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Stefan Getzmann

Master of Law
Rechtsanwalt und Urkundsperson

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Stefan Getzmann

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Rechtsanwalt und Urkundsperson

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09.2020

 

Die Aktienrechtsreform im Überblick

 

Am 19. Juni 2020 hat das Parlament die Reform des Aktienrechts verabschiedet. Die Revision soll frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2021 oder Anfang 2022 in Kraft treten.

 

Frage

Welches sind die wichtigsten Neuerungen?

 

Antwort

Aktienkapital und Dividende

 

Nennwert von Aktien

Der Nennwert einer Aktie gibt deren Anteil am gesamten Aktienkapital wieder. Der Nennwert musste bisher mindestens 0.01 Franken (ein Rappen) betragen. Künftig muss er nur noch höher als null sein. Aktienneustückelungen werden damit vereinfacht. 

 

Aktienkapital neu auch in Fremdwährung

Das Aktienkapital einer Aktiengesellschaft beträgt weiterhin mindestens 100’000 Franken. Neben der Aktienkapital-Liberierung in Schweizer Franken ist neu auch ein Aktienkapital «in der für die Geschäftstätigkeit wesentlichen ausländischen Währung» zulässig. Lautet das Aktienkapital auf eine ausländische Währung, müssen auch die Buchführung und die Rechnungslegung der Aktiengesellschaft in derselben Währung erfolgen.

 

Abschaffung der (beabsichtigten) Sachübernahme

Bei der (beabsichtigten) Sachübernahme übernimmt die Gesellschaft (im Rahmen einer Gründung oder Aktienkapital-Erhöhung) von einem Aktionär oder einer ihr nahe stehenden Person Vermögenswerte oder beabsichtigt, solche zu übernehmen. Nach geltendem Recht stellt die (beabsichtigte) Sachübernahme einen qualifizierten Tatbestand dar, d.h. es werden ein Gründungsbericht und ein Prüfungsbericht eines zugelassenen Revisionsexperten verlangt. Zudem muss die Sachübernahme unter Angabe des Gegenstands und der Gegenleistung in den Statuten sowie im Handelsregister eingetragen werden. 

 

Die Revision sieht die ersatzlose Aufhebung der Bestimmungen der (beabsichtigten) Sachübernahme vor, womit auch die Statuten- und Registerpublizität entfällt.

 

Verrechnungsliberierung

Die Liberierung darf mit einer Forderung verrechnet werden. Die Forderung, die mit der Liberierungsforderung verrechnet werden soll, muss nicht zwingend durch die Aktiven des Unternehmens gedeckt sein. Entscheidend ist, dass durch die Verrechnung die Verbindlichkeiten der Gesellschaft – trotz der fehlenden Werthaltigkeit – vermindert werden (die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital verbessert die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft). Neu unterliegt die Verrechnung nicht nur der Register-, sondern auch der Statutenpublizität.

 

Kapitalband

Die Generalversammlung kann den Verwaltungsrat neu ermächtigen, während einer Dauer von längstens fünf Jahren das Aktienkapital innerhalb einer Bandbreite (Kapitalband) zu verändern. Die obere Grenze des Kapitalbands darf das im Handelsregister eingetragene Aktienkapital höchstens um 50% übersteigen. Die untere Grenze des Kapitalbands darf das im Handelsregister eingetragene Aktienkapital höchstens um 50% unterschreiten.

 

Zwischendividende / Interimsdividende

Die nach geltendem Recht umstrittene Zwischendividende ist neu ausdrücklich zulässig, sofern die Gesellschaftsstatuten dies vorsehen. Die Generalversammlung kann dann gestützt auf einen geprüften Zwischenabschluss die Ausrichtung einer Zwischendividende beschliessen. Auf die Prüfung kann verzichtet werden, wenn

  • die Gesellschaft entweder keiner Revision unterstellt ist oder

  • sämtliche Aktionäre der Ausrichtung der Zwischendividende zustimmen und die Forderungen der Gläubiger dadurch nicht gefährdet werden. 

 

Aktionärsrechte

Die Reform stärkt die Stellung von Aktionären durch die Senkung diverser Schwellenwerte, etwa für die Einberufung der Generalversammlung und die Traktandierung von Verhandlungsgegenständen. Zudem können Aktionäre, die 10% des Aktienkapitals oder der Stimmen vertreten, neu vom Verwaltungsrat schriftlich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen.

 

Generalversammlung

Die Reform macht die Durchführung der Generalversammlung flexibler und passt sie an neue Kommunikationsmittel an:

  • Universalversammlungen können neu ohne Einhaltung der für die Einberufung geltenden Vorschriften auf dem Zirkularweg in schriftlicher oder elektronischer Form abgehalten werden.  

  • Eine Generalversammlung kann ebenfalls ohne Einhaltung der für die Einberufung geltenden Vorschriften auf dem Zirkularweg in schriftlicher oder elektronischer Form abgehalten werden, sofern nicht ein Aktionär die mündliche Beratung verlangt.

  • Die Generalversammlung kann an verschiedenen Orten gleichzeitig durchgeführt werden, sofern die Voten der Teilnehmer unmittelbar in Bild und Ton an sämtliche Tagungsorte übertragen werden.

  • Wenn es die Statuten vorsehen, kann die Generalversammlung auch virtuell, d.h. ohne physischen Tagungsort, sondern ausschliesslich mit elektronischen Mitteln durchgeführt werden, solange die Aktionäre ihre Voten direkt vorbringen können («direct-voting»).

  • Die Voraussetzungen für die Verwendung elektronischer Hilfsmittel zu schaffen, liegt in der Verantwortung des Verwaltungsrats. 

 

 

© iStock.com/Valeriya

 

Verwaltungsrat

Der Verwaltungsrat kann seine Beschlüsse neu auch elektronisch auf dem Zirkularweg (via E-Mail) fassen. Auch virtuelle Verwaltungsratssitzungen sind neu zulässig. Über die Verhandlungen und Beschlüsse muss weiterhin ein Protokoll geführt werden, welches vom Vorsitzenden und vom Protokollführer unterzeichnet werden muss.

Die Verjährungsfrist für Verantwortlichkeitsklagen gegen Mitglieder des Verwaltungsrats (sowie Gründer und bei der Gründung mitwirkende Personen) wird von derzeit fünf Jahren auf neu drei Jahre herabgesetzt.

 

Sanierung

Der Verwaltungsrat hat neu die Pflicht, die Liquidität (Zahlungsfähigkeit) der Gesellschaft zu überwachen.

 

Bei einem hälftigen Kapitalverlust muss nun nicht mehr zwingend eine Sanierungs-Generalversammlung einberufen werden. Der Verwaltungsrat handelt mit der gebotenen Eile und ergreift Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit und zur Sanierung der Gesellschaft.

 

Im Falle der Überschuldung kann die Benachrichtigung des Richters während 90 Tagen nach Vorliegen eines durch die Revisionsstelle geprüften Zwischenabschlusses unterbleiben, solange begründete Aussicht besteht, dass

• die Überschuldung behoben werden kann und

• die Forderungen der Gläubiger nicht zusätzlich gefährdet werden.

 

Die Gesellschaft erhält dadurch einerseits in begründeten Fällen mehr Zeit für die Sanierung und kann anderseits diese Sanierungsbemühungen ohne die erschwerende Publizität, welche in aller Regel mit der Benachrichtigung des Richters einhergeht, vorantreiben.

 

Rangrücktritte von Gesellschaftsgläubigern, die bereits nach geltendem Recht den Verwaltungsrat ermächtigen, von einer Benachrichtigung des Richters abzusehen, müssen neu auch die Stundung von Zinsforderungen während der Dauer der Überschuldung umfassen. 

 

Revisionsstelle

Die Generalversammlung kann die Revisionsstelle neu nur noch aus wichtigen Gründen (Unzumutbarkeit der Mandatsfortführung) abberufen. Bisher bedarf die Abberufung der Revisionsstelle durch die Generalversammlung keiner Begründung. 

 

Weitere Änderungen

Für börsenkotierte Gesellschaften wird eine Geschlechterquote eingeführt. Jedes Geschlecht muss mit mindestens 30% im Verwaltungsrat und mit mindestens 20% in der Geschäftsleitung vertreten sein. Sofern diese Quoten nicht eingehalten werden, muss der Vergütungsbericht die Gründe dafür nennen und Massnahmen zur Förderung der Geschlechterdiversität aufzeigen («comply or explain»).

Die nach der angenommenen «Abzocker-Initiative» (Minder-Initiative) vom Bundesrat erlassene Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) wird im Wesentlichen mit den bisherigen Regelungen ins Gesetz übernommen. 

 

 

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Tags: Rechtsberatung, Aktien, Recht, Vermögen, Statuten, Verwaltungsrat, Sanierung, Revision, Geschlechterquote

09.2020

Die Aktienrechtsreform im Überblick

 

Am 19. Juni 2020 hat das Parlament die Reform des Aktienrechts verabschiedet. Die Revision soll frühestens in der zweiten Jahreshälfte 2021 oder Anfang 2022 in Kraft treten.

 

© iStock.com/Valeriya

 

Frage

Welches sind die wichtigsten Neuerungen?

 

Antwort

Aktienkapital und Dividende

 

Nennwert von Aktien

Der Nennwert einer Aktie gibt deren Anteil am gesamten Aktienkapital wieder. Der Nennwert musste bisher mindestens 0.01 Franken (ein Rappen) betragen. Künftig muss er nur noch höher als null sein. Aktienneustückelungen werden damit vereinfacht. 

 

Aktienkapital neu auch in Fremdwährung

Das Aktienkapital einer Aktiengesellschaft beträgt weiterhin mindestens 100’000 Franken. Neben der Aktienkapital-Liberierung in Schweizer Franken ist neu auch ein Aktienkapital «in der für die Geschäftstätigkeit wesentlichen ausländischen Währung» zulässig. Lautet das Aktienkapital auf eine ausländische Währung, müssen auch die Buchführung und die Rechnungslegung der Aktiengesellschaft in derselben Währung erfolgen.

 

Abschaffung der (beabsichtigten) Sachübernahme

Bei der (beabsichtigten) Sachübernahme übernimmt die Gesellschaft (im Rahmen einer Gründung oder Aktienkapital-Erhöhung) von einem Aktionär oder einer ihr nahe stehenden Person Vermögenswerte oder beabsichtigt, solche zu übernehmen. Nach geltendem Recht stellt die (beabsichtigte) Sachübernahme einen qualifizierten Tatbestand dar, d.h. es werden ein Gründungsbericht und ein Prüfungsbericht eines zugelassenen Revisionsexperten verlangt. Zudem muss die Sachübernahme unter Angabe des Gegenstands und der Gegenleistung in den Statuten sowie im Handelsregister eingetragen werden. 

 

Die Revision sieht die ersatzlose Aufhebung der Bestimmungen der (beabsichtigten) Sachübernahme vor, womit auch die Statuten- und Registerpublizität entfällt.

 

Verrechnungsliberierung

Die Liberierung darf mit einer Forderung verrechnet werden. Die Forderung, die mit der Liberierungsforderung verrechnet werden soll, muss nicht zwingend durch die Aktiven des Unternehmens gedeckt sein. Entscheidend ist, dass durch die Verrechnung die Verbindlichkeiten der Gesellschaft – trotz der fehlenden Werthaltigkeit – vermindert werden (die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital verbessert die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft). Neu unterliegt die Verrechnung nicht nur der Register-, sondern auch der Statutenpublizität.

 

Kapitalband

Die Generalversammlung kann den Verwaltungsrat neu ermächtigen, während einer Dauer von längstens fünf Jahren das Aktienkapital innerhalb einer Bandbreite (Kapitalband) zu verändern. Die obere Grenze des Kapitalbands darf das im Handelsregister eingetragene Aktienkapital höchstens um 50% übersteigen. Die untere Grenze des Kapitalbands darf das im Handelsregister eingetragene Aktienkapital höchstens um 50% unterschreiten.

 

Zwischendividende / Interimsdividende

Die nach geltendem Recht umstrittene Zwischendividende ist neu ausdrücklich zulässig, sofern die Gesellschaftsstatuten dies vorsehen. Die Generalversammlung kann dann gestützt auf einen geprüften Zwischenabschluss die Ausrichtung einer Zwischendividende beschliessen. Auf die Prüfung kann verzichtet werden, wenn

  • die Gesellschaft entweder keiner Revision unterstellt ist oder

  • sämtliche Aktionäre der Ausrichtung der Zwischendividende zustimmen und die Forderungen der Gläubiger dadurch nicht gefährdet werden. 

 

Aktionärsrechte

Die Reform stärkt die Stellung von Aktionären durch die Senkung diverser Schwellenwerte, etwa für die Einberufung der Generalversammlung und die Traktandierung von Verhandlungsgegenständen. Zudem können Aktionäre, die 10% des Aktienkapitals oder der Stimmen vertreten, neu vom Verwaltungsrat schriftlich Auskunft über die Angelegenheiten der Gesellschaft verlangen.

 

Generalversammlung

Die Reform macht die Durchführung der Generalversammlung flexibler und passt sie an neue Kommunikationsmittel an:

  • Universalversammlungen können neu ohne Einhaltung der für die Einberufung geltenden Vorschriften auf dem Zirkularweg in schriftlicher oder elektronischer Form abgehalten werden.  

  • Eine Generalversammlung kann ebenfalls ohne Einhaltung der für die Einberufung geltenden Vorschriften auf dem Zirkularweg in schriftlicher oder elektronischer Form abgehalten werden, sofern nicht ein Aktionär die mündliche Beratung verlangt.

  • Die Generalversammlung kann an verschiedenen Orten gleichzeitig durchgeführt werden, sofern die Voten der Teilnehmer unmittelbar in Bild und Ton an sämtliche Tagungsorte übertragen werden.

  • Wenn es die Statuten vorsehen, kann die Generalversammlung auch virtuell, d.h. ohne physischen Tagungsort, sondern ausschliesslich mit elektronischen Mitteln durchgeführt werden, solange die Aktionäre ihre Voten direkt vorbringen können («direct-voting»).

  • Die Voraussetzungen für die Verwendung elektronischer Hilfsmittel zu schaffen, liegt in der Verantwortung des Verwaltungsrats. 

 

Verwaltungsrat

Der Verwaltungsrat kann seine Beschlüsse neu auch elektronisch auf dem Zirkularweg (via E-Mail) fassen. Auch virtuelle Verwaltungsratssitzungen sind neu zulässig. Über die Verhandlungen und Beschlüsse muss weiterhin ein Protokoll geführt werden, welches vom Vorsitzenden und vom Protokollführer unterzeichnet werden muss.

Die Verjährungsfrist für Verantwortlichkeitsklagen gegen Mitglieder des Verwaltungsrats (sowie Gründer und bei der Gründung mitwirkende Personen) wird von derzeit fünf Jahren auf neu drei Jahre herabgesetzt.

 

Sanierung

Der Verwaltungsrat hat neu die Pflicht, die Liquidität (Zahlungsfähigkeit) der Gesellschaft zu überwachen.

 

Bei einem hälftigen Kapitalverlust muss nun nicht mehr zwingend eine Sanierungs-Generalversammlung einberufen werden. Der Verwaltungsrat handelt mit der gebotenen Eile und ergreift Massnahmen zur Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit und zur Sanierung der Gesellschaft.

 

Im Falle der Überschuldung kann die Benachrichtigung des Richters während 90 Tagen nach Vorliegen eines durch die Revisionsstelle geprüften Zwischenabschlusses unterbleiben, solange begründete Aussicht besteht, dass

• die Überschuldung behoben werden kann und

• die Forderungen der Gläubiger nicht zusätzlich gefährdet werden.

 

Die Gesellschaft erhält dadurch einerseits in begründeten Fällen mehr Zeit für die Sanierung und kann anderseits diese Sanierungsbemühungen ohne die erschwerende Publizität, welche in aller Regel mit der Benachrichtigung des Richters einhergeht, vorantreiben.

 

Rangrücktritte von Gesellschaftsgläubigern, die bereits nach geltendem Recht den Verwaltungsrat ermächtigen, von einer Benachrichtigung des Richters abzusehen, müssen neu auch die Stundung von Zinsforderungen während der Dauer der Überschuldung umfassen. 

 

Revisionsstelle

Die Generalversammlung kann die Revisionsstelle neu nur noch aus wichtigen Gründen (Unzumutbarkeit der Mandatsfortführung) abberufen. Bisher bedarf die Abberufung der Revisionsstelle durch die Generalversammlung keiner Begründung. 

 

Weitere Änderungen

Für börsenkotierte Gesellschaften wird eine Geschlechterquote eingeführt. Jedes Geschlecht muss mit mindestens 30% im Verwaltungsrat und mit mindestens 20% in der Geschäftsleitung vertreten sein. Sofern diese Quoten nicht eingehalten werden, muss der Vergütungsbericht die Gründe dafür nennen und Massnahmen zur Förderung der Geschlechterdiversität aufzeigen («comply or explain»).

Die nach der angenommenen «Abzocker-Initiative» (Minder-Initiative) vom Bundesrat erlassene Verordnung gegen übermässige Vergütungen bei börsenkotierten Aktiengesellschaften (VegüV) wird im Wesentlichen mit den bisherigen Regelungen ins Gesetz übernommen. 

 

Tags: Rechtsberatung, Aktien, Recht, Vermögen, Statuten, Verwaltungsrat, Sanierung, Revision, Geschlechterquote


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