.
Zudem wird die AHV-Rente regelmässig an die Entwicklung der Löhne und der Konsumentenpreise angepasst.
Ausgleichsmassnahme 2: Tiefere Kürzungssätze für Frauen, die ihre Altersrente vorbeziehen
Mit der AHV 21 erhalten Frauen und Männer weiterhin die Möglichkeit ihre Altersrente um maximal 2 Jahre vorzubeziehen (d.h. ab 63 Jahren), Frauen der Übergangsgeneration können weiterhin die Rente ab 62 Jahren vorbeziehen. Wer seine Rente vorbezieht, erhält für die Dauer des gesamten Rentenbezuges eine gekürzte Rente.
Wenn eine Frau der Übergangsgeneration die Altersrente vorbezieht, gilt ein tieferer Kürzungssatz als üblich. Dieser hängt vom Alter beim Vorbezug und vom massgeblichen durchschnittlichen Jahreseinkommen ab.
Referenzalter
Im Jahr
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Referenzalter der Frauen für die AHV und für das BVG
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Betrifft die Frauen mit Jahrgang
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2024
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64 Jahre (keine Erhöhung)
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1960
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2025
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64 Jahre + 3 Monate
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1961
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2026
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64 Jahre + 6 Monate
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1962
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2027
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64 Jahre + 9 Monate
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1963
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2028
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65 Jahre
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1964
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Quelle: bsv.admin.ch
Diese Tabelle zeigt die Zuschläge für Frauen der Jahrgänge 1961 bis 1969
* Die Grenzwerte für das durchschnittliche Einkommen sind provisorisch
Jahrgang
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Referenzalter
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Zuschlag in CHF bei durschnittlichem Einkommen* bis CHF 57'360
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Zuschlag in CHF bei durschnittlichem Einkommen* von CHF 57'361 bis CHF 71'700
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Zuschlag in CHF bei durschnittlichem Einkommen* ab CHF 71'701
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1961
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64 Jahre + 3 Monate
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40
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25
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12.50
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1962
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64 Jahre + 6 Monate
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80
|
50
|
25
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1963
|
64 Jahre + 9 Monate
|
120
|
75
|
37.50
|
1964
|
65 Jahre
|
160
|
100
|
50
|
1965
|
65 Jahre
|
160
|
100
|
50
|
1966
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65 Jahre
|
129.60
|
81
|
40.50
|
1967
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65 Jahre
|
100.80
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63
|
31.50
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1968
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65 Jahre
|
70.40
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44
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22
|
1969
|
65 Jahre
|
40
|
25
|
12.50
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Quelle: svazurich.ch
Diese Tabelle zeigt die Kürzungssätze für Frauen der Jahrgänge 1961 bis 1969
* Die Grenzwerte für das durchschnittliche Einkommen sind provisorisch
Alter bei Vorbezug
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Kürzungssätz bei durschnittlichem Einkommen* bis CHF 57'360
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Kürzungssätz bei durschnittlichem Einkommen* von CHF 57'361 bis CHF 71'700
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Kürzungssätz bei durschnittlichem Einkommen* ab CHF 71'701
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64 Jahre
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keine Kürzung
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2,5 Prozent
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3,5 Prozent
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63 Jahre
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2 Prozent
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4,5 Prozent
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6,5 Prozent
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62 Jahre
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3 Prozent
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6,5 Prozent
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10,5 Prozent
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Quelle: svazurich.ch
Flexibilisierungen und Anreize für eine Weiterführung der Erwerbstätigkeit nach 65
Die Rente kann auch weiterhin um maximal fünf Jahre, d.h. bis zum 70. Altersjahr aufgeschoben werden. Der Rentenaufschub bewirkt eine Erhöhung der Altersrente oder der sie allenfalls ablösenden Hinterlassenenrente.
Neu ist es auch möglich nur einen Teil der Rente früher zu beziehen und den Rest später. Der Anteil ist zwischen 20 und 80% frei wählbar.
Frauen und Männer, die nach dem Referenzalter weiterhin arbeiten, können sich die AHV-Beiträge neu anrechnen lassen. So können unter bestimmten Voraussetzungen Beitragslücken aufgefüllt und die Altersrenten erhöht werden (bis zur Maximalrente). Der Freibetrag von 1’400 Franken pro Monat bzw. 16’800 Franken pro Jahr ist optional.
Finanzierung durch die MWST
Die notwendigen Mehreinnahmen für die AHV werden über eine Anhebung der Mehrwertsteuer von 0,4 Prozentpunkten auf dem Normalsatz bzw. 0,1 Prozentpunkten auf dem reduzierten Satz und dem Sondersatz für Beherbergung generiert. Dies hat folgende MWST Sätze per 01.01.2024 zur Folge:
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MWST-Satz aktuell
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Proportionale Erhöhung
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MWST mit AHV 21 ab 01.01.2024
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Normalsatz
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7.7
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0.4
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8.1
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Reduzierter Satz
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2.5
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0.1
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2.6
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Sondersatz für Beherbergung
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3.7
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0.1
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3.8
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Weitere Reformen im Schweizer Vorsorgesystem sind zwingend notwendig
Mit der Reform AHV 21 ist ein erster Schritt zur Sanierung der Vorsorgewerke erfolgt – diese erste Reform sichert die Finanzierung jedoch nur bis 2030. Danach droht die AHV erneut in ein Defizit zu geraten.
Auch für die zweite Säule (BVG) ist eine Reform in Diskussion.
Sie wird derzeit im Parlament beraten und sieht u.a. folgende Punkte vor:
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Senkung des Mindestumwandlungssatzes, um eine Anpassung an die demografische Entwicklung und die niedrigen Zinsen zu erreichen
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Einführung eines Rentenzuschlags als Ausgleichsmechanismus zum gesenkten Umwandlungssatz
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Absenkung des Koordinationsabzugs, um die Vorsorge von Personen mit geringem Einkommen zu verbessern
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Anpassung der Altersgutschriften, um den Beitragsunterschied über verschiedene Altersklassen stärker anzugleichen
Zudem wurden zwei Initiativen eingereicht, über die in den nächsten ein bis zwei Jahren abgestimmt wird. Die eine fordert dabei eine 13. AHV-Rente, bei der anderen soll das Rentenalter weiter erhöht werden. Zudem sind mit der «Motion Ettlin» und der «Parlamentarischen Initiative Erich Hess» zwei Vorschläge aus dem Parlament zur Stärkung der 3. Säule hängig.