Mietzinsanpassung bei steigendem Referenzzinssatz
Anfang Juni 2023 ist der Referenzzinssatz erstmals seit seiner Einführung im Jahr 2008 gestiegen. Dieser Anstieg berechtigt grundsätzlich zu einer Erhöhung des Mietzinses, wofür aber das exakte Einhalten der gesetzlichen Vorgaben erforderlich ist. Der nachfolgende Artikel verschafft einen Überblick über diese Voraussetzungen und das Vorgehen bei der Erhöhung des Mietzinses aufgrund des gestiegenen Referenzzinssatzes.
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Frage
Wie muss ich vorgehen, damit die Mietzinserhöhung aufgrund des gestiegenen Referenzzinssatzes rechtmässig vollzogen werden kann?
Antwort
Grundlagen
Der Referenzzinssatz ist eine vom Bund vierteljährlich publizierte Grösse, welche den Durchschnittszinssatz der auf Schweizer Franken lautenden inländischen Hypothekarforderungen der Banken in der Schweiz abbildet. Der Referenzzinssatz wurde im Jahr 2008 eingeführt und soll die Fremdkapitalkosten bei Grundeigentum pauschalisieren.
Bei der erstmaligen Publikation im September 2008 lag der Referenzzinssatz bei 3.5 Prozent. Seither ist er aufgrund des Tief- und teilweise sogar Negativzinsumfeldes stetig gesunken, bis er schliesslich im März 2020 mit 1.25 Prozent bislang seinen Tiefststand erreicht hat. Am 1. Juni 2023 ist er nun erstmalig in seiner Geschichte gestiegen und steht aktuell bei 1.5 Prozent. Diesen Anstieg der pauschalisierten Fremdkapitalkosten darf der Vermieter dem Mieter grundsätzlich weitergeben und den Mietzins entsprechend erhöhen.
Grundvoraussetzung für die Mietzinserhöhung
Grundvoraussetzung für die Mietzinserhöhung ist, dass das Mietverhältnis auf einem Referenzzinssatz basiert, welcher tiefer ist, als der aktuell Geltende. Auf welchem Referenzzinssatz das Mietverhältnis beruht, ergibt sich aus dem Mietvertrag. Ist nichts Besonderes vereinbart, gilt der Referenzzinssatz, der bei Vertragsschluss gültig war. Zudem ist zu beachten, ob allfällige Veränderungen des Referenzzinssatzes seit Vertragsschluss bereits geltend gemacht worden sind. Galt beispielsweise bei Vertragsschluss ein Referenzzinssatz von 1.5 Prozent und wurde die Reduktion auf 1.25 Prozent im März 2020 dem Mieter weitergegeben, darf der Mietzins nun erhöht werden. Wurde die Reduktion nicht weitergegeben, darf die Miete erst erhöht werden, wenn der Referenzzinssatz auf über 1.5 Prozent steigt.
Betrag der Mietzinserhöhung
Der Bundesrat legt in der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen den Betrag, um den sich die Mieten bei verändertem Referenzzinssatz erhöhen, genau fest. Eine Erhöhung des Referenzzinssatzes um ein Viertel Prozent berechtigt in der Regel zu einer Mietzinserhöhung von höchstens:
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2 Prozent bei Hypothekarzinssätzen von mehr als 6 Prozent
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2.5 Prozent bei Hypothekarzinssätzen zwischen 5 und 6 Prozent
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3 Prozent bei Hypothekarzinssätzen von weniger als 5 Prozent
Die aktuelle Erhöhung des Referenzzinssatzes von 1.25 auf 1.5 Prozent berechtigt folglich zu einer Erhöhung der Mieten um 3 Prozent.
Geltendmachung der Mietzinserhöhung
Die Anpassung des Mietzinses stellt eine Änderung des Mietvertrages dar. Normalerweise ist dafür die Zustimmung beider Parteien erforderlich. Das Schweizerische Mietrecht sieht jedoch die Möglichkeit vor, derartige Vertragsänderungen einseitig durchsetzen zu können. Zum Schutz der Mieter ist die einseitige Mietzinserhöhung jedoch an die nachfolgend aufgeführten strengen Voraussetzungen geknüpft.
Amtlich genehmigtes Formular
Der Vermieter muss dem Mieter die Mietzinserhöhung mit einem amtlich genehmigten Formular eröffnen. Diese Formularpflicht soll die klare Mitteilung der Mietzinserhöhung und die ordentliche Rechtsbelehrung des Mieters sicherstellen. Zuständig für die Genehmigung des Formulars ist der Kanton, in dem das Mietobjekt liegt. Der Kanton Schwyz stellt auf seiner Webseite ein entsprechendes Formular zur Verfügung, welches direkt verwendet werden kann. Der Vermieter kann jedoch auch sein eigenes Formular vom jeweils zuständigen Kanton genehmigen lassen. Unterlässt es der Vermieter, für die Mietzinserhöhung ein amtlich genehmigtes Formular zu verwenden, ist die Mietzinserhöhung nichtig.
Begründung der Erhöhung
Der Vermieter hat die Mietzinserhöhung hinreichend zu begründen. Die Begründung muss klar und verständlich sein, sodass der Mieter (und im Streitfall das Gericht) die Berechtigung und den Betrag der Erhöhung überprüfen können. Die Begründung kann entweder direkt auf dem amtlichen Formular oder in einem separaten Begleitschreiben erfolgen. Bei der Mietzinserhöhung infolge steigendem Referenzzinssatz ist diese Steigung (vorliegend von 1.25 auf 1.5 Prozent) und der Betrag der Mietzinserhöhung konkret zu benennen.
Möchte der Vermieter auch noch weitere Erhöhungsgründe geltend machen, sind diese sowie deren Auswirkung auf den Mietzins einzeln aufzuführen.
Die Erhöhungsgründe müssen sich im Zeitpunkt der Ankündigung der Mietzinserhöhung bereits verwirklicht haben. Eine Begründung auf Vorrat, bspw. das Vorwegnehmen der erwarteten aber noch nicht erfolgten Erhöhung des Referenzzinssatzes, ist damit nicht möglich.
Unterlässt es der Vermieter die Mietzinserhöhung zu begründen, ist diese nichtig. Ist die Begründung mangelhaft, kann sie vom Mieter angefochten werden.
Einhalten der Kündigungs- und Bedenkfrist
Da der Mieter eine korrekt angekündigte Mietzinserhöhung akzeptieren muss, gibt ihm das Gesetz die Möglichkeit, der Mietzinserhöhung durch rechtzeitige Kündigung zu entgehen. Das hat zur Folge, dass der Vermieter die Mietzinserhöhung frühestens auf den nächsten Kündigungstermin durchsetzen kann und dem Mieter zudem eine angemessene Bedenkfrist einräumen muss.
Der nächstmögliche Kündigungstermin ergibt sich aus dem Mietvertrag oder mangels besonderer Abrede aus dem Gesetz. Dies führt dazu, dass der Mietzins bei befristeten Mietverträgen gar nicht und bei Mietverträgen mit einer Mindestlaufzeit erst nach Ablauf dieser Mindestlaufzeit erhöht werden kann.
Damit sich der Mieter eine allfällige Kündigung vorgängig überlegen kann, ist diesem zudem eine zehntägige Bedenkfrist einzuräumen, welche zwischen dem Empfang der Ankündigung und dem Beginn der Kündigungsfrist liegen muss. Insgesamt empfiehlt es sich daher bei Mietverhältnissen, die per Ende Monat zu kündigen sind, die Mietzinserhöhung in der ersten Monatshälfte anzuzeigen.
Geht die Anzeige der Mietzinserhöhung beim Mieter zu spät ein, wird sie auf den nächstmöglichen Termin gültig.
Keine Kündigung oder Kündigungsandrohung
Im Zeitpunkt der Ankündigung der Mietzinserhöhung darf weder eine Kündigung noch eine Kündigungsandrohung ausgesprochen worden sein. Damit soll verhindert werden, dass der Mieter zusätzlich unter Druck gesetzt wird.
Sollte der Vermieter beispielsweise unzulässigerweise zusammen mit der Ankündigung der Mietzinserhöhung das Mietverhältnis gekündigt oder die Kündigung zumindest angedroht haben, ist die Mietzinserhöhung nichtig und die Kündigung kann vom Mieter angefochten werden.
Weitere Erhöhungsgründe
Wie eingangs festgestellt, entspricht die Veränderung des Referenzzinssatzes der pauschalen Veränderung der Fremdkapitalkosten des Vermieters. Daneben können noch weitere Kostenveränderungen zu einer Anpassung des Mietzinses berechtigen. Dabei kommen insbesondere die Teuerung, der Anstieg der Unterhalts- und Betriebskosten sowie grössere Umbauten und Renovation in Betracht. Für die Geltendmachung dieser Erhöhungsgründe gelten dieselben soeben aufgezeigten Voraussetzungen, wie bei der Erhöhung des Mietzinses aufgrund des steigenden Referenzzinssatzes. Dabei gilt es insbesondere zu beachten, dass die verschiedenen Erhöhungsgründe und die darauf jeweils entfallenden Beträge im amtlichen Formular einzeln aufgeführt und begründet werden müssen.
Rechtsmittel & Kündigungsschutz
Will sich der betroffene Mieter gegen eine aus seiner Sicht ungerechtfertigte Erhöhung des Mietzinses wehren, muss er diese innert dreissig Tagen nach Zugang der Ankündigung bei der zuständigen Schlichtungsbehörde anfechten. Die Frist beginnt mit der tatsächlichen Entgegennahme der Ankündigung zu laufen. Eine eingeschrieben verschickte und nicht abgeholte Ankündigung gilt am siebten Abholtag als zugestellt. Während des Schlichtungs- und gegebenenfalls des Gerichtsverfahrens gilt der bisherige Mietzins. Sollte der Mieter mit seinem Anliegen unterliegen, ist der Erhöhungsbetrag jedoch nachzubezahlen.
Zudem kommt der Mieter während des Schlichtungs- und eines allfälligen Gerichtsverfahrens in den Genuss eines Kündigungsschutzes. Dieser Kündigungsschutz gilt auch noch für drei Jahre nach Beendigung des Verfahrens, es sei denn, der Mieter unterliegt mit sämtlichen seinen Forderungen auf gesamter Linie.
Fazit
Der neue Referenzzinssatz von 1.5 Prozent berechtigt zur Erhöhung des Mietzinses, sofern im Mietverhältnis bisher ein Referenzzinssatz von 1.25 Prozent galt. Damit die Erhöhung rechtmässig angekündigt und durchgeführt wird, sind die geltenden Voraussetzungen genau einzuhalten. Andernfalls droht ein Schlichtungs- und gegebenenfalls Gerichtsverfahren mit umfassendem Kündigungsschutz für den Mieter. Es empfiehlt sich der Beizug eines Fachexperten.