Grundstückgewinnsteuerfalle bei Erbvorbezug und Erbteilung
Werden Liegenschaften unter den Erben aufgeteilt, so führt dies in der Regel zu einem Aufschub der Grundstückgewinnsteuer. Aber Achtung: Nicht jede Erbteilung ist steuerlich privilegiert!
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Kauf einer Liegenschaft im Rahmen eines Erbvorbezugs oder einer Erbteilung
Handänderungen von Liegenschaften im Rahmen eines Erbvorbezugs oder einer Erbteilung erfolgen meist unter Anwendung eines Steueraufschubs bei der Grundstückgewinnsteuer.
Beispiel: Sohn X erwirbt von seinen Eltern eine Liegenschaft zu einem Preis von CHF 900‘000 (damaliger Kaufpreis der Eltern bzw. Anlagekosten CHF 500‘000). Der Preis (Entgelt) besteht in der Regel aus der Übernahme einer bestehenden Hypothek zuzüglich allfälliger weiterer Zahlungen. Der Verkehrswert der Liegenschaft beträgt vorliegend CHF 1‘300‘000. Da der Kaufpreis nur rund 69% des Verkehrswerts beträgt und somit deutlich unter dem Verkehrswert liegt, erfolgt in den meisten Kantonen (z.B. Schwyz, Zürich, Zug, Uri, Wallis, Tessin) ein vollständiger Steueraufschub bei der Grundstückgewinnsteuer. Die Eltern können den Verkaufsgewinn von CHF 400‘000 somit vereinnahmen, ohne darauf Steuern zu entrichten. In anderen Kantonen würde jedoch der Teil der Leistung, der die Anlagekosten übersteigt, beim Verkäufer besteuert, und nur die Differenz zwischen Verkaufspreis und Verkehrswert würde aufgeschoben. Für unser Beispiel bleiben wir jedoch in Kantonen, die einen vollständigen Aufschub kennen.
Verkauf einer Liegenschaft, die mit Aufschub erworben wurde
Sohn X entscheidet sich nach acht Jahren, die von seinen Eltern erworbene Liegenschaft zu veräussern. Ein interessierter Käufer bietet einen Preis von CHF 1‘500‘000. Sohn X möchte nun wissen, wie sich sein steuerbarer Grundstückgewinn berechnet.
Sohn X hat vor acht Jahren einen Preis von CHF 900‘000 bezahlt. Mit einem Verkauf zu CHF 1‘500‘000 erzielt er einen Gewinn von CHF 600‘000. Das Problem ist jetzt aber, dass Sohn X den bezahlten Kaufpreis von CHF 900‘000 nicht als Anlagekosten in Anrechnung bringen kann, da dieser Kauf mit einem Aufschub erfolgte. Der steuerbare Grundstückgewinn beträgt somit CHF 1‘000’000 und nicht CHF 600‘000. Der Aufschub bewirkt, dass nur die Anlagekosten des Vorgängers (CHF 500‘000) übernommen werden können, zuzüglich die allenfalls selber getätigten wertvermehrenden Aufwendungen. Andererseits profitiert Sohn X aber von einer längeren Haltedauer und somit von einem tieferen Grundstückgewinnsteuersatz, da die Veräusserung mit Aufschub keinen Unterbruch der Haltedauer bewirkt hat.
Wichtig in solchen Konstellationen ist, dass der kaufende Erbe diese Auswirkungen kennt. Bei der Bewertung von Liegenschaften und bei der Festlegung von Ausgleichszahlungen zwischen Geschwistern sind solche «latenten Steuern» – zumindest in einem ungefähren Rahmen – zu berücksichtigen bzw. in Abzug zu bringen. Da die Miterben Zahlungen für Liegenschaften steuerfrei vereinnahmen können, der später veräussernde Übernehmer der Liegenschaft aber auch für diese «Gewinnanteile» Steuern entrichten muss, ist ein solcher Abzug korrekt und notwendig.
Erbteilung innerhalb einer Erbengemeinschaft
Sind im Todesfall mehrere Erben vorhanden, entsteht von Gesetzes wegen eine Erbengemeinschaft. Diese hat nur vorübergehenden Charakter und bezweckt einzig die Sicherung, Erhaltung und Bewirtschaftung des Nachlasses bis zur Auflösung. Nach der Verteilung des geerbten Vermögens auf die einzelnen Erben wird die Erbengemeinschaft aufgelöst. Die Grundstückgewinnsteuer wird bei Eigentumswechsel von Liegenschaften im Rahmen einer Erbteilung aufgeschoben. Durch den Steueraufschub wird keine Grundstückgewinnsteuer fällig.
Beispiel: Die Geschwister A und B erben nach dem Tod der Mutter eine Villa (Schätzwert ca. CHF 3.6 Mio. / damaliger Kaufpreis der Eltern bzw. Anlagekosten CHF 1 Mio.). Nach einer fünfjährigen Zwischennutzung (Vermietung an Drittperson) übernimmt A das Haus vollständig. Dazu überweist er B einen Betrag von CHF 1.8 Mio. Obwohl B durch den Verkauf seines Anteils einen beträchtlichen Grundstückgewinn erzielt, ist keine Grundstückgewinnsteuer geschuldet, da der Aufschubtatbestand der Erbteilung erfüllt ist.
Hier tritt aber der gleiche Effekt ein, wie im vorhergehenden Beispiel. Der Ausgleich unter den Miterben geschieht in der Regel zum aktuellen Verkehrswert der auszugleichenden Liegenschaften. Auch hier bekommt Geschwister B eine steuerfreie Ausgleichszahlung, womit es seinen Anteil am Verkehrswert der Liegenschaft erhält. Geschwister A hingegen tätigt Zahlungen, die er bei einer späteren Veräusserung der Liegenschaft nicht vollständig geltend machen kann. Wer eine Liegenschaft im Rahmen eines Erbvorbezugs oder einer Erbteilung erwirbt, muss sich den steuerlichen Folgen bei einer späteren Veräusserung bewusst sein.
Steuerfallen bei der Auflösung von Erbengemeinschaften
Eine Auflösung der Erbengemeinschaft und Umwandlung in eine andere Gemeinschaft wird auch bewirkt, wenn der Zweck der Sicherung, Erhaltung und Bewirtschaftung des Nachlassvermögens nicht mehr verfolgt wird oder in den Hintergrund tritt. Ob eine Erbengemeinschaft ihren Liquidationszweck nicht mehr verfolgt und sich in eine andere Gemeinschaft gewandelt hat, kann in der Praxis kaum beurteilt werden. Die Steuerbehörden verfügen somit über einen Ermessensspielraum bei der Beurteilung des Einzelfalls. Diese Art von Erbteilung ist den Erben meist nicht bewusst und wird erst bei der späteren Vermögensaufteilung realisiert.
Beispiel: Die Geschwister A und B erben nach dem Tod der Mutter eine alte Villa (Schätzwert CHF 3.6 Mio. / damaliger Kaufpreis der Eltern bzw. Anlagekosten CHF 1 Mio.). Nach einer fünfjährigen Zwischennutzung (Vermietung an Drittperson) planen A und B einen Neubau. Mitten in der Bauphase entscheidet sich B, aus dem Projekt auszusteigen. A ist damit einverstanden, übernimmt den Anteil von B und überweist ihm dazu einen Betrag von CHF 2.25 Mio. (CHF 1.8 Mio. zzgl. hälftige aufgelaufene Baukosten von CHF 450‘000). Durch den Verkauf seines Anteils erzielt B einen Grundstückgewinn. Mit der Bauprojektplanung und dem Baustart haben die beiden Geschwister eine neue Gemeinschaft gegründet und die Erbteilung beendet. Damit ist eine spätere Teilung unter den Erben nicht mehr privilegiert und ein Steueraufschub nicht möglich.
Nun stellt sich die Frage der Steuerbemessung bei der Grundstückgewinnsteuer. Geschwister B kann sich nun nicht den anteiligen Schätzwert von CHF 1.8 Mio. im Zeitpunkt des Erbgangs (zuzüglich die anteiligen Baukosten von CHF 450‘000) als Anlagekosten anrechnen lassen. Seine Anlagekosten sind die anteiligen Anlagekosten seiner Eltern von CHF 500‘000 (= 50% von CHF 1 Mio.) zzgl. die hälftigen Baukosten von CHF 450‘000, also total CHF 950‘000. Damit unterliegt ein Betrag von CHF 1.3 Mio. (= Verkaufserlös von CHF 2.25 Mio. abzgl. Anlagekosten von CHF 950‘000) der Grundstückgewinnsteuer. Die Haltedauer bemisst sich an der letzten steuerpflichtigen Handänderung der Eltern. Ebenso muss sich Geschwister A bewusst sein, dass es beim Erwerb seines Anteils der Liegenschaft von seiner Mutter latente Grundstückgewinnsteuern zu übernommen hat.
Auch andere Vorgehen können zu einer vorzeitigen Erbteilung führen, bspw. die Kündigung bzw. die Neuverhandlung sämtlicher Mietverträge oder die Umnutzung einer Liegenschaft. Auch die Aufnahme einer Hypothek für Renovationsarbeiten kann die Auflösung der Erbengemeinschaft auslösen, sofern die Renovation über die blosse Beseitigung von bestehenden Schäden hinausgeht. All diese Fälle führen bei der späteren Auf- oder Zuteilung von Liegenschaften unter den Erben zu Grundstückgewinnsteuerbelastungen. In der Praxis besonders häufig und kritisch sind jene Fälle, bei denen Nachkommen Liegenschaften erben, später gemeinsam Bauprojekte realisieren und die erstellten Stockwerkeinheiten schliesslich unter sich aufteilen. Dann ist eine steuerprivilegierte Teilung in der Regel nur möglich, wenn die Teilung in der Anfangsphase der Planungsarbeiten erfolgt. Auch Tauschgeschäfte lösen die Grundstückgewinnsteuer aus.
Fazit
Um kostspielige Überraschungen zu vermeiden, sollten sich Erbengemeinschaften mit Liegenschaftsbesitz dringend frühzeitig und eingehend mit den steuerlichen Fragestellungen auseinandersetzen.